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Statt der Fachhochschule sind zwei neue Wohn- und Geschäftskarrees geplant.

© A. Klaer

Potsdamer Mitte: „Wir bereiten den Start vor“

Nach einer heftigen Debatte segnen Potsdams Stadtverordnete die Ausschreibung für Mitte-Grundstücke ab. Das umstrittene Fachhochschulgebäude soll im Herbst abgerissen werden.

Potsdam - Auch nach dem Auseinanderbrechen der Rathauskooperation aus SPD, CDU/ANW und Grünen stehen im Stadtparlament die Mehrheiten für die Wiedergewinnung der historischen Mitte. Mit den Stimmen des einstigen Bündnisses plus den Abgeordneten von Bürgerbündnis/FDP und AfD beschlossen die Stadtverordneten das Konzept zur Vergabe jener Grundstücke am Alten Markt, auf denen derzeit noch das umstrittene wie marode Gebäude der Fachhochschule (FH) steht.

Dem vorausgegangen war eine noch einmal unerwartet heftig geführte Debatte über Grundsatzfragen zur Mitte, aber auch über Detailfragen des Konzepts. So verlangte die linksalternative Fraktion Die Andere zunächst, auf den Beschluss ganz zu verzichten – und bis auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam Anfang März zu warten. Das Gericht muss sich mit dem für unzulässig erklärten Bürgerbegehren gegen den Verkauf von städtischen Grundstücken in der Mitte befassen. Für das Bürgerbegehren hatte die Initiative „Potsdamer Mitte neu denken“ mit Hilfe der Linken und Die Andere im vergangenen Jahr innerhalb weniger Monate mehr als 14 000 Unterschriften gesammelt, ein Bürgerentscheid zur Potsdamer Mitte schien besiegelt – bis die Stadtverordneten das Begehren wegen juristischer Fehler für nicht zulässig erklärten. Auf Nachfrage von Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg sagte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) zu, bis zum Gerichtstermin werde die Ausschreibung für das FH-Areal nicht auf den Weg gebracht. „Aber wir bereiten den Start vor.“ Sollte die Stadt unterliegen, „dann müssten wir neu nachdenken“, so Jakobs weiter.

Das Fachhochschulgebäude soll im Herbst abgerissen werden

Die FH soll bereits im Herbst abgerissen werden. Die Pläne sehen vor, hier zwei kleinteilig parzellierte Wohn- und Geschäftskarrees zu schaffen, zunächst geht es um einen Block am Alten Markt. Eine deutliche Mehrheit lehnte dabei erneut eine Forderung der Linken ab, Investoren auf dem Areal zu größeren zusammenhängenden Bauflächen zu verhelfen. Dadurch könnten geringere Bau- und so auch Wohnkosten erreicht werden, sagte Ralf Jäkel (Linke). Dabei gehe es vor allem darum, günstige Bedingungen für Genossenschaften zu schaffen, ergänzte Scharfenberg – damit diese dort günstigen Wohnraum errichten könnten.

Das sorgte für Widerspruch. Kämmerer Burkhard Exner sagte, diese günstigeren Bedingungen würden dann eben nicht nur für Genossenschaften, sondern auch für Großinvestoren gelten. Lothar Wellmann (CDU/ANW) erinnerte, man wolle gerade auch Potsdamer Baugemeinschaften für Investitionen in der Mitte gewinnen – diese würden das Nachsehen haben, wenn man einseitig Genossenschaften unterstütze. Zudem solle mit dem Verfahren bauliche Vielfalt erzeugt werden, sagte die Grünen-Stadtverordnete Saskia Hüneke. Zudem verwies sie auf die nun vorgesehenen Zuschlagskriterien für die Ausschreibung der Grundstücke. So haben jene Investoren bessere Chancen, die möglichst viele öffentlich geförderte Sozialwohnungen bauen, allgemein niedrige Mieten anbieten oder auch öffentliche Angebote in ihre Gebäude integrieren. Dadurch wolle man soziale Vielfalt in der Mitte erreichen, so Hüneke. Das wichtigste Zuschlagskriterium bleibt aber laut Beschluss weiter die Gestaltung der künftigen Häuser, die sich am sogenannten Leitbautenkonzept orientiert. Damit sind für das auf dem historischen Stadtgrundriss geplante Karree am Alten Markt eine Leitfassade und zwei stadtbildprägende Gebäude vorgesehen, die architektonisch hervorstechen müssen – und die damit höhere Baukosten verursachen.

Auf mindestens einem Drittel sollen mietgebundene Wohnungen entstehen

Daher traut Die Andere der Ankündigung nicht, dass Sozialwohnungen entstehen. Als „Nagelprobe“ brachte ihr Stadtverordneter Eric Blume einen Antrag ein, wonach vor einem Verkauf der FH-Areale sichergestellt sein müsse, dass in den Blöcken auf mindestens einem Drittel der Wohnfläche mietpreis- und belegungsgebundene Wohnungen entstünden. Ähnlich hatten es die Stadtverordneten bei einem parteiübergreifenden Kompromiss im September 2016 festgelegt: „Auf mindestens einem Drittel der Wohnfläche sollen miet- und belegungsgebundene und Studentenwohnungen ermöglicht werden“, heißt es in den damals beschlossenen Zielen zur Mitte. Den neuen Antrag der Anderen – der auf die Formulierung zur den Studentenwohnungen aber verzichtete – lehnte eine Mehrheit nun ohne längere Debatte ab. SPD-Fraktionschef Pete Heuer kritisierte, die Andere wolle generell den Neubau von Wohnungen in der Innenstadt verhindern. Blume nannte das Nonsens und erinnerte etwa an den Widerstand seiner Fraktion gegen den Abriss des Haus des Reisens. Für den FH-Abriss würden öffentliche Gelder rausgeworfen, monierte er. Doch es nützte: nichts.

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