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Attikafiguren Landtag Potsdam (Klaer)

© Andreas Klaer

Potsdamer Mitte: Sieben neue Figuren für das Landtagsschloss

Zwei neue Figuren wurden in den letzten Tagen auf das Dach des Landtagsschlosses gestellt. Eine anonyme Großspende ermöglicht nun die Herstellung von sieben weiteren.

Von Peer Straube

Potsdam - Wer künftig die Breite Straße in Richtung Landtagsschloss entlang fährt, wird sie schon von Weitem sehen können: Urania, die Muse der Sternkunde, flankiert von Terpsichore, der Muse des Tanzes. Auf der anderen Seite Erato, die Muse der Liebeslyrik, daneben Polyhymnia, die Muse der Hymnendichtung. Vier Figuren aus der griechischen Mythologie, die, überlebensgroß aus Sandstein geformt, einst die Attika des westlichen Eckbaus des Stadtschlosses zierten. 

Diesmal restauriert die Schlösserstiftung

In zwei Jahren spätestens sollen sie dort auch wieder thronen. Im Gegensatz zu den bereits restaurierten Skulpturen, die wieder auf dem Dach des Landtags stehen, ist diesmal jedoch nicht der Stadtschloss-Förderverein federführend, sondern die Schlösserstiftung. Die Stiftung, der ohnehin alle original erhaltenen Teile des einstigen Skulpturenschmucks gehören, hat vor rund einem Jahr eine beträchtliche anonyme Geldspende erhalten und will damit insgesamt sieben Schlossfiguren wiederherstellen. Für den westlichen Eckbau habe man sich entschieden, weil die Skulpturen dort bereits aus der Ferne Wirkung entfalten, sagte Saskia Hüneke, die Kustodin der Skulpturensammlung der Stiftung, den PNN. Besonders freut es Hüneke, die seit vielen Jahren auch für die Grünen in der Stadtverordnetenversammlung sitzt, dass das Geld auch für eine fundierte wissenschaftliche Recherche reicht.  Die ist nicht nur wichtig für die Bestimmung der Figuren, sondern auch für die Restaurierung. Denn von allen vier Musen sind zwar viele Originalteile erhalten – die Urania ist sogar fast vollständig – allerdings müssen fehlende Komponenten oft nach historischen Fotos rekonstruiert werden, nicht selten so wichtige wie der Kopf oder die Haare. Mehrere historische Fotoarchive hat Silke Kiesant von der Abteilung Schlösser und Sammlungen der Stiftung durchforstet, die gemeinsam mit Hüneke an dem Projekt arbeitet. Gesucht wurde vor allem nach Bildern, die die Figuren aus unterschiedlichen Perspektiven zeigen, um ein möglichst vollständiges Bild zu bekommen. 

Extrem aufwendiges Verfahren

Das Verfahren bis zur fertigen Figur ist extrem aufwendig. Zunächst wird ein kleines Modell der jeweiligen Figur erstellt, ein sogenannter Bozzetto. Anschließend wird ein Tonmodell in Originalgröße geschaffen und danach schließlich ein Gipsmodell, ebenfalls in Originalgröße, bei dem die historischen Fragmente um die fehlenden Teile ergänzt werden. Dieser Prozess ist bei den vier Musen inzwischen fast abgeschlossen, lediglich kleinere Korrekturen müssen noch vorgenommen werden. Die von den Denkmalpflegern abgenommenen Modelle dienen den Bildhauern dann als Vorbild für eine exakte Kopie in sächsischem Sandstein – jenem Material, das auch der Bildhauer Leonhard Storch 1748 für die historischen Figuren verwendet hat. 2020 sollen die Skulpturen fertig sein und auf der Attika des Landtagsschlosses aufgestellt werden – als reine Kopien. Die Modelle mit den Originalteilen werden im Depot der Stiftung eingelagert, weil aus den historischen Spolien keine Figur geschaffen werden könne, die auch standsicher genug wäre, erklärte Hüneke.

Das Geld reicht noch für drei weitere Figuren

Parallel arbeitet die Schlösserstiftung bereits an drei weiteren Figuren, die einst den östlichen Kopfbau des Schlosses krönten und die ebenfalls spätestens in fünf Jahren auf der Schlossattika aufgestellt werden sollen. Auch für diese Skulpturen reicht das Geld der anonymen Spende noch, allerdings ist die Stiftung hier noch nicht ganz so weit wie bei den Musen. Die Recherche, die Bestimmung von zwei der Figuren sei noch nicht abgeschlossen, sagte Hüneke. Allerdings seien auch sie der griechischen Mythologie zuzuordnen. Die Identität der dritten freilich ist bereits seit Jahren geklärt: Als Hauptfigur thront in der Mitte des Ensembles die Göttin Minerva. Die 1750 von Johann Gottlieb Heymüller geschaffene Skulptur konnte dank einer Spende vom Stadtschloss-Förderverein bereits vor Jahren restauriert werden. Diese Vorlage will die Stiftung nun nutzen, um eine Kopie zu erstellen. Das Original war lange Zeit im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte ausgestellt worden. 
Von den beiden anderen Skulpturen gibt es keine Originalteile mehr – sie müssen anhand von historischen Fotos rekonstruiert werden. Dieses Verfahren hatte auch der Stadtschloss-Förderverein wie berichtet angewandt, um eine Nachbildung der Figur eines römischen Patriziers für den westlichen Kopfbau anzufertigen, die in der vergangenen Woche aufgestellt worden war. Am Dienstag kehrte zudem die erste von einst vier Adlertrophäen aus Sandstein auf das Fortunaportal zurück. 

Förderverein will 2019 zwei Figuren aufstellen

Sieben Figuren zieren aktuell die Attika des Landtagsschlosses, mit den Skulpturen, an denen die Stiftung arbeitet, werden es 14 sein. Bereits im kommenden Frühjahr will der Stadtschloss-Förderverein zwei weitere Skulpturen aufstellen lassen – Ariadne und Theseus. Beide Figuren sind bereits seit Jahren fertig restauriert, allein für die Aufstellung fehlt bislang das Geld.
Insgesamt zierten einst 76 Figuren die äußere Attika des Stadtschlosses – im Innenhof dürfen nach dem Willen von Landtagsarchitekt Peter Kulka bekanntlich keine Skulpturen aufgestellt werden. 17 davon sind noch original erhalten, müssen aber restauriert werden. Nach wie vor ungeklärt ist das Schicksal der acht Attikafiguren auf dem Dach der Berliner Humboldt-Universität, die in den 60er-Jahren, nach der Sprengung der Schlossruine, dort aufgestellt wurden. Um ihre Zukunft tobt seit Jahren ein Streit. Fünf dieser Figuren standen auf der äußeren Schlossattika, eine davon auf dem östlichen Kopfbau – neben Minerva. 

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