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Den neuen Straßenzug an der Anna-Zielenziger-Straße baut die PWG 1956 fast allein. Rechts das Knobelsdorff-Haus Alter Markt 3.

© Visualisierung: PWG 1956

Potsdamer Mitte: Baustart für neues Karree am Alten Markt

Die Sandwüste in der Innenstadt verschwindet. Unter Federführung zweier Genossenschaften hat die Entwicklung der Brache am Alten Markt begonnen. Am zweiten Karree hat eine andere Genossenschaft Interesse.

Von Peer Straube

Potsdam - Zwei Jahre nach dem Abriss der Fachhochschule hat auf der Brache die Wiederherstellung der Potsdamer Mitte begonnen. Derzeit wird mit schwerem Gerät die Baugrube ausgehoben. Bis zum Jahresende wolle man damit fertig sein, damit im Januar der Hochbau beginnen könne, sagte Matthias Pludra, Vorstand der Genossenschaft PWG 1956, den PNN. Die PWG ist neben der Genossenschaft „Karl Marx“ größter Bauherr des sogenannten Blocks III, der das Karree zwischen Altem Markt, Friedrich-Ebert- Straße, Nikolaikirche und der neuen Erika-Wolf-Straße umfasst. 

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Geplant ist bekanntlich ein Wohn- und Geschäftsquartier auf dem Grundriss der Vorkriegszeit, wobei die vier Eckhäuser weitgehend ihre historischen Fassaden bekommen sollen. Da die Stadtverordneten Ende 2019 beschlossen hatten, die historischen Straßen nach Frauen zu benennen, haben sich inzwischen die Grundstücksadressen geändert (siehe Grafik). 

Der Block III in der Potsdamer Mitte.
Der Block III in der Potsdamer Mitte.

© TSP

Der Rohbau wird gemeinsam gestemmt

Den Aushub der Baugrube hätten alle sechs Bauherren – neben den Genossenschaften sind noch vier private Investoren dabei – gemeinschaftlich beauftragt, sagte Pludra. Auch beim Rohbau wollen vier der sechs zusammenarbeiten. Die Ausschreibung sei beendet, noch im Oktober soll der rund 17 Millionen Euro schwere Auftrag vergeben werden, sagte PWG-Projektleiter Roman Poosch. Dass ein Projekt dieser Größenordnung von mehreren Investoren koordiniert und gemeinschaftlich angegangen wird, komme nicht sehr häufig vor, sagte PWG-Vorstand Pludra.
Allerdings zwingen die räumlichen Gegebenheiten und die Vorgaben des Sanierungsträgers, der die Entwicklung des Areals im Auftrag der Stadt koordiniert, die Bauherren auch zur Kooperation. Um den benachbarten Block IV, dessen Bestandteil das Bildungsforum sein wird, möglichst nahtlos im Anschluss errichten zu können, ist eine exakt abgestimmte Baulogistik beim Block III nötig. Die langen Abstimmungen hatten bei dem Projekt bereits für Verzögerungen gesorgt, die Coronakrise wirft es zeitlich nun um ein weiteres Vierteljahr zurück. Wenn der Rohbau wie geplant bis Mitte 2022 steht, könne das Karree insgesamt wie geplant bis Mitte 2023 fertig wird. 

Die PWG liegt im Plan

Bislang liege man auch im Kostenrahmen, sagte der PWG-Vorstand. Stolze 37,5 Millionen Euro investiert die Genossenschaft am Standort. Freilich muss sie am Eckgebäude Anna-Zielenziger-Straße 7, dem Plögerschen Gasthof, auch die aufwendigste Fassade im Karree bezahlen. Obwohl noch nicht einmal mit dem Rohbau begonnen wurde, laufen die Vorbereitungen zur Wiederherstellung der prächtigen Hülle des Gebäudes am Steubenplatz längst. Gekrönt wurde es einst von acht überlebensgroßen, von Johann Peter Benkert im 18. Jahrhundert geschaffenen Sandsteinfiguren, die Figuren der griechischen und römischen Mythologie darstellen. Sie haben die Zerstörung des Bauwerks im Zweiten Weltkrieg und den Abriss der Ruine im Jahr 1958 überstanden und zieren seit den 1960er-Jahren ein Rondell am Hauptweg im Park Sanssouci in Höhe des Orangerieschlosses.

Die PWG baut auch den Plögerschen Gasthof wieder auf.
Die PWG baut auch den Plögerschen Gasthof wieder auf.

© Visualisierung: PWG 1956

Gipsmodelle fürs Knobelsdorff-Haus

Die PWG bezahle die Restaurierung der Figuren und werde sie auf dem Dach des Neubaus aufstellen, sagte PWG-Projektleiter Poosch. Für die Sandsteinfassaden des Plögerschen Gasthofs und des Eckhauses Alter Markt 3, dessen Original von Knobelsdorff entworfen worden war, soll im November die Ausschreibung beginnen. Vom Knobelsdorff-Bau existieren zwar keine Originalskulpturen mehr. Anhand von Messbildaufnahmen konnten aber bereits verkleinerte Gipsmodelle von drei Frauenskulpturen angefertigt werden, die anschließend von Bildhauern in Originalgröße aus Sandstein geschaffen werden. Wen die Figuren darstellen sollen, ist unklar. „Wir nennen sie ,die drei Grazien’“, sagte Poosch. 

PWG baut Zwei- bis Fünf-Raum-Wohnungen

Insgesamt 28 Wohnungen will die PWG in den Gebäuden auf ihren insgesamt vier Grundstücken – zu denen noch die Anna-Zielenziger-Straße 1-3 und 6 gehören – schaffen, die alle zehn Prozent unterhalb des Mietspiegels vermietet werden. Von Zwei- bis Fünf-Raum-Wohnungen sei alles dabei, sagte PWG-Vorstand Pludra. Die kleinste Wohnung sei 45, die größte 172 Quadratmeter groß. In die Erdgeschosse des Eckhauses Alter Markt 3 und der benachbarten Anna-Zielenziger-Straße 1-3 soll Gastronomie oder Einzelhandel einziehen. Für den Plögerschen Gasthof sind eine kulturelle Nutzung oder Bildungsangebote geplant.

Auch die "Karl Marx" baut zwei Eckhäuser

Auch bei der „Karl Marx“ liegen die Arbeiten im Plan. Potsdams größte Genossenschaft entwickelt die beiden anderen Eckgrundstücke des Karrees, das sogenannte Acht-Ecken-Haus in der Erika-Wolf-Straße 6/Friedrich-Ebert-Straße 1 nebst benachbarter Friedrich-Ebert-Straße 2, sowie das Gebäude Erika-Wolf-Straße 1/Alter Markt 6 inklusive der Nachbargrundstücke Alter Markt 5 und Erika-Wolf-Straße 6. Die Eckhäuser werden ebenfalls nach historischem Vorbild gestaltet, die anderen Gebäude bekommen eine modernere Fassade. Ein gutes Drittel der insgesamt 46 geplanten Wohnungen seien Zwei-Zimmer-Wohnungen, sagte „Karl Marx“-Vorstand Sebastian Krause den PNN. 45 Prozent haben drei, die restlichen 20 Prozent vier oder fünf Zimmer. Weil das Projekt gefördert wird, werden zwölf Wohnungen wie berichtet für 5,50 Euro oder sieben Euro pro Quadratmeter vermietet, der – frei finanzierte – Rest soll zehn Prozent unterhalb des Mietspiegels liegen, wohl um die 9,50 Euro.

Eine Arztpraxis ist geplant

Für die Erdgeschosse der Eckhäuser interessiere sich ein Potsdamer Gastronom, der ein Café und ein Bistro mit leichter Küche darin etablieren wolle, sagte Krause. Zudem werde eine Potsdamer Allgemeinmedizinerin eine Praxis eröffnen. Für die geplante Kulturnutzung suche man noch Mieter. Rund 17 Millionen Euro gibt die „Karl Marx“ in der Potsdamer Mitte aus. Krause hofft ebenfalls auf eine Fertigstellung des Quartiers bis spätestens Mitte 2023, vielleicht könnten die ersten Häuser aber auch schon 2022 fertig werden. 

Es ist womöglich nicht das letzte Engagement einer Genossenschaft in der Potsdamer Mitte. Die Potsdamer Wohnungsbaugenossenschaft pbg hat Interesse an einem der beiden Grundstückslose in der Erika-Wolf-Straße (früher Schwertfegerstraße), wie Vorstand Marcus Korschow den PNN bestätigte. Man hätte sehr gern den gesamten Straßenzug, also beide Lose, entwickelt, aber das lasse das Verfahren leider nicht zu. Rund 25 Wohnungen könne man mit einem Los dennoch realisieren, so Korschow. 

Vergabe noch in diesem Jahr

Die beiden anderen Lose – die Straßenzüge entlang der Friedrich-Ebert-Straße und der Anna-Flügge-Straße – sollen laut Stadtverordnetenbeschluss direkt an die Pro Potsdam beziehungsweise das Studentenwerk vergeben werden. Diese wollen dort Sozial- und Studentenwohnungen schaffen. Die Vergabe der zwei anderen Lose solle noch in diesem Jahr erfolgen, teilte der Sanierungsträger auf Anfrage mit. Der Baustart für den Block IV soll dann nahtlos nach Fertigstellung des Blocks III im dritten Quartal 2023 erfolgen, Mitte 2026 soll alles fertig sein. 

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