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Potsdams Ausländerbeauftragte Magdolna Grasnick.

© Landeshauptstadt Potsdam/Robert Schnabel

Potsdamer Mängel bei der Integration: Auf dem Weg zur Willkommensbehörde

Potsdam hat in Sachen Integration trotz vieler guter Ansätze noch einigen Nachholbedarf. Das zeigt ein Bericht der Ausländerbeauftragten Magdolna Grasnick.

Potsdam - Dauerkritik an der Ausländerbehörde im Rathaus, Schwierigkeiten bei der Sprachförderung, zu wenig bekannte Beratungsangebote: Potsdam hat in Sachen Integration trotz vieler guter Ansätze noch einigen Nachholbedarf. So lässt sich eine aktuelle Bestandsaufnahme zur Umsetzung des vor vier Jahren von der Stadtpolitik beschlossenen Integrationskonzeptes zusammenfassen, die Potsdams Ausländerbeauftragte Magdolna Grasnick jetzt für die Stadtverordneten erarbeitet hat.  

Demnach sind von genau 137 im Jahr 2017 geplanten Maßnahmen nur 35 auch erfolgreich umgesetzt worden – also 25 Prozent. 55 Ideen habe man teils verwirklichen können, heißt es in dem Report. Demnach ist bei 47 weiteren Ideen die Umsetzung laut Bericht unklar oder nicht zustande gekommen. Das entspricht 35 Prozent. 

Plan zur Gründung einer Bürgerstiftung für Migranten nicht umgesetzt

Die gelungenen Ideen und die Negativbeispiele führt Grasnick, die nach vielen Jahren im Amt in den nächsten Wochen in den Ruhestand geht, auf knapp 70 Seiten aus. Einer ihrer Hauptkritikpunkte: Generell habe es, unter anderem wegen Personalmangels, keine Gesamtsteuerung für die Umsetzung des Integrationskonzeptes gegeben. So seien einige unspezifisch formulierten Maßnahmen eben auch „nicht weiter konkretisiert worden“.  

Zum Beispiel hatte man sich eine zentrale Informationsplattform für Beratungsangebote im Bereich Migration vorgenommen. Doch ein Angebot für eine derartige Begrüßungsapp sei vom Rathaus nicht angenommen worden, heißt es in der Analyse. Die Folge ist, dass für Neu-Potsdamer solche Angebote immer noch „nicht gut zu finden“ sind. Ebenso schwer aufzufinden seien Unterstützungsangebote für Gründer mit Migrationshintergrund. 

Auch der Plan, eine Bürgerstiftung für Migranten zu gründen, wurde laut dem Grasnick-Bericht nicht umgesetzt. Sie würde ähnlich wie die bereits bekannte Stiftung Altenhilfe funktionieren und konkrete Hilfsangebote in begrenztem Rahmen finanzieren.

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Für die Analyse wurden dieses Jahr verschiedene Vereine, Sozialträger, der Migrantenbeirat und die Vertreter der Stadtverwaltung befragt, aber auch Potsdamer mit ausländischen Wurzeln. Ein weiterer Befund: Das in den vergangenen Jahren mehrfach in der Kritik stehende Ausländeramt des Rathauses sei noch keine Willkommensbehörde – Vorhaltungen gebe es nicht nur von Migranten, sondern auch von den für ausländische Studenten und Forschern zuständigen International Offices der Potsdamer Wissenschaftseinrichtungen. 

So fehle es an Transparenz bei den Prozessen, aber auch an zeitnahen Terminen sowie an Möglichkeiten der Rücksprache online oder telefonisch, wird in dem Report die Nutzerkritik an der Behörde präzisiert. Hier sei allerdings zeitnah wieder ein Austausch über Verbesserungen geplant, heißt es weiter.  

Knapp zehn Prozent der Potsdamer stammen aus dem Ausland

Gelingende Integration ist in Potsdam ein politisch über Parteigrenzen hinweg artikuliertes Anliegen. Statistisch gesehen stammten laut Angaben der Stadt vom Herbst genau 9,9 Prozent der Potsdamer aus dem Ausland: 18.095 Personen. Zum Vergleich: Vor fünf Jahren lag diese Zahl noch bei 12.000, der Anteil somit bei 7,1 Prozent. Aktuell sind unter dem Begriff „Ausländer“ auch 4926 Bürger aus der EU aufgeführt – also 27 Prozent. Jeder Vierte. Dazu verzeichnet die Verwaltung aktuell mehr als 4000 Flüchtlinge. Zu knapp 50 Prozent stammen diese aus Syrien und zu 13 Prozent aus Afghanistan.  

Gerade die Kinder von Flüchtlingen stehen in dem Grasnick-Report im Fokus. Schon eine Untersuchung aus dem vergangenen Jahr hatte gezeigt, dass bei den damals knapp 2000 nichtdeutschen Schülern in Potsdam der Anteil jener, die ohne Abschluss nach der Schule blieben, in den Jahren zuvor deutlich gestiegen war – auf mehr als 17 Prozent. Diese Zahlen werden in der Analyse nicht noch einmal referiert.  

Mehr Hilfsangebote in Familienzentren gefordert

Allerdings wird für Kitakinder mit Migrationshintergrund unter anderem gefordert, hier müsse es zusätzliche finanzielle Mittel geben, um die Erzieher zu qualifizieren – und es müsse generell mehr Hilfsangebote in Familienzentren geben. Für Schüler etwa aus Flüchtlingsfamilien wird mehr Sprachförderung angemahnt. Handlungsbedarf gebe es ferner für mehrsprachige, psychosoziale Angebote zur Aufarbeitung von Traumata. Positiv herausgehoben wird in dem Bericht allerdings, dass an vielen Bildungseinrichtungen Schulsozialarbeiter vorhanden seien – oder geförderte Integrations- und Berufssprachkurse einem größeren Personenkreis zur Verfügung stünden. Auch seien Nachbarschaftshäuser als Orte der Begegnung gesichert worden, heißt es. Und: In Potsdam sei eine „aktive Stadtgesellschaft vielfältig um eine Willkommenskultur“ bemüht.  

Für die anstehende Überarbeitung des Integrationskonzepts hat Grasnick – neben der Bearbeitung der offenen Punkte – einen weiteren Wunsch: Das schwierige Thema Rassismus müsse endlich auch in diesem Konzept behandelt werden. (dpa)

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