zum Hauptinhalt
Inzwischen ist in der Brandenburger Straße wieder mehr los.

© Andreas Klaer

Potsdamer Innenstadt und die Krise des Einzelhandels: Leitbild soll Ende August fertig sein

Im Schatten der Coronakrise wird am Leitbild für die Innenstadt gearbeitet. Viele Probleme gab es schon vor der Pandemie - und sie werden auch nachher bleiben. Auch das Stadtforum diskutierte darüber.

Potsdam - Bis Ende August soll das neue Leitbild für die Potsdamer Innenstadt fertig sein. In den nächsten Wochen wird sich die vom Rathaus beauftragte Berliner Agentur Urbanizers unter anderem mit wichtigen Akteuren zu Mini-Workshops treffen. Das Konzept soll zeigen, wie die Innenstadt neben ihrer Funktion als Einkaufsmeile die Ansprüche von Bewohnern, Besuchern und Touristen erfüllen kann. Ursprünglicher Anlass dafür war die teilweise Aufhebung der Sanierungssatzung für den Bereich zwischen Hegelallee und Charlottenstraße. Allerdings hat das Thema durch die drohende Schließung des Karstadt-Warenhauses im vergangenen Jahr an Dringlichkeit gewonnen.

Welche Perspektiven es für die Entwicklung der Potsdamer Innenstadt gibt, war am Donnerstagabend auch Thema im 69. Stadtforum. Auf dem Podium im großen Saal des Potsdam Museums diskutieren Potsdams Baubeigeordneter Bernd Rubelt (parteilos), Daniel Hönow von der Industrie- und Handelskammer Potsdam (IHK) und Dirk von Schneidemesser vom Potsdamer Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS).

Deutlich wurde schon zu Beginn, dass die Auswirkungen der Coronakrise mit Schließungen von Einzelhandel, Gastronomie und Kultur in den vergangenen Monaten den Eindruck von der Innenstadt dominiert haben. Allerdings sei man sich einig, dass es sich dabei um einen Verstärker von Veränderungen handelt, die bereits länger im Gange seien, so Moderator Hermann Voesgen. Die Zunahme des Onlinehandels sei ein Faktor dabei, dazu kommen die Internationalisierung des Immobilienmarktes, die Verkehrswende und der Klimawandel.

[Was ist los in Potsdam und Brandenburg? Die Potsdamer Neuesten Nachrichten informieren Sie direkt aus der Landeshauptstadt. Mit dem neuen Newsletter Potsdam HEUTE sind Sie besonders nah dran. Hier geht's zur kostenlosen Bestellung.]

Potsdams Baubeigeordneter Bernd Rubelt sagte, dass auch nach Fertigstellung der Potsdamer Mitte um den Alten Markt nicht überall die gleiche Kundenfrequenz für den Einzelhandel vorhanden sein werde. Er verteidigte Pläne für eine weitgehend autofreie Innenstadt: „Mit einem Stellplatz für ein Auto hat der Einzelhandel im Schnitt 1,2 Kunden. Mit sechs Fahrradständern auf der gleichen Fläche bis zu sechs Kunden.“

Besonderheiten gegenüber anderen Städten

Gregor Langenbrinck vom Büro Urbanizers gab einen Zwischenstand zur Arbeit am Leitbild für die Innenstadt. Hauptaufgabe sei es, mit den Akteuren zu sprechen. Das habe man auch gemacht. Von der Industrie- und Handelskammer über den Online-Händler Ebay und die Universität Potsdam bis zur Entwicklungsgesellschaft des künftigen Kreativquartiers an der Plantage seien rund zehn Akteure dabei gewesen. Außerdem habe man sich vor Ort ein Bild gemacht. Nun sollen noch Studenten in die Konzeption eingebunden werden.

In der Analyse habe sich bisher gezeigt, dass Potsdam gegenüber anderen Städte Besonderheiten aufweise: So sei die Innenstadtfunktion historisch vom Havelufer in die zweite Barocke Stadterweiterung gewandert. Eine weitere Ausbreitung der Innenstadt sei durch die Havel und die Schlösserparks nicht möglich. Daraus folgen laut Langenbrinck auch Probleme für die Mobilität in der Stadt, besonders durch den Autoverkehr. „Die Stadt hat in den vergangenen 20 Jahren alles ausprobiert, was man machen kann.“ Schwierig sei vor allem die Breite Straße. „Man fühlt sich da verloren.“ 

Um eine Strategie zu entwickeln, müsse man die eigenen Stärken erkennen und auch bereit sein, zu experimentieren. Die Substanz der Innenstadt sei gut. Es gebe ein gutes Zusammenspiel von Wohnen, Dienstleistungen und einer kleinteiligen Struktur. Man müsse sich nun mit der Frage beschäftigen, für wen die Innenstadt eigentlich attraktiv sein soll.

Pandemie macht Probleme stärker sichtbar

Ricarda Pätzold vom Deutschen Institut für Urbanistik aus Berlin ging in ihrem Beitrag auf die Perspektiven nach der Pandemie in anderen Städten ein. Potsdam habe viele Probleme nicht, mit denen andere Städte zu kämpfen haben. Befürchtungen vor einem Niedergang der Innenstädte seien weit verbreitet. Die Pandemie mache die Probleme nun stärker sichtbar. 

Handel sei ein wesentlicher Bestandteil von Innenstädten, aber deren Funktion für die Gesamtstadt gehe weit über den Handel hinaus und verändere sich ohnehin ständig. Derzeit gebe es ein Zeitfenster, über eine andere Innenstadt nachzudenken. Allerdings seien die Einflussmöglichkeiten der Kommunen begrenzt. Letztlich seien sie immer auf die Zusammenarbeit der Immobilieneigentümer angewiesen.

Zur Startseite