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Stillleben mit Baumaschinen. Auf der Baustelle der Garnisonkirche in der Breiten Straße ist schon seit Jahresbeginn kein Baulärm mehr zu hören. Nur zwei von 38 Bohrlöchern fürs Fundament wurden gebohrt – schon bei der zweiten brach der Bohrer ab. Wann es weitergeht, ist unklar.

©  r.b.

Potsdamer Garnisonkirche: Bohrende Fragen

Auf der Garnisonkirchen-Baustelle gibt es Probleme mit dem Baugrund. Was das für Folgen haben kann.

Von Peer Straube

Potsdam - 38 Bohrungen sollten es sein, jedes Loch 38 Meter tief. Bis Mitte Januar wollte die Garnisonkirchen-Stiftung mit der Gründung fertig sein. Stattdessen hat der Spezialbohrer lediglich zwei Löcher geschafft. Beim ersten blieb er fast stecken, beim zweiten riss das Bohrrohr ab. Das war noch im alten Jahr. Seit Anfang Januar herrscht Ruhe auf Potsdams derzeit prominentester Baustelle.

Technische Hürden sind zu bewältigen

Mit einer Antwort auf die Frage nach den Gründen tut sich die Stiftung schwer. In einer „Herausfordernde Gründungsarbeiten“ betitelten Pressemitteilung werden zunächst ausgiebig die technischen Hürden beschrieben, die zu bewältigen sind: Die Bohrer müssen erst das 3,50 Meter dicke, aus Ziegeln bestehende Originalfundament der Kirche durchdringen, darunter folgt eine „einen Meter starke Packlage“. Diese Schichten müssen durchbohrt werden, um die 38 Pfeiler mit einem Durchmesser von je 1,20 Metern und einem Gesamtgewicht von mehr als 100 Tonnen 38 Meter tief in die Erde zu bekommen. Nach jeder Bohrung bleibt ein Rohr in der Erde, in das eine geflochtene Stahlbewehrung eingelassen wird, die dann mit Beton ausgegossen wird, während parallel das Rohr wieder aus der Erde gezogen wird.

Soweit zumindest die Theorie. Denn nur zwei Bohrungen seien schließlich erfolgt. Bei der ersten habe sich das Bohrrohr „nur mit Schwierigkeiten aus dem Erdreich ziehen lassen“, das Loch konnte daher nicht mit Beton gefüllt werden. Bei der zweiten Bohrung riss ein Teil des Rohrs ab und blieb in der Erde, das Loch konnte aber noch als Gründungspfahl genutzt werden.

Wer trägt die Verantwortung?

Warum das geschah, ist unklar – und hinter den Kulissen geht es derzeit wohl vorrangig um die Frage, wer dafür die Verantwortung trägt. Vor der Beauftragung, schreibt die Stiftung nämlich, habe der Firma „ein umfängliches Baugrundgutachten“ vorgelegen. Soll heißen: Zu klären ist auch, wer für die entstehenden Mehrkosten aufkommt, wenn nun wie geplant ein neues Bohrverfahren angewendet werden muss.

Viel mehr wollte Stiftungs-Vorstand Wieland Eschenburg am Dienstag auch auf Nachfrage nicht preisgeben. Wann es auf der Baustelle weitergehe, sei offen. Er hoffe auf eine zeitnahe Klärung der Schwierigkeiten, so Eschenburg. Ob der ohnehin straff kalkulierte Zeitplan für den Wiederaufbau nun ins Wanken kommt, sei ebenfalls unklar. Gleiches gelte für die Frage, ob die Gründungsarbeiten möglicherweise neu ausgeschrieben werden müssen.

Gegner spötteln

Die Gegner des umstrittenen Projekts quittierten den Stillstand auf der Baustelle mit beißendem Spott. „Wir begrüßen somit als Ehrenmitglied in unserer Bürgerinitiative den märkischen Sand“, lästerte die „Bürgerinitiative für ein Potsdam ohne Garnisonkirche“. Die Initiative veröffentlichte in den sozialen Netzwerken zudem mehrere Bilder aus den vergangenen Wochen, die belegen, dass die Baufahrzeuge vor Ort schon länger nicht mehr bewegt werden. Pikanterweise stammen die Bilder von der Web-Cam der Garnisonkirchen-Stiftung, die eigentlich alle 15 Minuten den Baufortschritt dokumentieren sollen.

Auch der Verein zur Pflege antimilitaristischer Traditionen in Potsdam nutzte die Gunst der Stunde und forderte einen Neustart für das Projekt. Man solle die Baupause nutzen, „um über ein Gebäude nachzudenken, was nicht nur weniger statischer Gründung bedarf, sondern auch inhaltlich weniger geschichtlichen Ballast mit sich bringt“, erklärte Vereinsvorstand Carsten Linke. Ein Gebäude für ein „ernsthaftes Friedens- und Versöhnungszentrum“ müsse „von der Funktion her gedacht und konzipiert werden und nicht von der historischen Hülle“. Zudem würden die kalkulierten Baukosten von 39 Millionen Euro für den Kirchturm nun erst recht nicht zu halten sein, so Linke weiter. Am Ende werde das Projekt mindestens 50 Millionen Euro kosten und wahrscheinlich auch nicht wie geplant 2020 fertiggestellt werden.

Streit um die Kirche

Um die Garnisonkirche wird in Potsdam seit Jahren erbittert gestritten. Kritiker reiben sich insbesondere an der Geschichte des Bauwerks zur NS-Zeit und werfen den Initiatoren vor, diesem Aspekt im geplanten Versöhnungszentrum nicht genug Raum zu geben. Zu den Unterstützern zählen – neben dem Bund, der den Wiederaufbau mit zwölf Millionen Euro fördert – auch viele Prominente wie Elizabeth II., Angela Merkel, Günther Jauch und Katarina Witt. (mit HK)

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