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Alex Ranisch moderiert die "First Step Awards" in Berlin. An dem Wettbewerb nahm der Filmuni-Abolsovent bereits selbst teil.

© dpa

Potsdamer Filmuni-Absolvent Ranisch im Interview: „Ein aufgebrachtes Volk im Garten von Sanssouci“

Regisseur Axel Ranisch moderiert die „First Steps Awards" in Berlin. Im PNN-Interview spricht der Potsdamer Filmuni-Absolvent über den Potsdamer Filmbeitrag, neueste Projekte und seine Opernleidenschaft.

Von Sarah Kugler

Herr Ranisch, Sie moderieren in diesem Jahr die „First Steps Awards“ , vor drei Jahren waren Sie selbst mit „Dicke Mädchen“ nominiert. Kommen da nostalgische Gefühle auf?

Ja, das war damals eine Riesennummer für mich und das jetzt zu moderieren ist schon ganz schön aufregend. Auf der anderen Seite ist es noch gar nicht so lange her und ich muss ständig damit leben, dass die Leute sagen, dass ich gar kein Nachwuchs mehr sein darf. Ich wäre aber so gerne noch Nachwuchs, von daher fühle ich mich den Nominierten natürlich sehr nahe.

Regisseur Daniel Carsenty von der Filmuniversität Potsdam ist mit seinem Absolventenfilm „After Spring Comes Fall“ oder zu Deutsch „Kafkanistan“ nominiert. Sie sind selbst Filmuni-Absolvent, fühlen Sie sich dem Film besonders nahe?

Klar, Potsdam ist sowas wie eine zweite Heimat für mich, da fühle ich mich natürlich besonders nahe. Aber es ist allgemein so, dass ich einfach dieses Gefühl kenne, wie es ist, mit einem ersten großen Film für einen wichtigen Preis nominiert zu sein. Das ist eine Energie, ein Aufgeregtsein, mit dem ich mich bei allen sehr gut identifizieren kann.

Gibt es denn für Sie einen Favoritenfilm?

Oh, ich habe einige Favoriten. Ich durfte ja auch mit den Nominierten sprechen, habe kleine Interviews mit ihnen gemacht und ich muss sagen, dass ich sehr froh bin, nicht in der Jury sitzen zu müssen. 

Und wie stehen Sie zu dem Potsdamer Film?

Der Potsdamer Film ist ein unglaublicher Film. Es hat mich völlig fertig gemacht, was die da gewuppt haben. Die hatten ein Team von 30 Mann, haben im Ausland gedreht, ein Studio gebaut und hatten dabei eigentlich keine Kohle. Das ist ein Film, der hätte locker eineinhalb Million kosten müssen und die haben das mit 50.000 Euro oder sowas geschafft, das war für mich unfassbar. Absolut unfassbar.

Der Film klingt vor allem inhaltlich sehr stark, ist er das auch?

Absolut. Es ist schon allein dieses irre politische Thema von einer jungen Flüchtlingsfrau, die nach Berlin kommt und dann ins Visier des Geheimdienst ihres Herkunftslandes, also in dem Fall Syrien, gerät, der sie für seine Zwecke missbrauchen will. Das so etwas passiert, das ist ein Aspekt, den ich noch überhaupt nicht auf dem Schirm hatte. Es ist ein sehr wichtiger, guter Film. Absolut zu recht gleich in drei Kategorien nominiert.

Wie werden Sie denn Ihre Moderation anlegen, orientieren Sie sich dabei an großen Oscarvorbildern?

Nein, absolut nicht. Mich ärgert das, wenn man so tut, als wäre man hier bei den Oscars. Ich mag es gerne privat und charmant. Charmant, aber nicht perfekt. So sind ja auch meine Filme und ich versuche das zu einer sehr persönlichen Geschichte zu machen.

Das heißt?

Na ja, wie ich schon sagte, habe ich mich unter anderem mit einigen Nominierten getroffen und mit ihnen kleine Einspieler gedreht. Ich finde es schön, wenn die auch mal zu Wort kommen und eben nicht nur kurz sagen dürfen „Ich danke meiner Mutti“ oder so, sondern dass man auch etwas über die Gefühle und Menschen erfährt. Genauso werde auch ich mich nicht verstecken. Mein Dozent an der Filmuni war Rosa von Praunheim und der hat immer gesagt „Holt die Geschichten aus euch selbst“. Das habe ich gefressen und versuche das auch auf die Bühne zu bringen. Und beim Drehen natürlich auch.

Apropos, Sie sind noch das ganze Jahr mit Ihrer Firma „Sehr gute Filme“ im „Nachwuchsbüro Babelsberg“ auf dem Babelsberger Studiogelände eingemietet und drehen gerade eine Serie über Eheberatung?

Das Problem ist, dass die Geschichte, die wir uns da überlegt haben, von zwei anderen Produktionsfirmen aufgegriffen wurde und nun unter anderem auf ZDFneo eine Serie darüber gezeigt wird. Deswegen haben wir umdisponiert und entwickeln eine andere Geschichte.

Wollen Sie schon verraten welche?

Ehrlich gesagt nein, da das beim letzten Mal etwas schiefgegangen ist, schweige ich dazu eher. Aber ich kann verraten, dass weiterhin geplant ist, eine transmediale Serie zu entwickeln, die teilweise im Fernsehen und teilweise im Internet zu sehen sein soll. Das finde ich aufregend, weil wir so verschiedene Zuschauergruppen erreichen können.

Und ist denn die Umgebung in Babelsberg inspirierend für die Arbeit?

Es ist schon eine tolle Umgebung, gerade die Nähe zum Medienboard und zu den ansässigen Firmen ist natürlich super. Und wir blicken auch direkt auf die Filmuni, da fühlt man sich auch immer etwas beschützt, das ist schön. Von den großen Hollywoodsachen, die hier passieren, bekommen wir natürlich nichts mit, aber wer weiß, vielleicht haben wir ja selbst mal eine große Produktion.

Gibt es Pläne in die Richtung?

Ich habe tatsächlich eine Geschichte im Kopf, da habe ich das Gefühl, die könnte man super mit den USA koproduzieren. Das ist eine wirklich brillante Geschichte. Verraten kann ich die natürlich nicht und wenn überhaupt dauert es sowieso noch sehr lange, bis wir soweit sind.

Sie haben auch schon Regie bei Opern geführt, könnten Sie sich vorstellen, mal eine Oper in Potsdam zu inszenieren?

Absolut, es gibt in Potsdam ja auch das Konzept der Sommeropern, wenn mir das jemand anbietet, sofort. Opern sind eine wunderbare Kunstform, so herrlich dekadent und dramatisch. Sie war schon vor dem Film eine meiner großen Lieben.

Welche Oper würde denn zu Potsdam passen?

Uh, wegen der schönen Rokoko Kulisse werden ja viele Barockopern gespielt, aber ich fänd es eigentlich schön, mal mit der Kulisse zu brechen. Also vielleicht eine russische Oper, die im Spannungsfeld eines armen leidenden Volkes und einem dekadenten regierenden Zarentum stehen. Da gibt es ganz wunderbare Opern, etwa „Boris Godunow“ von Modest Mussorgski. Ich meine, ein aufgebrachtes armes Volk im Garten von Sanssouci, das wäre doch mal was. Dieser Bruch würde mich dabei sehr reizen.

In Ihren Operninszenierungen haben Sie mit Filmelementen gearbeitet, eine Leinwand im Hintergrund laufen lassen. Könnten Sie sich auch vorstellen, den umgekehrten Weg zu gehen, also eine Oper zu verfilmen?

Ganz hervorragend kann ich mir das vorstellen. Die Frage ist nur, wer das gucken möchte. Und es wird dann auch immer gleich sehr teuer. Es gibt aber auch tolle Opernpersönlichkeiten, über die man Geschichten erzählen könnte.

Welche zum Beispiel?

Ich habe ja an der Bayrischen Staatsoper gearbeitet und die haben schon tolle Sänger. Also wenn ich da an Anja Harteros denke… Aber es gibt auch so einen durchgeknallten griechischen Dirigenten, Teodor Currentzis, der in Perm das Russlandhaus wieder aufgemacht hat und wunderbare Einspielungen macht. Er hat Bedingungen, davon träumen andere und er macht wunderschöne Sachen, hat zum Beispiel alle „Da-Ponte-Opern“ von Mozart aufgenommen. Über den könnte ich mir gut vorstellen, mal was zu machen.

Sie erzählen gerne besondere Geschichten über Menschen oder?

Absolut und am allerliebsten. Ich arbeite auch gerade an einem Fernsehfilm für die ARD, der im Januar gedreht wird und im Zentrum steht ein älterer Herr, der versucht, einen Staubsauger zu reparieren. Das klingt sehr einfach, wird aber desaströs. Letztendlich hängt seine ganze Ehe daran und am Ende wird er unfreiwillig Geiselnehmer eines großen Mediadiscounts. Es wird eine wilde tolle Komödie. Da stecken wir gerade mitten in den Drehvorbereitungen.

Und was dürfen wir noch erwarten?

Abgedreht habe ich jetzt gerade drei Folgen Löwenzahn, die unter anderem in der Potsdamer Seenlandschaft entstanden sind, da wurde nämlich Gold geschürft und ab nächster Woche drehe ich einen neuen „Zorn“, den vierten Teil, da darf ich mich dann wieder als Kriminalkommissar Schröder vor der Kamera beweisen, wobei ich auch immer viel über meine sonstige Arbeit lerne.

Inwiefern?

Indem ich einfach die andere Seite sehe und somit auch weiß, wie sich ein Schauspieler fühlt, wenn er eingeklemmt zwischen Licht und Marken, beäugt von 30 Teammitgliedern, auf den Punkt einen bestimmten Satz sagen muss. Und ansonsten interessieren mich halt auch die Figuren, die Menschen hinter den Charakteren, die sind mir wichtig. Die Emotionen sind mir wichtig, das ist ein Credo, das sich bei mir so durchzieht.

Das Gespräch führte Sarah Kugler

ZUR PERSON: Axel Ranisch, geboren 1983, studierte an der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ Regie. Sein Abschlussfilm „Dicke Mädchen“ war 2012 für die „First Steps Awards“ nominiert und gewann mehrere Preise. Ranisch ist erfolgreich als Kino- und Opernregisseur, Schauspieler, Drehbuchautor, Librettist und Produzent tätig.

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