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Potsdam ist "Smart City"-Modellkommune.

© Ottmar Winter/PNN

Potsdam wird Smart City: Bürgerbefragung per App, Klimadaten aus dem Kiez

Potsdam hat vom Bund den Zuschlag als "Smart City"-Modellkommune erhalten und hofft auf bis zu zehn Millionen Euro Förderung. Was in den nächsten fünf Jahren passieren soll.

Potsdam - Bürgerbefragungen per App, ein smartes System zur Messung von Energieverbrauch und Klimadaten im Schlaatz und ein „Potsdam Lab“ zum Austausch mit Experten aus der Potsdamer Wissenschaft und Wirtschaft zu Stadtentwicklungsfragen: Das sind einige der Projekte, die Potsdam als „Smart City“-Modellkommune zuerst angehen will. Das Bundesinnenministerium hat die Landeshauptstadt in der dritten Runde des gleichnamigen Förderprogramms als eine von 28 neuen Teilnehmern ausgewählt, beworben hatten sich 94 Kommunen. In den beiden Vorjahren waren insgesamt bereits 45 Kommunen, darunter auch Bad Belzig und Berlin, aufgenommen worden, Cottbus ist seit Beginn 2019 dabei.

Digitalisierung, behutsame Stadtentwicklung, Klimawandel und Bürgerbeteiligung 

Als „Smart City“ mit den damit verbundenen Fördergeldern werde sich die Landeshauptstadt schneller als bislang geplant strategisch neu ausrichten können, erklärte Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) am Freitag bei einem Pressegespräch, virtuell aus dem Urlaub. Man wolle die Themen Digitalisierung, Bekämpfung des Klimawandels, behutsame Stadtentwicklung und Beteiligung von Bürger*innen miteinander verbinden. „Wir entwickeln uns weg von einer reinen Stadt der Wissenschaft hin zum Wissenstransfer“, so Schubert. Das in der Stadt vorhandene Wissen soll künftig besser genutzt werden. Dafür seien bereits in der Antragsphase 40 Projektpartner gefunden worden, darunter wissenschaftliche Einrichtungen, Hochschulen und Wirtschaftsverbände. Auch die Stadtverordnetenversammlung, auf deren Initiative die Bewerbung stattfand, unterstützt das Vorhaben. Beantragt sind für die kommenden fünf Jahre gut zehn Millionen Euro Förderung, die genaue Höhe muss jetzt noch mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) verhandelt werden, hieß es. Die Stadt steuert zudem als Eigenmittel 3,5 Millionen Euro bei, die kommunalen Stadtwerke weitere 1,5 Millionen Euro.

Im ersten Jahr soll zunächst eine Smart-City-Strategie erarbeitet werden, in den vier folgenden geht es um die Umsetzung verschiedener Projekte, erklärte Projektleiter Thomas Tuntschew vom Büro des Oberbürgermeisters. Schon bei der Strategiefindung setze man auf Beteiligung von Bürger*innen, Stadtpolitik, den 40 Projektpartnern und Nachbarkommunen im Umland. Es gehe unter anderem darum, wie man sogenannte „stille Gruppen“, die sich bislang nicht beteiligen, erreichen kann. Im Herbst soll zudem ein Digitalisierungsrat einberufen werden, kündigte Oberbürgermeister Schubert an. Das Gremium mit externen Fachleuten solle den Prozess beratend begleiten.

Bürgerbefragungen über die App "Consul"

Als eines der ersten konkreten Projekte, die noch im ersten Jahr in Angriff genommen werden sollen, nannte Projektleiter Tuntschew die versuchsweise Nutzung der App „Consul“, die in Bad Belzig bereits erfolgreich laufe. Über die App könnten Bürgerbefragungen und Votierungen niederschwellig organisiert werden, auch eingegrenzt auf einzelne Stadtteile: „Das ist eine sehr unkomplizierte Möglichkeit, sich an städtischen Entscheidungen zu beteiligen“, sagt Oberbürgermeister Schubert. Die App könne als ergänzendes Entscheidungsmittel für die Politik hilfreich sein – die Entscheidung liege aber trotzdem bei der Stadtverordnetenversammlung, betonte er.

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Auch ein „Potsdam Lab“ soll etabliert werden – keine digitale Idee, sondern ein analoger Ort des Austausches mit Fachleuten über verschiedene Probleme der Stadtentwicklung. Vorbild sei ein vergleichbares Projekt namens Openlab in Stockholm, das die School of Design Thinking des Hasso-Plattner-Instituts (HPI) begleite, wie Schubert erklärte. Ein denkbarer Ort für das „Potsdam Lab“ wäre die Wissenschaftsetage im Bildungsforum am Platz der Einheit.

Bürger können per Sensor Klima- und Energieverbrauchsdaten auslesen

Als weiteres konkretes Projekt nannte Tuntschew eine urbane Datenplattform, die in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken unter Nutzung des Funksystems LoRaWan entstehen soll. Dabei geht es zum Beispiel um das Auslesen eigener Energieverbrauchsdaten durch Nutzer*innen, aber auch Klimadaten wie Temperatur, Feinstaub oder Geräusche aus dem Stadtviertel, die die Bürger*innen über spezielle Sensoren auslesen können. Das könne beispielsweise dabei helfen, „Hitzeinseln“ in der Stadt aufzuspüren und Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Ein solches LoRaWan-Projekt soll zuerst im Stadtviertel Schlaatz ausprobiert und später auf die ganze Stadt ausgeweitet werden.

Potsdam will als „Smart City“ auch mit den Nachbarn Berlin und dem Landkreis Potsdam-Mittelmark zusammenarbeiten und einen „Innovationskorridor“ von der großen Metropole bis in den ländlichen Raum schaffen, erklärte Oberbürgermeister Mike Schubert: „Wir können eine Menge voneinander lernen.“

Die Aufnahme von Potsdam ins „Smart City“-Programm findet in Wirtschaft und Politik Zustimmung. Peter Heydenbluth, der Präsident der Industrie- und Handelskammer Potsdam, sprach von einem wichtigen Zeichen für die Landeshauptstadt. Die digitalen Anwendungen in allen Stadtteilen und für alle Nutzer müssten „ebenso als Teil der täglichen Daseinsvorsorge verankert werden wie Strom, Wasser oder Verkehr“. Hier habe Potsdam noch viel Potenzial zu heben. Auch Götz Friederich (CDU), der Vorsitzende des Wirtschaftsrats, begrüßte den Zuschlag des Bundes. Auch SPD-Bundestagsdirekt- und Kanzlerkandidat Olaf Scholz sprach von einer guten Nachricht für Potsdam und die gesamte Region.

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