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Landeshauptstadt: Potsdam verliert das Kita-Museum Deutschlandweit einzigartiges Bildungszentrum zieht von Groß Glienicke nach Nennhausen

Groß Glienicke - Viele Kisten sind bereits gepackt, viele der Exponate werden im Keller zwischengelagert, ins Haus kommt man seit 1. Juni nur nach Absprache: Das Kita-Museum Groß Glienicke verlässt zum Jahresende die Landeshauptstadt.

Groß Glienicke - Viele Kisten sind bereits gepackt, viele der Exponate werden im Keller zwischengelagert, ins Haus kommt man seit 1. Juni nur nach Absprache: Das Kita-Museum Groß Glienicke verlässt zum Jahresende die Landeshauptstadt. „Übrigens nach genau zehn Jahren“, sagt Leiterin Heidemarie Waninger. Der Grund für den Wegzug seien vor allem die immens gestiegenen Betriebskosten.

Im neuen Domizil in Nennhausen im Havelland – auf zwei Etagen der früheren Polytechnischen Oberschule – würde sie gute Bedingungen vorfinden, denn sowohl für die musealen Stücke aus den Kitas West und den Kindergärten/Kinderkrippen Ost als auch für die pädagogischen Weiterbildungslehrgänge benötige man viel Platz. Sie sei nämlich keine Museumsdirektorin, sondern vor allem Vorsitzende des Vereins „pädagogik aktuell – pädal“ und leite dabei auch das Museum Kindertagesstätten in Deutschland – übrigens das einzige dieser Art, sagt sie. „Wir wurden vom Bildungsministerium als Überregionales Pädagogische Zentrum Land Brandenburg anerkannt.“ Denn der Verein pädal biete Weiterbildungen für Erzieher, Kurse für Eltern und Seminare für künftige Kindergärtnerinnen an. Das werde jetzt noch bis kurz vor Weihnachten weitergeführt.

Rückblick: Die promovierte Pädagogikwissenschaftlerin Waninger begann 1996 in Oranienburg mit dem Sammeln von Zeitdokumenten aus dem Alltag der DDR-Kindergärten und -krippen und wollte eine lückenlose Dokumentation aufbauen. „Schulmuseen gibt es ja eine Menge, aber keines befasst sich mit den pädagogischen Ansätzen und Praktiken der Jahre seit dem Krieg“, sagt sie. Doch die Räume der Arbeiterwohlfahrt in Oranienburg standen nur vorübergehend zur Verfügung. 1997 schrieb sie sich wunde Finger und erhielt aus Potsdam eine hoffnungsvolle Nachricht. „Jann Jakobs war damals Jugendamtsleiter und hat mich eingeladen und ich konnte ihn von meinem Konzept überzeugen“, erinnert sie sich. Räume wurden in der leeren Kita im Wall am Kiez gefunden, Mietfreiheit wurde zugesichert. Doch der Vertrag sei vorbehaltlich der Zustimmung des Jugendhilfeausschusses geschlossen worden, sagt Waninger. Und daran scheiterte das Vorhaben schließlich: Der Ausschuss entschied sich gegen das Kita-Museum und die Stadt forderte rückwirkend die Mietzahlungen. „Wir erhalten aber weder eine ausreichende Förderung noch haben wir entsprechende Einnahmen“, sagt sie. Auch die Forderung nach den letzten drei Monatsmieten über damals 20 000 DM konnte nicht erfüllt werden. „Da ist uns das Bildungsministerium zur Hilfe gekommen und hat diese Summe an die Stadt überwiesen.“ Inzwischen hielt Heidemarie Waninger schon wieder Umschau in den Kommunen in der Umgebung und wurde in Groß Glienicke fündig. Nach dem Einzug im Juni 2000 ins Haus in der Waldsiedlung habe man einen Wandel vom musealen Ort zur Bildungseinrichtung für moderne Pädagogik vollzogen, sagt sie. Und die Resonanz sei durchweg positiv gewesen. Ob Steffen Reiche als Bildungsminister oder Elona Müller als Beigeordnete der Stadt Potsdam, alle hätten sich von der Qualität der Einrichtung überzeugt. Elona Müller sei zum fünfjährigen Jubiläum voll des Lobes gewesen. Den Wegzug habe aber auch sie nicht verhindern können, wie sieden PNN gegenüber erklärte. Die Stadt habe keinerlei Chance, weitere freiwillige Aufgaben zu übernehmen und müsse seit Jahren mit einem Haushaltssicherungskonzept wirtschaften. Somit sei der Kommunale Immobilienservice (KIS) zum wirtschaftlichen Handeln angehalten.

Der machte davon auch Gebrauch und teilte der Leiterin im April 2005 mit, dass ihr Betriebskostenanteil von 679,99 Euro ab 1. Januar 2006 auf 1722 Euro erhöht werde. Ein Jahr später dann sollte sie die volle Miete von 3816 Euro im Monat entrichten. Durch einen Beschluss der Stadtverordneten konnte sie allerdings einen Aufschub bis 31. Dezember 2007 erreichen. Es blieb bei den alten Kosten. Aber schon die seien kaum aufzubringen gewesen. Sie selbst habe eine halbe Stelle und ihre Kollegin Brigitte Winkler arbeite als Honorarkraft. Im havelländischen Nennhausen sei erst im Vorjahr die Sekundarstufe der Schule geschlossen worden, und so kann Heidemarie Waninger ab dem Frühjahr in den neuen Räumen ihr neues pädagogisches Fortbildungskonzept umsetzen: „Entdeckendes Lernen“ in Räumen, die historisch gestaltet werden. Potsdam aber habe diese für Deutschland einzigartige Bildungseinrichtung verloren, sagt sie.

Winfried Gutzeit

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