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Wer darf hier rein? Die Rudergesellschaft hat Räume, auch die Spitzensportler des Ruder-Clubs dürfen trainieren. Doch einige Breitensportler haben im Streit beider Vereine bereits das Nachsehen.

© Manfred Thomas

Potsdam: Streit um den „Seekrug“ geht weiter

Der Streit zwischen Potsdams Ruderern um die Nutzung des Vereinshauses „Seekrug“ hat eine neue Stufe der Eskalation erreicht und am Donnerstag zu einem Krisengipfel im Rathaus geführt.

Von Peer Straube

Potsdam-West - „Die Gespräche sind schwierig“, sagte Stadtsprecher Jan Brunzlow auf PNN-Anfrage. Weitere Mediationstreffen seien geplant. Ziel: Beide Seiten sollen sich vertragen und eine für alle zufriedenstellende Lösung finden.

Bekanntlich sind die bereits seit Jahren schwelenden Auseinandersetzungen in der Rudererszene im vergangenen Jahr eskaliert. Breiten- und Spitzensportler kämpften um die Deutungshoheit in der Potsdamer Ruder-Gesellschaft (PRG). Eine Vorstandswahl im Frühjahr 2011 wurde von den Breitensportlern beanstandet, weil sie sich von den Spitzensportlern dominiert fühlten. Eine erneute Wahl im August brachte eine Mehrheit für die Breitensportler im Vorstand – daraufhin verließen zunächst 33 der wichtigsten Leistungsträger den Verein, darunter etliche Weltmeister und Olympiasieger. Sie gründeten einen eigenen Verein, den Ruder-Club Potsdam (RCP). Seitdem streiten beide Vereine um die Nutzung des traditionsreichen „Seekrugs“.

Kompliziert ist die Lage vor allem wegen der Eigentums- und Pachtverhältnisse. Das Grundstück gehört nach PNN-Informationen der Stadt. Einen Teil davon, darunter zwei Bootshäuser und mehrere Vereinsräume, hat sie bis 2014 an die PRG verpachtet. Den Rest des Geländes wiederum hat die Stadt an den Olympiastützpunkt (OSP) zur Nutzung übergeben. Diese Flächen werden von den Leistungssportlern des RCP genutzt.

Noch komplizierter wird es, weil inzwischen auch etliche Breitensportler die PRG verlassen haben, weil sie erklärtermaßen mit der Arbeit des Vorstands unzufrieden sind. Dazu zählen etwa die Begründer des Masters-Leistungsruderns um Rudi Brandt, einen Juniorenweltmeister von 1974. Die PRG hat ihnen nach dem Austritt die Nutzung der vereinseigenen Umkleidekabinen untersagt, auch ihre Boote mussten aus den Häusern entfernt werden. Das Kündigungsschreiben liegt den PNN vor. Die PRG beruft sich auf ein Schreiben der Stadtverwaltung, wonach „auf dem Gelände des Seekrugs nur Vereinsmitglieder der PRG und Kadersportler des Landesleistungszentrums oder Bundeskader trainieren“ dürften. Vorläufiger Höhepunkt der Auseinandersetzungen zwischen PRG und RCP ist ein Zettel, den ein PRG-Vereinsmitglied an die Eingangstür zum Ruderbecken geklebt hat und auf dem Stasi-Vorwürfe gegen ein RCP-Vorstandsmitglied erhoben werden. Der PRG-Vorstand distanzierte sich zwar von der Aktion, doch das Tischtuch scheint vorerst endgültig zerschnitten. „Das ist absolut unter der Gürtellinie“, sagte Rudertrainer Steffen Becker vom RCP.

Wie es mit dem „Seekrug“ weitergeht, ist weiterhin offen. Die PRG will das Gelände in Eigenregie übernehmen und selbst entwickeln. Die RCP-Spitzensportler favorisieren dagegen den Neubau eines Ruderhauses, was wiederum von der PRG abgelehnt wird. Nach den Olympischen Spielen im Sommer in London werden die Weichen allerdings ohnehin neu gestellt. Turnusmäßig entscheidet das Bundesinnenministerium nach jeden Olympischen Spielen neu, welche Standorte als Bundesstützpunkte des Leistungssports finanziell gefördert werden. Entscheidend ist die Anzahl der vom jeweiligen Verein gewonnenen Medaillen.

Die PRG beharrt darauf, dass der Bundesstützpunkt an die PRG als Trägerverein gebunden ist. Allerdings sind fast alle Spitzenruderer inzwischen Mitglied im RCP. Trainer Steffen Becker glaubt trotzdem an eine Lösung. Zwei Vereine seien sogar förderlich für einen „gesunden Konkurrenzkampf“ unter den Ruderern. Wenn sich ein Verein dem Breiten- und einer dem Leistungssport widme, „kann das doch nur gut sein“.

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