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Potsdam: Stadt sucht Airbnb-Steuersünder

Die Potsdamer Stadtverwaltung treibt die Bettensteuer ein, die über Online-Portale wie Airbnb nicht gezahlt wird. Bisher wurden 180 Wohnungen gefunden.

Potsdam - Was für viele Touristen Komfort bedeutet, raubt anderen den Schlaf. Es geht um Wohnungen, die auf dem Online-Portal Airbnb vermietet werden. Bei den PNN meldete sich eine Leserin und schilderte, was sie erlebt, seitdem es in ihrer direkten Nachbarschaft eine Airbnb-Unterkunft gibt. Sie sagt: „Man hat das Gefühl, man wohnt neben einem Hotel.“ Ständig höre sie das Geklapper von Rollkoffern, oft fänden in der Wohnung Partys mit laut dröhnender Musik statt. „Gerade in den Sommermonaten, in denen man – wie jetzt – nicht bei geschlossenen Fenstern schlafen kann, ist das sehr belastend“, sagt sie.

Mittlerweile, nachdem die Wohnung seit mehr als drei Jahren regelmäßig vermietet wird, denkt die Potsdamerin sogar ans Ausziehen. „Ich würde lieber heute als morgen umziehen, nur der Wohnungsmarkt hält keine bezahlbaren Alternativen für Vollzeit arbeitende Menschen bereit“, sagt sie. Die Wohnung in ihrer Nachbarschaft, sie liegt in der Innenstadt, habe zwei Zimmer. Diese zwei Zimmer sind es, die sie und andere nicht schlafen lassen. „Es kann nicht sein, dass die regulären Mieter unter so einer Unterkunft leiden“, sagt sie.

Ein „Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum“ galt in Brandenburg nur bis 2004

Tatsächlich aber hat die Stadt nur wenige Möglichkeiten, gegen die Vermieter solcher Wohnräume vorzugehen. Denn ein „Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum“ galt in Brandenburg nur bis 2004. Dann wurde es ersatzlos abgeschafft. Anders als etwa in Berlin, wo es erst kürzlich eine Novellierung des Gesetzes gab. Nach einer Übergangsfrist müssen ab dem heutigen Mittwoch alle, die ihre Wohnung in Berlin als Ferienwohnung vermieten, im Inserat eine Registrierungsnummer angeben. Sogar Airbnb selbst wirbt jetzt aktiv dafür, dass sich die Anbieter registrieren müssen.

In Brandenburg, und damit in Potsdam, ist der Weg komplizierter. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hatte im Mai 2016 Folgendes entschieden: „Die dauerhafte Nutzung einer Wohnung, für die eine Genehmigung als Wohngebäude vorliegt, als Ferienwohnung für einen wechselnden Personenkreis stellt eine baugenehmigungspflichtige Nutzungsänderung dar.“ Wenn eine Wohnung dauerhaft als Ferienwohnung angeboten wird, „muss der Vermieter bei der Bauaufsicht einen Umnutzungsantrag stellen“, erläuterte ein Stadtsprecher. Dies sei beispielsweise in Gebieten mit einem Bebauungsplan, die als Wohngebiet festgesetzt wurden, nicht möglich. Einzig „in diesen Fällen kann die Stadt die Nutzung versagen“, sagte der Stadtsprecher.

In manchen Gebieten kann die Stadt die Vermietung als Ferienwohnung verbieten

Im Klartext bedeutet das: In manchen Gebieten kann die Stadt die Vermietung als Ferienwohnung verbieten. Aber nur, wenn diese wirklich „dauerhaft“ vermietet wird. Schwierig dürfte das vor allem dann werden, wenn nur einzelne Räume und nicht die ganze Wohnung vermietet werden. Nachbarn von Airbnb-Unterkünften berichten außerdem regelmäßig, dass Vermieter tricksen. Etwa indem sie Angebote vorübergehend von den Portalen löschen. So lässt sich anhand der Bewertungen keine „Dauerhaftigkeit“ nachweisen.

Ansonsten bleibt der Stadt ein anderes Schwert – wenngleich ein sehr viel stumpferes: Für Übernachtungen von Touristen muss in Potsdam Bettensteuer abgeführt werden. Konkret sind dafür fünf Prozent des Übernachtungspreises fällig. Und die zahlen nicht alle Vermieter von Airbnb- Unterkünften freiwillig. Vielmehr geht die Stadt gezielt auf Steuersünder-Jagd. „Die Steuerfachleute gehen direkt auf die Vermieter zu oder schreiben sie an“, sagte der Stadtsprecher. Dafür würden auf den Portalen, von denen Airbnb nur eines ist, nach Angeboten suchen. So wurden bereits etwa 180 Wohnungen ausfindig gemacht, die auf den Portalen vermietet werden. Wie hoch die Steuereinnahmen aus diesen Fahndungen sind, ist aber unklar. Danach lasse sich die Statistik nicht aufschlüsseln, so der Sprecher.

Es sind auf jeden Fall „mehr als 300“

Erst kürzlich hatte das Rathaus wie berichtet auf eine Anfrage von Die Andere bekannt gegeben, dass die Stadt ansonsten keine Statistik über Airbnb-Unterkünfte führt. Das hatte Lutz Boede von Die Andere scharf kritisiert. „Wie will man Wohnraum denn solide planen, wenn man nicht weiß, ob eine Wohnung als Ferienwohnung oder Mietwohnung vermietet wird?“, fragte er. Zu den Fällen, in denen Vermieter ihren Wohnraum zur Ferienwohnung umfunktionieren, kommen noch weitere hinzu: Denn auf den Portalen tummeln sich auch Angebote von Mietern, die ohne Absprache mit dem Vermieter ihre Wohnungen untervermieten. Allerdings sind den Potsdamer Hausverwaltungen solche Fälle bislang fast gar nicht bekannt geworden. Das dürfte vor allem den Grund haben, dass sie gar nicht danach suchen.

Zurzeit ist es auch nicht möglich, solche illegalen Untervermietungen auf dem Portal herauszufiltern. Denn: Airbnb fordert keinen Nachweis ein, inwieweit die Vermietung erlaubt ist. Wie viele Angebote es derzeit auf Airbnb genau gibt, ist unklar. Eine entsprechende Anfrage ließ das Unternehmen unbeantwortet. Fakt ist: Es sind auf jeden Fall „mehr als 300“. So steht es auf der Website.

Schon vor zwei Jahren hatte der Mieterbund kritisiert, dass die Umnutzung von Wohnraum in Potsdam nicht untersagt ist: „Wir halten es für wohnungspolitisch sehr bedenklich, wenn die Kommune einem Geschäftsmodell, welches dem Wohnungsbestand Wohnungen entzieht und dabei erhebliche private Gewinne erzielt, nicht entgegentritt.“ Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) sieht in den Ferienwohnungen außerdem eine Benachteiligung des eigenen Gewerbes. „Der Wettbewerb wird verzerrt“, hatte Dehoga-Chef Olaf Lücke schon damals gesagt. Und er hatte gefordert: „Alle Anbieter müssen registriert werden.“ Zumindest in Berlin wurde das jetzt Realität.

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