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Potsdam Museum zeigt Fotos von Fritz Rumpf: Potsdam hinter Glas

Das Potsdam Museum zeigt derzeit historische Aufnahmen des Fotografen Fritz Rumpf. Der Universalgelehrte betrachtet bereits damals um 1900 die bauliche Entwicklung der Stadt kritisch.

Potsdam - Für das Haus Nummer 75 in der Charlottenstraße hatte Fritz Rumpf nur Spott übrig. In eine „Missgeburt“ habe sich das Haus, eines der schönsten der Stadt, nach dem Umbau verwandelt. Das aufgestockte, dritte Obergeschoss störe das „wundervolle, ruhige, einheitliche Gepräge“ der barocken Häuser – in dieser Straße allesamt nur zweigeschossig. Fritz Rumpf hat das Haus Anfang des 20. Jahrhunderts fotografiert und – das ist etwas Besonderes – sein Bild ausführlich kommentiert.

Dieses und weitere Fotos des alten Potsdams um die vorletzte Jahrhundertwende zeigte am gestrigen Mittwochnachmittag das Potsdam Museum in der Veranstaltungsreihe „Silver Salon“ für Besucher im Alter von mehr als 60 Jahren. Die Veranstaltung war bereits im März angeboten und jetzt aufgrund der großen Nachfrage wiederholt worden. Und wieder war der Vortrag ausgebucht. Nur mit viel Glück erhielten drei Freundinnen aus Potsdam Karten. Sie wollten wie viele Gäste ihre eigenen Erinnerungen anhand der historischen Fotos auffrischen. Oder sehen, was sie damals verpassten. „Ich stamme aus Werder. Ausflüge nach Potsdam haben wir nur selten gemacht. Meine Eltern hatten immer Angst vor den Verkehrsampeln“, sagte eine der Damen.

Rumpf engagierte sich für Erhalt des "schönen Stadtbildes"

Auch Fritz Rumpf, geboren 1856 in Frankfurt am Main, gestorben am 23. Juli 1927 in Potsdam, wo er mit seiner großen Familie seit 1895 in einer Villa am Heiligen See lebte, hat die fortschreitende Modernisierung der beschaulichen Garnisonstadt verfolgt. Kritisch. Denn er war viel mehr als Fotograf und Kunstsammler. Er war Buchautor, hielt Vorträge, engagierte sich in Potsdams Kunstszene und Stadtpolitik. So verfasste er eine Satzung zum Erhalt des „schönen Stadtbildes“. Bei all dem reflektierte er genau, wie er wahrgenommen wurde: Man halte ihn sicher für einen schrulligen, unverbesserlichen Idealisten, schrieb er.

Dabei sei er gar nicht gegen jeden Fortschritt. Nur müsse man nicht allen Quatsch, der aus der Metropole Berlin herüber schwappt, mitmachen. Vor allem nicht die überdimensionierten „Riesenschaufenster“ und die schreckliche Beschilderung. Mit seinen Fotos dokumentierte er den unflätigen Umgang mit barocker Bauschönheit. Zeigte Häuser, an denen die Geschäftsinhaber Schilder, Schaukästen und Vitrinen anbrachten, rücksichtslos über schmückende Säulen nagelten. Und damit alle architektonische Schönheit vernichteten. Auch der Palast Barberini kam schlecht weg. So habe man den prägenden, durchgehenden Fries der Fassade teilweise mit Schildern bedeckt. Anderswo kritisierte er die „lächerliche Farbgestaltung“ – wenn beispielsweise die Eigentümer die Fassade aus Eitelkeit mittels Farbgebung kleinteilig zerhackstückten, ganz außer Acht lassend, dass doch alles zusammengehöre.

Großes Interesse am Alten Potsdam

Von den vielen Fotos, die der Fotograf Rumpf in Potsdam machte, konnte das Potsdam Museum vor zwei Jahren 250 Bilder digitalisieren. Die historischen Glasplatten, alle etwa 30 mal 24 Zentimeter groß, waren teilweise in schlechtem Zustand, die Platten zerbrochen oder in kaputten Hüllen mehr schlecht als recht gelagert. Jetzt sind einige davon in der ständigen Ausstellung zu sehen, einige bereits auch im Online-Archiv des Museums. Hin wieder werden sie bei Vorträgen von Judith Granzow, verantwortlich für die Fotosammlung des Museums, gezeigt. Das Interesse am alten Potsdam sei groß. „Man muss doch wissen, wo man wohnt“, sagte eine Dame zu ihrer Motivation. Ihr Mann war mehr an technischen Details damaliger Fotografie interessiert. „Es ist beeindruckend, mit wie viel Mühe die früher diese Plattenaufnahmen gemacht haben“, sagte er.

Die Bilder sind für das Museum und Potsdam ein Schatz, für Restauratoren und Stadthistoriker. Sie zeigen Architektur und städtischen Alltag. Sie dokumentieren die Aufmerksamkeit, mit der man damals bereits die bauliche Entwicklung und Veränderung der Stadt verfolgte. Und zeigen, wie man sich bewusst mit Stadtgeschichte beschäftigte. So gehörte Fritz Rumpf zum Potsdamer Kunstverein und schließlich zu den Gründungsmitgliedern des Museumsvereins, Vorläufer des Potsdam Museums. 1912 fotografierte Rumpf, wie Potsdam-Bilder in einer der ersten Ausstellungen des Museums gezeigt werden. „Er dokumentierte damit auch die Geschichte unseres Hauses“, so Granzow.

Als der Alte Markt noch ein belebter Platz war

Manchmal ist es auch eine ganz banale Lust am Entdecken der Vergangenheit, die einen erwischt, wenn man die Bilder sieht. Der heute prächtige, aber doch meist leere Alte Markt ist damals ein belebter Platz, an dem Gemüse verkauft wird. Am Eckhaus der Bäckerei Schröter bröckelt der Putz, vor den Häusern posen stolz Gewerbetreibende, spielen Kinder. Und dann sind da noch die vielen Häuser, die heute verschwunden sind. Die „Deutsche Bank“ an der Ecke am Alten Markt, an der heute die Fachhochschule steht. Die gemütlich-bürgerlichen Wohnhäuser der Breiten Straße, direkt gegenüber der Garnisonkirche, und das Geschäft „Potsdamer Fahrzeuge und Industrie“ in der Berliner Straße, wo heute ein Hochhaus steht. Auch dieses überlange Werbeschild war Rumpf damals ein Dorn im Auge. Aufzuhalten war der Trend zur Werbung aber nicht. „Ich würde ja gern mal wissen, was der Rumpf zum heutigen Potsdam sagen würde“, sagte eine Besucherin nach dem Vortrag.

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