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Ausprobiert. An den Stationen testeten die Schüler, was sie gut können.

© S. Gabsch

Potsdam: Mit Stickern zur Selbsterkenntnis

Das Projekt „Komm auf Tour“ zeigt Schülern aus Potsdam und der Mittelmark Berufsperspektiven auf.

Potsdam - Als die Moderatorin beim Berufsprojekt „Komm auf Tour“ wissen möchte, was die Potsdamer Schüler gern nach der Schule machen möchten, antwortet ein erster ohne zu zögern: „Schlafen.“ Großes Gelächter unter den Schulkameraden. Doch in zwei Jahren wird die Gruppe von Achtklässlern vor der großen Berufsfrage stehen – dann hoffentlich mit einer besseren Idee.

Seit gestern gastiert das Projekt „Komm auf Tour“ in der Waschhaus- Arena. Noch bis zum Freitag werden verschiedene Klassen den 500 Quadratmeter großen Erlebnisparcours durchlaufen und danach bestenfalls eine erste Berufsorientierung mitnehmen.

Bereits seit zehn Jahren durchlaufen Schüler der siebten und achten Klassen das „Komm auf Tour“-Projekt und sollen so ihre Stärken besser kennenlernen. Dieses Jahr gastiert das Projekt zum neunten Mal in Potsdam, die Landeshauptstadt ist seit 2008 dabei. Insgesamt 300 Schüler werden hier teilnehmen. Zeitgleich wird „Komm auf Tour“ auch in Geltow durchgeführt, dort sogar mit 600 Schülern aus ganz Potsdam-Mittelmark.

Das Berufsprojekt ist eine landesweite Initiative der Agenturen für Arbeit, der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und der Landesregierung Brandenburg.

Im Gegensatz zu vergleichbaren Berufsmessen gibt es bei „Komm auf Tour“ aber keine Unternehmen, die sich an Ständen anpreisen und Prospekte verteilen dürfen. Hier durchqueren die Schüler einen Erlebnisparcours, der ihnen spielerisch aufzeigt, welche Fähigkeiten im Berufsleben wichtig sind. Die Schüler sollen nach dem zweistündigen Projekt nicht ihren Traumarbeitgeber finden, sondern eine erste Berufsorientierung mitnehmen.

Das Prinzip von „Komm auf Tour“ ist dabei vollkommen auf die Stärken und Eigenschaften der Schüler ausgerichtet. An den sechs verschiedenen Stationen können sie sich einbringen und bekommen für verschiedene Fähigkeiten Sticker verliehen. Wenn sich jemand zum Beispiel besonders kommunikativ zeigt, gibt es einen Kommunikationssticker auf den Pullover geklebt. Ebenso wird beispielsweise belohnt, wer sich besonders handwerklich, kreativ oder umweltbewusst verhält.

Dass die Gruppe der Potsdamer Achtklässlern am Dienstag mehr im Kopf hat, als nach der Schule nur ausschlafen zu wollen, wird an den Stationen deutlich. Da hört man plötzlich ernstgemeinte Berufswünsche wie KFZ-Mechatroniker, Lehrer oder auch Friseurin heraus.

Nach dem Durchlaufen der einzelnen Stationen wird resümiert: Welche Sticker habe ich bekommen? Was kann ich gut? Was hat mir nicht gelegen? Wichtig soll nicht sein, wie viele Sticker die Jugendlichen gesammelt haben, sondern welche. Anhand ihrer Aufkleber gibt es dann in den „Stärke-Schränken“ Ideen, wie man die Fähigkeiten mit passenden Berufen verbinden kann.

Das Interesse der Schulen an „Komm auf Tour“ ist sehr groß. Wie sie mit dem Projekt umgehen, ist dabei allerdings unterschiedlich. „Manche Schulen haben sich schon im Nachhinein bei uns gemeldet und uns Briefe der Schüler geschickt. Diese sehen durch unser Projekt ganz neue Perspektiven“, sagt David Rupp von der BZgA. Er sieht die Pflicht, den Schülern Berufe näher zu bringen, nicht allein bei den Schulen: „Diese haben ja grundsätzlich einen anderen Auftrag.“ Deswegen sind Kooperationen wie „Komm auf Tour“ mit der Agentur für Arbeit für ihn umso wichtiger.

In diesem Jahr nehmen nur Ober-, Gesamt- und Förderschulen aus Potsdam an „Komm auf Tour“ teil. Um auch die Gymnasien einzubinden, waren die Kapazitäten nicht ausreichend, die Nachfrage zu groß. Außerdem beteiligen sich 2018 auch erstmals Willkommensklassen an dem Parcours.

Für ihre Gruppen steht das Projektteam vor ganz neuen Herausforderungen: Die Deutschkenntnisse der Schüler sind sehr unterschiedlich. Manche können sich schon sehr gut verständigen, bei anderen hakt es noch. Um besonders auf die Schüler eingehen zu können, bietet man ihnen bei „Komm auf Tour“ an, den Parcours gesondert in kleineren Gruppen zu durchlaufen. Carolin Kulling

Carolin Kulling

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