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Beim Betreuungsschlüssel in den Kitas liegt Potsdam weit unter dem Bundesdurchschnitt.

© Jan-Philipp Strobel/dpa

Potsdam: Millionen für bessere Kitas

Potsdam Oberbürgermeister Jann Jakobs sagt mindestens drei Millionen Euro für mehr Kita-Personal zu – das Geld will er notfalls vom Land einklagen.

Potsdam - Die personell unterbesetzten Kitas in Potsdam können mit deutlich mehr Geld rechnen. Das kündigte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) am Mittwoch vor den Stadtverordneten an. Es gehe um mindestens drei Millionen Euro – also das Doppelte der Summe, die die Stadt ohnehin bereits für 2018 eingeplant habe, sagte Jakobs auf Nachfrage der Linken. Einen entsprechenden Vorschlag für den nächsten Haushalt wolle die Stadt noch im November einbringen, um die Betreuung sicherzustellen und den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz zu erfüllen. „Wir müssen in Vorleistung gehen und das Geld möglichst vom Land zurückholen“, sagte Jakobs.

Im Streit um die Finanzierung werde die Stadt vorerst auf eine Klage gegen das Land Brandenburg verzichten und zunächst noch einmal auf Verhandlungen setzen, sagte Jakobs weiter. Zugleich machte er deutlich, dass er einen finanziellen Ausgleich vom Land erwarte: „Hier besteht Nachholbedarf.“

Potsdam bei Kita-Betreuuung unter dem Bundesdurchschnitt

Grundlage für die Gespräche soll ein Rechtsgutachten sein, das die Berliner Kanzlei Luther in den vergangenen Monaten für das Rathaus erstellt hat. Anlass war eine im März beschlossene Initiative der Linken im Stadtparlament, endlich juristisch klären zu lassen, ob die Stadt, das Land oder beide für die fehlenden Stellen in den Kitas zahlen sollen. Jakobs sagte, laut den Gutachtern reichten die vom Land gewährten Zuschüsse an die Stadt „bei weitem“ nicht aus. Unter anderem sei ein Vorgehen mit dem Städte- und Gemeindebund Brandenburg geplant, hieß es. Jakobs ist dessen Präsident. Damit könne sich die Durchsetzungskraft der Initiative erhöhen, so der Rathauschef.

Bislang ist die Situation unbefriedigend, wie eine im August veröffentlichte Studie „Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme“ der Bertelsmann-Stiftung erneut gezeigt hatte. Demnach kümmerte sich 2016 in Potsdams Krippen rechnerisch jeder Betreuer um 6,5 Kinder unter drei Jahren, in den Gruppen zwischen drei und sechs Jahren waren es 11,1 Kinder pro Erzieher. Der rechnerische Bundesschnitt bei der Betreuungsquote lag dagegen mit 4,3 bei den jüngeren und 9,2 bei den älteren Kindern weit besser als in Potsdam. Laut Bertelsmann sind für Potsdam mindestens 4,5 Millionen Euro zusätzliche Personalkosten nötig. Für eine wirklich ausreichende Betreuung war sogar schon von mehr als 20 Millionen Euro die Rede.

Unklar, wer für verlängerte Betreuungszeiten aufkommt

Hauptgrund für den schlechten Personalschlüssel ist die seit Jahren ungeklärte Frage, wer für die verlängerten Betreuungszeiten aufkommt. So werden rund 40 Prozent der Kita-Kinder bis zu zehn Stunden pro Tag betreut. Das rot-rot geführte Land aber zahlt nur Zuschüsse für Standardbetreuungszeiten.

Jakobs sagte, die Gutachter kritisierten eine „ungerechtfertigte Pauschalierung“ der Zuschüsse durch das Land. Das Problem bestehe auch in anderen Gemeinden. „Sechs Stunden bezahlter Mindestanspruch durch das Land reichen für die Zeit von An- und Abfahrt und normaler Arbeitszeit von 40 Wochenstunden weder Eltern in Potsdam noch in irgendeiner anderen Gemeinde im Land.“ Das Land sei schon durch das sogenannte Konnexitätsprinzip zur Finanzierung verpflichtet. Denn Kommunen mit hoher Erwerbsquote und langen Betreuungszeiten seien bei der Finanzierung des Rechtsanspruchs auf einen Kitaplatz benachteiligt. „Wie soll die häufig geforderte Vereinbarkeit von Familie und Beruf funktionieren, wenn das Land selbst nur bereit ist, eine Kitagrundversorgung zu finanzieren“, sagte Jakobs. Auch eine Klage sei möglich.

Elterninitiative hatte 8000 Unterschriften für bessere Betreuung gesammelt

Im Februar hatten die Stadtverordneten beschlossen, in diesem Jahr 500 000 Euro und für 2018 eineinhalb Millionen Euro bereitzustellen, um die Situation etwas zu verbessern. Allerdings reicht das Geld nicht einmal für eine halbe Stelle pro Kita. Einzelne Träger hatten daraufhin angekündigt, künftig nur noch eine begrenzte Zahl von Zehn-Stunden-Verträgen auszugeben, auch wegen zunehmender Überlastungsanzeigen der Mitarbeiter.

Vor einem Jahr hatte eine Elterninitiative bereits 8000 Unterschriften für eine bessere Betreuung gesammelt. „Wir haben damals zugesagt, uns des Problems anzunehmen“, sagte Jakobs. Zugleich übte er Kritik an den Plänen der rot-roten Landesregierung, wonach das letzte Kitajahr künftig für alle Kinder gratis sein soll. Dies gehe an der Diskussion um die schlechte Betreuungssituation vorbei, so Jakobs.

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