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Vater und Sohn. Martin (r.) und Lukas Schmidt reparieren und bauen in ihrer Werkstatt unterhalb des Pfingstbergs Blechblasinstrumente aller Art. Noch zu DDR-Zeiten gelang es dem Vater, eine eigene Firma zu gründen – im Holländischen Viertel, das lange das Mekka der hiesigen Instrumentenbauerszene war.

© Andreas Klaer

Potsdam: Meister des guten Tons

Seit 30 Jahren baut Martin Schmidt Blechblasinstrumente. Angefangen hat er im Holländischen Viertel.

Hämmer hängen an der Wand, dazu jede Menge Zangen. Und dann sind da diese imposant aussehenden halbrunden Werkzeuge, die an Sicheln erinnern und auch nach ihnen benannt sind: Mit den sogenannten Sicheleisen, die in der Werkstatt von Metallblasinstrumentenbauer Martin Schmidt aufgereiht sind, können Schallbecher von Blechblasinstrumenten ausgebeult werden. Die Sicheleisen dienen dabei quasi als geformte Unterlage, auf die der Schallbecher, beispielsweise der einer Trompete, gelegt wird. Mit einem zylindrischen Rollwerkzeug reibt der Instrumentenbauer dann von der Innenseite des Schallbechers gegen das Metall des Instruments und beult so das Blech aus.

Martin Schmidt hat schon viele Blechblasinstrumente repariert und dabei zahlreichen Trompeten, Posaunen, Hörnern und anderen Instrumenten zu einem neuen Leben verholfen. Und unter seiner Hand sowie inzwischen auch der seines Sohnes Lukas haben Hunderte von Instrumente hier das Licht der Welt erblickt: Sie sind in Schmidts Werkstatt ganz neu gefertigt worden. In diesen Tagen begehen Vater und Sohn ein Jubiläum: Seit 30 Jahren gibt es den Meisterbetrieb, gegründet im Holländischen Viertel, seit 2007 ansässig nördlich des Pfingstbergs in der Straße Am Hang nahe der Nedlitzer Straße.

Schon früh habe er gewusst, dass er einmal selbständiger Instrumentenbauer werden wolle, erzählt Martin Schmidt. Aufgewachsen in Michendorf, lernte der heute 57-Jährige als Schüler der Potsdamer Musikschule das Trompetenspiel. Die Liebe zum Instrument war damit geboren. Seine Ausbildung zum Metallblasinstrumentenbauer absolvierte Schmidt im vogtländischen Markneukirchen, einem Ort mit langer Tradition im Musikinstrumentenbau. Auch nach seiner Gesellenprüfung blieb er dem Ort zunächst treu, arbeitete dort weiter im Instrumentenbau. Zwischendrin, im Jahr 1982, legte Schmidt die Meisterprüfung ab. Und wenn in Markneukirchen einer der dortigen Instrumentenbauer seine Werkstatt – etwa aus Altersgründen – aufgab, dann fragte Schmidt bei ihm an, ob er etwas vom Inventar übernehmen könne. Denn Schmidts Plan war ja unverändert: die Gründung einer eigenen Werkstatt. In Zeiten der sozialistischen Mangelwirtschaft ein schwieriges Unterfangen, schließlich fehlte es an Material und Werkzeug. „Damals hatte man ja nichts bekommen“, erinnert sich der Mann mit den geschickten Händen.

Schließlich setzte Schmidt seinen Plan in die Tat um. Er zog in die alte Heimat und richtete sich ab 1987 eine Werkstatt im Holländischen Viertel in der Benkertstraße 11 ein. Der offizielle Start seiner Firma, so Schmidt, war am 1. Februar 1988. Das Stadtquartier mit den roten Backsteingiebeln im Geviert an der Benkert- und der Mittelstraße war damals ein kleiner Hotspot des Musikinstrumentenbaus in Potsdam. Hier fertigte die Orgelbaufirma Schuke ihre Instrumente, auch der Geigenbauer Bernhard Wölz war im Viertel ansässig.

In den Jahren nach dem Mauerfall veränderte sich auch im Holländischen Viertel viel. Nicht nur, dass etliche Häuser saniert wurden, auch die Gewerbetreibenden wechselten. „Ich war dann der letzte Instrumentenbauer im Holländischen Viertel“, erinnert sich Schmidt. Vor elf Jahren wechselte der groß gewachsene hagere Mann mit seiner Werkstatt aus dem Zentrum Potsdams an die Peripherie der Kernstadt. Mit dem Bezug der neuen Räumlichkeiten in einer Häuserzeile unterhalb des Pfingstbergs konnte er seine Werkstatt vergrößern.

Vor allem baue man Trompeten, von der gehobenen Mittelklasse bis zu Instrumenten für Profis, erzählt Sohn Lukas, der mit seinen 28 Jahren schon selbst Meister im Metallblasinstrumentenbau ist und seit 2012 in der Werkstatt des Vaters mitarbeitet. Auch wenn schätzungsweise etwa 80 Prozent der von den Schmidts hergestellten Instrumente Trompeten sind, so hat Lukas eine gewisse Leidenschaft für die Posaune. Dieses Instrument spielt er selbst. Über den Posaunenbau sagt Schmidt junior: „Das ist so ein bisschen mein Steckenpferd.“

Und Lukas Schmidt gibt auch einen Einblick in die Preisverhältnisse der Werkstatt: Zwischen 1700 und 4000 Euro koste eine von den Schmidts gefertigte Trompete. In den vergangenen 30 Jahren hat sich der kleine Betrieb in breiten Interessentenkreisen einen Namen gemacht: So spielen Orchestermusiker aus Berlin auf Schmidts Instrumenten, andere Kunden wiederum sind Laien, auch Jäger und Mitglieder des Fanfarenzugs vertrauen auf die beiden Instrumentenbauer. Doch Martin Schmidt verkauft in seiner Werkstatt nicht nur die eigenen handgemachten Produkte, sondern auch Instrumente anderer Hersteller. Die Kundenkontakte reichen bis in die USA, nach Taiwan, Japan und Russland.

Immer wieder versuche man, neue Ideen in den Bau der Instrumente einfließen zu lassen, sagt Lukas Schmidt. So manche Anregung komme aus den Gesprächen mit Musikern. Instrumentenbau sei nichts Statisches. Derzeit arbeiten Vater und Sohn an einer B-Trompete. Es ist – nach eigener Zählung – das 632. Instrument, das in all den Jahren in der Werkstatt von Martin Schmidt gebaut wurde.

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