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Auf dem ehemaligen Kasernengelände in Krampnitz sollen 6500 Menschen leben.

© A. Klaer

Potsdam: Landschaftsschutz holt die Krampnitz-Pläne ein

In zukünftigen Wohnviertel Krampnitz sollen einmal 3800 Menschen wohnen, das plant die Stadt zumindest. Die Pläne stehen jetzt aber auf der Kippe.

Potsdam - In einer der wenigen Pausen der fast achtstündigen Verhandlung am Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg sagt der pensionierte Bauer Ernst Ruden: „Wir würden gern für unseren Enkel ein Haus auf unserem Grundstück bauen.“ Doch wegen der ungeklärten Rechtslage sei das derzeit nicht möglich. Selbst eine existenzgefährdende Enteignung wegen des geplanten Wohnviertels für bis zu 3800 Bewohner auf dem Kasernengelände Krampnitz fürchtet Ruden und zieht deswegen mit anderen Anwohnern und Landwirten gegen die vor drei Jahren beschlossene Entwicklungssatzung der Stadt vor Gericht.

Doch der erste öffentliche Verhandlungstag am Donnerstag brachte kein Ergebnis – aber eine Tendenz zuungunsten der Stadt, überraschenderweise beim Thema Landschaftsschutz. Denn die geplante Bebauung des südlichen Aasbergs im Landschaftsschutzgebiet Königswald mit mehr als 70 hochpreisigen Wohnhäusern lehnt das Landesumweltministerium weiterhin ab – anders als in den vergangenen Jahren von der Bauverwaltung unter ihrem inzwischen abgewählten Beigeordneten Matthias Klipp (Grüne) dargestellt. Die Ablehnung der Bebauung an dieser Stelle ist problematisch, weil dieser Teil der Pläne, die sogenannte „Schöne Aussicht“, ein wichtiger Bestandteil für das Entwicklungsgebiet Krampnitz ist. Allein durch die Vermarktung dieser Häuser am Hang versprach sich die Stadt Einnahmen von mindestens fünf Millionen Euro.

Uferweg, Seeterrasse und Hafenanlage am Krampnitzsee voraussichtlich nicht möglich

Aber daraus wird wohl nichts. Für das Landesministerium sagte Referent Leonard Stenner vor Gericht aus, seit 2013 habe sein Haus der Stadt Potsdam deutlich gemacht, dass maximal eine einreihige Bebauung möglich sei – aber auch nur, wenn keine freien Alternativflächen im Stadtgebiet mehr nachgewiesen werden können. Diese Auffassung habe das Ministerium erst vor wenigen Tagen in einem weiteren Schreiben bekräftigt. Auch die Argumentation der Stadt Potsdam, mit der Entwicklung des Stadtviertels werde eine illegale Schuttdeponie in dem Landschaftsschutzgebiet beseitigt, verfange nicht, so der Referent. Denn der Schutzstatus des Areals sei davon unberührt: „Wenn eine Deponie durch Bebauung ersetzt wird, ist das das Gleiche.“ Auch ein geplanter Uferweg, eine Seeterrasse und eine Hafenanlage im Gebiet am Krampnitzsee sei aus Schutzgründen voraussichtlich nicht möglich, stellte Stenner klar. „Wir fragen uns immer, warum solche Maßnahmen im Schutzgebiet erforderlich sind?“ Allerdings müsse im Einzelfall abgewogen werden. Der Anwalt der Stadt, Holger Schmitz, bestritt die Argumente. Notfalls müsse die ehemalige Landesumweltministerin Anita Tack (Linke) geladen werden, die sich deutlich weniger klar als Stenner geäußert habe, hieß es.

In den vergangenen Jahren hatte die Bauverwaltung stets argumentiert, die Bedenken des Ministeriums umschiffen zu können. So hatte Stadtplanungschef Andreas Goetzmann im Februar 2014 im Bauausschuss erklärt, die Ausgliederung aus dem Landschaftsschutzgebiet Königswald sei möglich, einzige Bedingung sei die Durchführung eines naturschutzrechtliches Verfahrens. Doch das sei bisher eben nicht erfolgreich verlaufen, machte Referent Stenner auf PNN-Anfrage deutlich. Wegen der ablehnenden Haltung des Landes hatte die Stadt zwischenzeitlich auch eine Klage erwogen, diese aber nie in die Tat umgesetzt.

Stehen Interesse des Allgemeinwohls über Interessen der Kläger?

Die Frage des Naturschutzes war der wichtigste Aspekt der zähen Verhandlung. Gerichtsvizepräsidentin Dagmar Merz machte deutlich, letztlich werde sie für jede Teilfläche des Entwicklungsgebietes prüfen müssen, ob das Interesse des Allgemeinwohls – also mehr Wohnungen in Potsdam – über den Interessen der Kläger stünden. Zu dieser Klärung kam es aber nicht – auch die parallel in dem Verfahren verhandelte Klage der ehemaligen Käufer der Krampnitzer Kaserne, der privaten TG Potsdam, blieb unentschieden. Ohnehin klagt die TG an anderer Stelle gegen das Land, das einst die Flächen verkauft hatte. Zuletzt hatte das OVG geurteilt, dass die TG Potsdam zumindest nach dem Kauf bei einem städtebaulichen Vertrag getäuscht habe. Inzwischen hat die TG aber neue Eigner.

Auch wegen der verfahrenen juristischen Lage wird es noch etwas dauern, bis Bauer Ruden Rechtssicherheit hat. Zumindest die Klage der Bauern gegen die Stadt hätte sich die Verwaltung sparen können, ist er überzeugt: „Die Stadt hätte damals mit uns richtig reden sollen, statt uns hinters Licht zu führen.“ Denn für sein Ackerland hätte er nur 39 Cent erhalten, wie er sagt – doch die Stadt hätte es wiederum deutlich teurer, er sagt 195 Euro, verkaufen können. „Dagegen kämpfen wir.“

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