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Tropenersatz. Zitrusfrüchte lieben es warm, daher bauten die Preußenkönige für sie mehrere Orangerien. Am Sonntag lud die Schlösserstiftung zu Führungen ein.

© Manfred Thomas

Potsdam: Königliche Zitrusfrüchte

Schlösserstiftung bat „zu Tisch“ und zeigte am Sonntag in den Orangerien die „Götterfrüchte“ vor.

Potsdam - Um Orangen, Pomeranzen und Zitronen ging es gestern bei der Schlösserstiftung, die innerhalb ihres Themenjahres „Zu Tisch!“ auf allerlei Leckeres, Interessantes und Kurioses verweist. Was heute in jeder Küche zu finden ist, galt zu Zeiten der Preußenkönige als Rarität, man sprach von Götterfrüchten, für die horrende Preise gezahlt wurden. Im Jahre 1792 kosteten elf Kilo Orangen und vier Kilo Blüten 7822 Taler. Davon hätten 43 Familien ein Jahr lang leben können. Wieso also nicht selbst die sonnenverwöhnten Bäume züchten und eigene Pflanzen ernten?

Im Neuen Garten wurde zwischen 1791 und 1793 nach Entwürfen von Carl Gotthard Langhans eine Orangerie gebaut, die die an Hitze gewöhnten Bäume mit den Götterfrüchten über den Winter warmhalten sollte. Dazu auch die Palmen, den Oleander und anderes, was unsere deutschen Winter draußen nicht übersteht. Diese Pflanzen finden in der Westhalle der Orangerie Platz, in der Osthalle warten 40 Bitterorangenbäume, genannt auch Pomeranzen, auf den Frühling. Sie kamen vor sechs Jahren aus Sizilien nach Potsdam. Die Vorgängerinnen hatte ein Pilz befallen. Sie waren nicht mehr zu retten. Die Sizilianerinnen nahmen die neue Heimat gut an, gediehen prächtig und werden nun per Kübel im Sommer nach draußen in den Park transportiert. Sieben Monate verbringen sie jedoch in der Orangerie, wo ihnen je nach Witterung ein bisschen oder kräftig eingeheizt wird. Die Temperatur soll nicht unter sechs bis acht Grad sinken. Dafür werden noch immer das alte Heizungskanalsystem und die Ofenfeuerung genutzt. Feuerholz liefert der Park. Auch im 18. Jahrhundert wurde also schon sehr praktisch gebaut. Genug Licht kommt durch die hohen Scheiben und bei Sonnenschein wird regelmäßig gelüftet. Weniger gut bekam den Bäumen die Nachkriegszeit, als Sowjetarmisten die Orangerie als Aufenthaltsräume nutzten und dort viel zu stark heizten. Das nahmen die Bäume übel und gingen ein.

Um Früchte geht es bei der Pflege der Pomeranzen aber schon lange nicht mehr. Die Kraft soll zur Zierde des Parks in den Wuchs und die Blätterkrone gehen. Früchte bekommt man heute billiger im Geschäft. Auch die Orangen- und Zitronengewächse, die vor allem in der Orangerie im Park Sanssouci überwintern, sind vorwiegend als Zierde gedacht. Die Früchte werden halbreif herausgedrückt. Sie sind wegen der chemischen Schädlingsbekämpfung ohnehin nicht zum Verzehr geeignet. Dass manche Parkbesucher zur Selbstbedienung greifen, sehen die Gärtner ohnehin nicht gern, weil dabei oft auch Zweige mit abgerissen werden. All diese Informationen gab Gartenmeisterin Sabine Swientek bei ihren Führungen durch die Orangerie am Sonntag preis.

Wie es um die Gaumenfreuden stand, erzählte dann Kunsthistorikerin Marina Heilmeyer im Keller des Marmorpalais’. Die Götterfrüchte waren eine Kostbarkeit und ein Statussymbol. Als sie nach Preußen kamen, hatten zuerst nur die Apotheken das Vorrecht der Verwertung. So wurde zum Beispiel das Neroli-Öl der Pomeranze für allerlei Arzneien verwendet. Aus ätherischen Ölen wurde Parfüm hergestellt. Und der ursprünglich zum Apothekenpersonal gehörende Konditor stellte Konfitüren, Süßigkeiten und Zitronat her, weil die als heilsam und gesundheitsfördernd galten. Im 19. Jahrhundert hatten es die Zitrusfrüchte nicht nur auf die königliche Tafel, sondern auch auf die Tische in gut situierten bürgerlichen Haushalten geschafft. Gestern wurde mit Zitronen- und Orangenkuchen von der Chefin des Cafés „ à la maison“ zu Tisch gebeten. 

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