zum Hauptinhalt

Potsdam Heute 29. Mai 2020: Anbaden, Waschbären sehen und ein Besuch von der Bundesfamilienministerin

Heute werden Käfer gezählt, Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat sich umgemeldet und einmal mehr machen die Kitagebühren Potsdams Eltern Kopfschmerzen. Dies und mehr in unserem Newsletter.

Guten Morgen,

auch wenn einige Potsdamer Familien beim Frühstück erstmal ihren Ärger runterschlucken müssen. Ausgerechnet jetzt, wo der Frust vieler homeofficegenervter Eltern über mangelnde Kinderbetreuungsmöglichkeiten eh schon groß ist, droht neues Ungemach. Künftig soll jeder Kitaträger in Potsdam seine eigene Satzung erstellen, wie die Bildungsbeigeordnete Noosha Aubel (parteilos) verkündete. 

Das heißt im Klartext: Ungleichbehandlung. Stadtweit einheitliche Kitabeiträge sind dann passé. Während die Elternbeiträge in der Berliner Vorstadt bislang genauso hoch waren wie am Schlaatz, hängt es künftig von der Kita ab, wer wie viel zahlen muss. Da können Eltern schon mal die Krise in der Krise kriegen. Meine Kollegin Sandra Calvez erklärt die unerklärlichen Pläne. 

[Sie können "Potsdam Heute" auch als Newsletter per E-Mail bekommen. Zur Gratis-Anmeldung geht es hier.]

Worüber spricht Potsdam heute?

Scholz für Potsdam

Wird Potsdam 2021 Schauplatz des nächsten Kanzlerduells? In jedem Fall bekommt die Landeshauptstadt wohl einen Bundestagswahlkampf der Superlative geboten. Finanzminister und Vize-Kanzler Olaf Scholz, der als möglicher Kanzlerkandidat gehandelt wird, soll überraschend für die SPD im Potsdamer Wahlkreis antreten. Das ist auch der Wahlkreis der Grünen-Bundesvorsitzenden Annalena Baerbock, der manche ebenfalls eine KanzlerInnenkandidatur zutrauen. FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg dürfte ebenfalls wieder antreten. 

Offenbar sieht Scholz in der bisherigen SPD-Hochburg Potsdam ein sicheres Pflaster. Zumindest politisch. Denn 2018 drangen Einbrecher in das Mehrfamilienhaus in der Berliner Vorstadt ein, in dem Scholz mit seiner Ehefrau, Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD), lebt. Und das, obwohl das Haus 24 Stunden von Brandenburger Polizisten überwacht wird. Die Täter sind bis heute nicht gefasst. 

Wie gefasst sie auf die Scholz-Kandidatur reagieren wird? Für die Potsdamer Bundestags- und Landtagsabgeordnete Saskia Ludwig (CDU), die gegenüber den PNN angekündigt hatte, erneut für den Bundestag kandidieren zu wollen, ist der eher konservative Sozialdemokrat Scholz eine starke Konkurrenz. Wobei man sich innerhalb der Potsdamer CDU wie üblich noch zankt, wer denn nun eigentlich antreten darf. 

Dass Scholz das darf beweist, dass er noch vor der Coronakrise einen Termin beim Potsdamer Bürgerservice bekommen hat. Zum Ummelden. Bei der Landtagswahl im vorigen Jahr konnten Scholz und Ernst ihre Stimmzettel gar nicht in die Wahlurne werfen. Sie hatten versäumt, ihre 2017 bezogene Potsdamer Wohnung rechtzeitig als Hauptwohnsitz anzumelden

Die beiden Stimmen der Parteigenossen hätten Klara Geywitz am Ende aber auch nicht gerettet: Die Ur-Potsdamerin, die im Duo mit Scholz erfolglos für den SPD-Bundesvorsitz kandidierte, musste sich knapp den Grünen geschlagen geben. Ob sie in Potsdam für den Bundestag kandieren will, ließ sie bislang offen. Nun überlässt sie das Feld ihrem Kompagnon.

Was muss ich für heute wissen?

Das Corona-Update

In Brandenburg gibt es weiterhin nur wenige Neuinfektionen mit dem Coronavirus. Von Mittwoch bis Donnerstagmorgen wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums sechs neue Fälle im Land gemeldet. In der Hälfte der 18 Landkreise und kreisfreien Städte traten in den vergangenen sieben Tagen keine Neuinfektionen auf. Seit Anfang März wurden 3262 Covid-19-Patienten gemeldet, akut erkrankt sind rund 120 Menschen. Die Zahl der gestorbenen Corona-Patienten lag unverändert zum Vortag bei 169. Als genesen galten am Donnerstag rund 2980 Menschen, 20 mehr als am Mittwoch.

Nach einer Woche ist in Potsdam wieder eine Neuinfektion mit Covid-19 gemeldet worden. Das teilte die Stadt auf ihrer Homepage mit. Damit haben sich seit Februar insgesamt 632 Potsdamer mit dem Coronavirus infiziert. 478 Patienten gelten Stand Donnerstagmorgen als genesen, zwei Personen mehr als am Vortag. 

Am 31. Mai schließt die Corona-Abklärungsstelle in der Potsdamer Jägerallee. Wie die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg (KVBB) mitteilte, werden Corona-Tests ab Juni in die ambulante Regelversorgung verlagert. Eine Untersuchungskommission beschäftigt sich zudem mit dem Ausbruchsgeschehen am Klinikum "Ernst von Bergmann". Am Donnerstag trafen sich die Experten, um das Gesundheitsamt zu den Geschehnissen zu hören.

Auch in Potsdam-Mittelmark steigt die Zahl der mit dem neuartigen Virus infizierten Patienten nur noch leicht an. Aktuell meldet das Gesundheitsamt 545 Infizierte – vier mehr als am Mittwoch. Die zuvor von einem Corona-Ausbruch betroffene Seniorenpflegeeinrichtungen „Haus am Zernsee“ in Werder (Havel) ist seit Donnerstag offiziell coronafrei. 

Über die aktuellen Entwicklungen in der Coronakrise in Potsdam und Brandenburg informieren wir Sie in unserem Newsblog.

GEW fordert Corona-Tests in Schulen

Nicht nur die Wiedereröffnung der Kitas in der Coronakrise bewegt viele Potsdamer Eltern. Auch das Konzept für die Schulen wird diskutiert. Bis zu den Sommerferien soll jedes Kind wenigstens tageweise den Unterricht besucht haben, lautet der Plan von Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD). Hygiene- und Abstandsregeln müssen dabei strikt eingehalten werden. Aber wie geht es nach den Ferien weiter? Werden sich weiter viele Schüler mit Homeschooling abfinden müssen? 

Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) zufolge, wird es frühestens zu Beginn des neuen Schuljahres Anfang August wieder einen Regelbetrieb geben. „Wir werden alles dafür tun, dass dann alle Kinder wieder regelmäßig in die Schule gehen können“, sagte er am Donnerstag im Inforadio des rbb. 

Der Landeschef der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Günther Fuchs, hat Zweifel, ob das gelingen wird. Er fordert flächendeckende Corona-Tests in den Schulen. „Für die Rückkehr zum Regelunterricht ist es unverzichtbar, dass in den Schulen wöchentliche Tests auf Corona-Erkrankungen bei Lehrkräften und und Schülern durchgeführt werden“, teilte er mit. Was der GEW-Chef im Detail fordert, lesen Sie ausführlich hier.

Einheitsfeier ohne Bürgerfest

Zu 30 Jahren deutscher Einheit sollte am 3. Oktober in Potsdam ein großes Bürgerfest mit mehreren Hunderttausend Gästen stattfinden. Das sei nun nicht möglich, wie die Staatskanzlei am Donnerstag mitteilte. Brandenburg ist in diesem Jahr Gastgeber für die Einheitsfeierlichkeiten. Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) zeigte Verständnis für das angepasste Konzept. „Auch ohne großes Bürgerfest werden wir mithelfen, dass sich unser Land würdig präsentiert “, sagte Schubert.

Tabubruch in Forst

Es ist die Gretchenfrage auch in der Brandenburger Politik: Wie hältst du es mit der AfD? Im südbrandenburgischen Forst haben Lokalpolitiker diese offenbar ganz pragmatisch beantwortet. Wenn es der Sache dient, scheint der Konsens auf Landesebene, nicht mit der AfD zu kooperieren, keine Rolle mehr zu spielen. Die Linke, eine lokale Wählergruppe und die AfD haben in der Lausitzstadt ein gemeinsames Konzept für einen Jugendclub vorgestellt.

Landespolitisch ist dieser kommunale Schulterschluss äußert brisant, schließlich war es vor allem die Linkspartei, die Kooperationen zwischen anderen Parteien und der AfD heftig kritisierte. Im Landtagswahlkampf 2019 warnte der damalige Spitzenkandidat und heutige Fraktionschef der Linken, Sebastian Walter: „Wer Anti-Demokraten die Hand reicht, begibt sich selbst außerhalb des demokratischen Konsenses.“ Offenbar brauchen die Linken nun selbst eine Handreichung zum Umgang mit der AfD. Reaktionen auf den Tabubruch von Forst lesen Sie hier.   

Was soll ich heute lesen?

Proben mit Gesichtsvisier

Ab 6. Juni darf in Brandenburg wieder eingeschränkt Theater gespielt werden. Für das Potsdamer Hans Otto Theater kommen die Lockerungen eigentlich zu spät, die Spielzeit wurde bereits beendet. Dennoch arbeitet das Theater auf Hochtouren an den Voraussetzungen für einen coronagemäßen Spielbetrieb. Meine Kollegin Lena Schneider hat mit HOT-Intendantin Bettina Jahnke über Proben mit Gesichtsvisier, Versäumnisse der Politik und Lektionen der Krise gesprochen. Das Interview lesen Sie hier. 

Welche Termine sind heute wichtig?

Heimliche Fusion: Der Speckgürtel und die Berliner Bezirke machen ernst. Heute gründet sich in Bernau (Barnim) das Kommunale Nachbarschaftsforum KNF Berlin-Brandenburg als Verein. Also eine Art Länderfusion light, denn die Berliner Bezirke sowie märkischen Städte, Landkreise, Ämter und Gemeinden im Stadt-Umland-Raum sollen sich weiter vernetzen. Die Stadt Potsdam ist Gründungsmitglied, vertreten durch den Stadtentwicklungsbeigeordneten Bernd Rubelt (parteilos). 

Bus unter Strom: Werder (Havel) startet in die umweltfreundliche Nahverkehrszukunft. Heute wird die erste E-Buslinie von Regiobus vorgestellt, die ab dem 2. Juni nach regulärem Fahrplan unterwegs sein soll. Um 14 Uhr wird der erste batteriebetriebene Bus im Land Brandenburg auf dem Werderaner Marktplatz vorgestellt.

Im Kinder-Kreuzverhör: Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) stellt sich heute Vormittag einer ganz besonderen Fragerunde in Potsdam. Die gebürtige Brandenburgerin wird um 9 Uhr im Studio von Radio Teddy erwartet, um anlässlich des Internationalen Kindertags am Montag Fragen der jungen Hörer zu beantworten. Mithören kann man im Radio oder im Internet.

Was könnte ich heute unternehmen?

Waschbär, Wels und Wolf

Auch der Braunbär im Foyer im Naturkundemuseum - ein Präparat eines Tieres aus dem Luckenwalder Tierpark - trägt jetzt Maske, denn ab heute ist das Museum wieder für Besucher geöffnet. Auf drei Etagen kann man sich über Brandenburgs frühere und heutige Tierwelt, von Wels bis Wolf, informieren. Besondere Ehre wird in diesen Tagen dem Waschbären zuteil: Warum heißt der eigentlich so? Hatte der auch ein Virusproblem? Weil derzeit keine Führungen erlaubt sind, erklärt Museumsmitarbeiterin Ina Pokorny den Habitus des Waschbären in einem Video, das man sich schon zu Hause zur Vorbereitung ansehen kann.

Naturkundemuseum Potsdam, Breite Straße 13, Tel. (0331) 289-6707
Geöffnet Dienstag bis Sonntag  sowie jeden 1. Montag im Monat von 9 bis 17 Uhr, auch an den Pfingsttagen

Eintritt 4 Euro, ermäßigt 3 Euro, Kinder zahlen 2 Euro

Anbaden und abtauchen

Für alle Wasserratten beginnt heute zudem die Strandbadsaison. Das Bad im Park Babelsberg und das Waldbad Templin sind ab sofort täglich von 9 bis 20 Uhr geöffnet. Ganz ohne Einschränkungen geht es leider auch im Freien nicht. Tickets muss man online buchen und sie gelten jeweils entweder von 9 bis 14 oder 15 bis 20 Uhr. In der Stunde dazwischen wird durchgefeudelt. Kioske haben geöffnet, Maske ist beim Bestellen Pflicht. Wasserrutschen und Spaßbananen sind leider nicht in Betrieb, ebenso nicht Beachvolleyballplätze, der Kleinbadeteich, Minigolfanlage und Badeplattform im Waldbad Templin. Auch der Verleih von Tretbooten findet nicht statt. Spaß im Wasser ist erlaubt. Die Wassertemperatur soll bei 18 Grad liegen – da kann man nicht meckern. Infos und Tickets auf der Homepage der Stadtwerke.

Strandbad Babelsberg, Park Babelsberg 2
Waldbad Templin, Templiner Straße 110
Der Eintritt kostet je Zeitfenster für Erwachsene 3 Euro, für Kinder 1,50 Euro

Anbeißen

Wer lieber über Wasser bleibt, kann auf dem Restaurantschiff John Barnett in der Schiffbauergasse einchecken. Hier sitzt man vom Winde umweht und aerosolfrei auf dem Oberdeck, bei Matjes, Labskaus, Maultaschen oder Schnitzel.
Restaurantschiff John Barnett, Schiffbauergasse 12a
Geöffnet Mittwoch bis Freitag 15 bis 22 Uhr, Samstag und Sontag 12 bis 22 Uhr

Empfehlungen heute von Steffi Pyanoe.

Was kann ich heute Gutes tun?

Käfer zählen

Wer hat Biss und macht sich rar in Brandenburg? Der Feuerschröter! Nicht, was Sie jetzt wieder denken. Wir sprechen hier nicht von dem für seine bissigen Bemerkungen gefürchteten, früheren SPD-Innenminister Schröter. Nein, es geht nicht um Politiker, sondern um eine andere, ganz spezielle Art: den Lucanus cervus, besser bekannt als Hirschkäfer oder Feuerschröter. Seinen Namen verdankt der Hirschkäfer den Oberkiefern des Männchens, die an das Geweih eines Hirsches erinnern. Sie dienen dazu, Rivalen beim Kampf vom Baum zu stoßen. Das Weibchen kommt unscheinbarer daher, ohne Großgebiss, aber das könnte natürlich auch Tarnung sein. Mit bis zu neun Zentimetern Körpergröße gehört der Hirschkäfer zu den größten Käfern Europas – und ist zugleich stark gefährdet. Über das Vorkommen des Käfers, der auf der Roten Liste bedrohter Arten steht, ist in Brandenburg wenig bekannt. Um mehr über dessen Verbreitung zu erfahren, bittet das Landesamt für Umwelt nun Interessierte um Unterstützung und ruft zur Feuerschröter-Zählung auf. Auf der Internetseite des Landesamtes für Umwelt (LfU) finden Sie Informationen zur Bestimmung des Käfers. Auch der Hirschkäfer-Meldebogen ist dort hinterlegt. Aber nicht nur in Corona-Zeiten gilt: Abstand halten. Die Käfer dürfen nur beobachtet, nicht aber gestört oder gesammelt werden. 

Wetter & Verkehr

Wetter

Der Tag startet sehr sonnig mit 8 Grad. Später können einige Quellwolken aufziehen. 

Der Wind weht schwach bis mäßig. Bis zu 20 Grad werden am Freitag erreicht. 

Verkehr

Wer heute Abend dringend in den Berliner Osten will, sollte ein wenig mehr Zeit einplanen. Die S-Bahn-Linie 7, die normalerweise zwischen Potsdam und Ahrensfelde verkehrt, endet ab heute Abend 22 Uhr bis zum zum Betriebsbeginn am Montag bereits in Marzahn. Die letzten Kilometer bis zum Endpunkt Ahrensfelde müssen mit Ersatzbussen zurückgelegt werden.

Für Potsdams Straßen sind außer den bekannten Baustellen, etwa am Leipziger Dreieck und auf der Nuthestraße, keine weitere Einschränkung gemeldet worden. Autofahrer können also gut ins lange Pfingstwochenende starten.

Person des Tages

Christian Gohl

Der Gastronom Christian Gohl trotzt der Coronakrise. Am Pfingstmontag eröffnet er sein Restaurant in Babelsberg. Der 48-jährige gelernte Hotelfachmann ist der neue Pächter des Restaurant im und am Bahnhof Griebnitzsee. Zuletzt wurde im „Zweihunderteins“, der Name ist die Hausnummer der Rudolf-Breitscheid-Straße, junge deutsche Küche aufgetischt. Seit März war dann coronabedingt geschlossen. Da stand Christian Gohl aber bereits in den Startlöchern für die Übernahme - und will jetzt, Krise hin oder her, endlich loslegen. „Es kann ein schöner Ort der Begegnung werden", ist Gohl überzeugt.  

Kommen Sie gut durch den Tag, freuen Sie sich auf das lange Pfingstwochenende. Vielleicht haben Sie Glück und ein Hirschkäfer fliegt Ihnen über den Weg. Falls Ihnen anderes Aufregendes begegnet: Schreiben Sie uns an potsdamheute@pnn.de.
Morgen Früh lesen Sie hier wieder von meiner Kollegin Sabine Schicketanz.

Ihre

Marion Kaufmann, PNN-Vizechefredakteurin

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false