zum Hauptinhalt
Der vierjährige Jan spielt in der Kita mit seinen Freunden.

© Jens Büttner/dpa

Potsdam Heute 22. Mai 2020: Alltagsdebatten, Lockerungen und eine wichtige Erinnerung

Was vor 87 Jahren auf dem Potsdamer Bassinplatz geschah, das Coronavirus-Update für die Region und paradiesische Ausflugsziele in unserem morgendlichen Newsletter. 

Guten Morgen,
an diesem Freitag, der als Brückentag für viele sicher genau dies ist - ein Frei-Tag. Ein Tag gegen die Krisenanspannung, ein Tag, der sich endlich wieder ein wenig anfühlt wie früher. Potsdams Straßencafés füllen sich, die Stille, die so lange über der Stadt lag, ist Stimmengewirr und dem Klappern von Geschirr gewichen. Alles wieder normal? Nun, spätestens am Montag wird klar sein, dass der unbeschwerte Alltag noch weit weg ist. Viele Kitas im Land öffnen zwar für mehr Kinder, doch die Restriktionen sind groß. Wie umgehen mit dem Infektionsrisiko? Die Meinungen gehen auseinander, die Lösungsansätze auch. Wie in Land, Stadt und im Bund über den Betrieb von Schulen und Kitas diskutiert wird, lesen Sie hier im Überblick.

[Sie können "Potsdam Heute" auch als Newsletter per E-Mail bekommen. Zur Gratis-Anmeldung geht es hier. ]

Worüber spricht Potsdam heute?

Die Stadt macht sich locker 
Potsdam als Hotspot des Corona-Infektionsgeschehens in Brandenburg und Berlin konnte sich lange keine Extra-Lockerungen leisten. Jetzt sieht es besser aus. Die Zahl der Neuinfektionen ist gering, der Virusausbruch im Bergmann-Klinikum unter Kontrolle. Die Stadt lässt Freiräume - zum Beispiel den Kitaträgern. Sie dürfen am Montag ohne städtische Vorgabe für die Größe der Gruppen, in denen die Kinder betreut werden, wieder öffnen. Das sagte Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD). Es gilt der so genannte Rahmenhygieneplan des Landes für den "eingeschränkten Regelbetrieb"
Auch weitere Lockerungen sind in Sicht: Die Stadt hat erste Ausnahmegenehmigungen für den Betrieb von Sport- und Yogastudios erteilt. Am 13. Juni sollen die städtischen Schwimmbäder wieder öffnen, kleine private Becken dürfen mit Sondergenehmigung schon früher. Der Gastronomie soll geholfen werden, indem die Stadt unbürokratisch Parkplatzflächen für Außensitzplätze zur Verfügung stellt - damit bei Abstandsregelung mehr Gäste bewirtet werden können.
Doch es gibt weiterhin auch Absagen: Weil Großveranstaltungen bis Ende August verboten sind, wurden das Kindertagsfest und das Festival "Stadt für eine Nacht" gecancelt. Das dafür geplante Geld will die Stadt in Angebote für Kinder, Kunst und Kultur stecken.
Was Potsdam wann lockert, lesen Sie hier im Überblick.

Was muss ich für heute wissen?

Das Corona-Update
In Brandenburg ist die Zahl der offiziell bestätigten Corona-Infektionen wieder etwas stärker gestiegen. Das Gesundheitsministerium zählte am Donnerstag um 8 Uhr insgesamt 3224 bestätigte Fälle, das seien 13 mehr als am Vortag. In den vergangenen beiden Tagen waren nur jeweils drei Covid-19-Fälle neu hinzugekommen. Die Zahl der Erkrankten liegt weiter bei rund 180, während etwa 2880 Patienten als genesen gelten, das sind zehn mehr als am Vortag. Bisher starben 167 Corona-Patienten, das ist ein Todesfall mehr als am Mittwoch. Der Hotspot ist weiter Potsdam mit 631 Fällen, in der Prignitz sind es nur 25.
Die höchste Zahl neuer Infizierter meldete der Landkreis Potsdam-Mittelmark. Hier wurden innerhalb eines Tages sechs neue Covid-19-Fälle gemeldet, darunter auch eine Mitarbeiterin der Intensivpflegeeinrichtung Comcura in Beelitz. Die Zahl der stationär behandelten infizierten Mittelmärker ist um fünf auf 56 angestiegen
Über die aktuellen Entwicklungen in der Coronakrise in Potsdam und Brandenburg informieren wir Sie in unserem Newsblog.

Disziplin am Herrentag
150 Bereitschaftspolizisten standen bereit - aber mehr als sonst hatten sie am gestrigen Herrentag in Brandenburg nicht zu tun: Bis zum Nachmittag rückten die Beamten zu rund 500 Einsätzen landesweit aus. Das entspreche etwa der Zahl der vergangenen Jahre, sagte ein Polizeisprecher. Tagsüber wurden 16 so genannte Ansammlungen festgestellt, bei denen die Herren auf Tuchfühlung gingen und sich nicht ans Abstandsgebot hielten. Ansonsten blieb alles ruhig in der Mark und in Potsdam.

Das undatierte Handout zeigt ein uraltes Frauenskelett, das bei Erdarbeiten für die Errichtung von Windkraftanlagen entdeckt worden ist. 
Das undatierte Handout zeigt ein uraltes Frauenskelett, das bei Erdarbeiten für die Errichtung von Windkraftanlagen entdeckt worden ist. 

© Philipp Roskoschinski/Archaeros-Archäologische Beratung und Projektausführung/dpa

Die Jungsteinzeit-Uckermärkerin
Archäologen sind bei Bauarbeiten in Bietikow in der Uckermark auf das Skelett einer Frau gestoßen, die möglicherweise in der Jungsteinzeit dort begraben wurde. Die Tote sei vermutlich zwischen 2500 und 2200 vor Christus beigesetzt worden, sagte der Archäologe Philipp Roskoschinski. Darauf deute die hockende Haltung der Toten hin. Weitere Untersuchungen sollen die Datierung eingrenzen. Sie könnten zudem Erkenntnisse über die Besiedlung der Region am Ende der Steinzeit liefern. Mein Kollege Robert Ide hat für den Tagesspiegel-Checkpoint mit Archäologe Roskoschinski über seinen Fund gesprochen.

Werders neues Baumblütenfest
Es gilt als größtes Besäufnis nördlich des Weißwurst-Äquators - doch damit soll jetzt Schluss sein. So haben es sich zumindest die Werderaner bei der Bürgerbeteiligung für ihr neues Baumblütenfest mehrheitlich gewünscht. Jetzt ist daraus ein Konzept gemacht worden. Doch dieses Mal treibt das Engagement der Stadt Werder (Havel) tatsächlich Blüten: Ab dem 29. Mai sollen alle Interessierten auf einer Online-Plattform das Konzept kommentieren können. Einen Monat lang. Und aus den Kommentaren soll dann ... Sie ahnen es: ein wieder verändertes Konzept geschrieben werden. Schlusspunkt? Ein Beschluss der Stadtverordneten im September. Prost!

Was soll ich heute lesen?

Die Affäre Kalbitz 
Gideon Botsch, Leiter der Emil Julius Gumbel Forschungsstelle Antisemitismus und Rechtsextremismus am Potsdamer Moses Mendelssohn Zentrum, hat sich in einem Gastbeitrag für PNN und Tagesspiegel mit den Vorgängen in der AfD und dem Rauswurf von Andreas Kalbitz befasst. Botsch meint, es sei Alexander Gauland gewesen, der "Kalbitz und Höcke wählbar gemacht, ihre politische Verortung verharmlost und die AfD ,nazifiziert'" habe. Seinen Gastbeitrag lesen Sie hier

Bücherverbrennung vor der Universität Berlin am 10. Mai 1933. 
Bücherverbrennung vor der Universität Berlin am 10. Mai 1933. 

© DPA

Welche Termine sind heute wichtig?

Gedenken an die Bücherverbrennung auf dem Bassinplatz: Im März 1933 begannen die Nationalsozialisten mit der „Aktion wider den undeutschen Geist“ die systematische Verfolgung von Schriftstellern. Es fanden in vielen deutschen Städten öffentliche Bücherverbrennungen statt - in Potsdam am 22. Mai 1933 auf dem Bassinplatz, organisiert von den nationalsozialistischen Jungarbeiterbetriebszellen (NSJB).
Das Europa-Zentrum Potsdam der Berlin-Brandenburgischen Auslandsgesellschaft e.V. erinnert heute mit einer Lesung an dieses Ereignis. In einer Welt ohne Corona würde diese in einem Potsdamer Linienbus stattfinden, in dem prominente Potsdamer aus den 1933 verbotenen Werken vorlesen. Jetzt ist die Lesung ins Netz verlegt und zum Videoprojekt geworden. Ab sofort sind die Vorleser hier zu sehen, insgesamt 37 Lese-Videos gibt es - unter anderem von und mit Oberbürgermeister Mike Schubert, Kulturministerin Manja Schüle (beide SPD), Grünen-Bundeschefin Annalena Baerbock, der Leiterin der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung Martina Weyrauch und Schülerinnen und Schülern der Voltaire-Schule Potsdam.
Pete Heuer, der Vorsitzende der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung, möchte, dass künftig auf dem Bassinplatz dauerhaft an die Bücherverbrennung erinnert wird - er werde dazu den Stadtverordneten einen Vorschlag machen, kündigte Heuer an.

Was könnte ich heute unternehmen?

Zu Wasser und zu Land
Wer den heutigen Brückentag für einen Ausflug auf dem Wasser nutzen will und dafür ein Boot braucht, muss sich beeilen: Boots- und Kanuverleihe haben gut zu tun. Am besten funktioniert die Buchung online. Die Pedales - Bike & Paddelstation am Bahnhof Griebnitzsee bietet diverse Boote und Bretter fürs Wasser – und ebenso Fahrräder für die, die lieber an Land bleiben. Räder gibt’s auch in der Radstation am Hauptbahnhof. „Am besten schon vormittags kommen, dann sind immer welche da, am Nachmittag kann es auch mal eng werden“, sagt ein Mitarbeiter.
Radstation am Hauptbahnhof: Eingang außen, Babelsberger Straße 10. Tel.: 0331 887 199 17
Rad- und Bootsverleih am Bahnhof Griebnitzsee, Rudolf-Breitscheid-Str. 201 (Ausgang Seeseite); Tel.: 0331 74 800 57
Geöffnet jeweils Montag bis Freitag von 9 bis 18.30 Uhr, Samstag und Sonntag von 9 bis 19 Uhr.
www.potsdam-per-pedales.de

Wenn Fr
auen durchstarten
Das passende Kultur-Video für alle mutigen Wassersportler und Seefahrer findet man auf der Internetseite vom Kammermusiksaal Havelschlösschen. „Die Piratenkönigin“ heißt das kleine Konzert mit Kompositionen für zwei Gamben. Dazu wird aus dem Leben einer irischen Piratenkönigin des 16. Jahrhundert erzählt. Grace O'Malley war Tochter eines Clanführers, wurde deshalb statt Hausfrau auch lieber Seefahrerin, Händlerin, Diplomatin zwischen politischen Fronten und saß auch mal Gefängnis. Bei all dem hatte sie trotzdem noch Zeit zu heiraten und sich liebevoll um Familie und Kinder zu kümmern. Ein sehr ungewöhnliches Leben - erzählt und musikalisch begleitet von den Potsdamer Musikern Christiane Gerhardt und Tilman Muthesius auf www.gamben.de

Café Eden im Park Sanssouci.
Café Eden im Park Sanssouci.

© Andreas Klaer

Paradiesisches
Nur zu Fuß oder mit Bollerwagen kommt man zum Café Eden im Park Sanssouci, gleich hinter dem Eingang am Kuhtor am Ende der Lennéstraße. Hier sitzt man in der Tat in einer paradiesischen Natur und Ruhe, dafür auch paradiesisch bodenständig, nämlich ausschließlich im Freien, auf Bierbänken oder im Liegestuhl, je nachdem, was man ergattert. Picknickdecken dürfen gerne ausgebreitet werden. Essen und Getränke gibt es per Selbstbedienung, Biogrillwurst, Eis, Kuchen, italienischer Kaffee, Bier und Wein. Der Inhaber will eigentlich nicht, dass wir über den Geheimtipp schreiben, sonst wird es zu voll, aber wir möchten Ihnen das nicht vorenthalten: Wer am anderen Ende des Parks unterwegs ist, bekommt im Mühlenhaus direkt neben der Historischen Mühle einen feinen Imbiss - derzeit ist allerdings nur am Wochenende von 12 bis 18 Uhr geöffnet.
Café Eden, geöffnet Dienstag bis Sonntag von 12 bis etwa 19 Uhr.

Empfehlungen heute von Steffi Pyanoe.

Was kann ich heute Gutes tun?

Potsdams Partnerstädten helfen
Die Ausbreitung des Coronavirus hat weltweit Folgen - auch in Potsdams Partnerstädten. Besonders die italienische Stadt Perugia und Sansibar können Unterstützung gut gebrauchen. In Perugia hilft die Stadt ihren Bürgerinnen und Bürgern mit einem Solidaritätsfond für Lebensmittel, der Freundeskreis Potsdam-Perugia sammelt Geld für diesen Fond. In Sansibar werden bedürftige Familien beispielsweise mit kostenlosen Masken unterstützt. Die Potsdamerin Martina Löffler engagiert sich hierfür. Alles über die Coronalage in Potsdams Partnerstädten lesen Sie hier
Wer für Perugia spenden möchte, kann einen Beitrag auf das Konto des Freundeskreises Potsdam-Perugia e.V. überweisen. Die IBAN lautet DE 16 1605 0000 1000 7386 94. Unter dem Vermerk sollte „Spende für Perugia“ stehen.
Informationen zu Spenden für Sansibar via E-Mail an martina.loeffler@textilconsulting.com

Wetter und Verkehr

Wetter
Vormittags ist es sonnig, im Tagesverlauf ziehen dann zunehmend Wolken auf.  Zum Abend hin sind Schauer möglich, der Wind weht mäßig. Die Höchsttemperatur liegt bei 23 Grad.

Verkehr

Der Potsdamer Verkehrsbetrieb lässt Busse und Bahnen heute wie an einem Freitag an Schultagen verkehren. Die Tramlinie 98 fährt nicht. Der Nachtverkehr ist planmäßig unterwegs.

Philipp Künstle.
Philipp Künstle.

© privat

Person des Tages

Philipp Künstle
Es ist nicht die einfachste Zeit, um die Geschäftsführung einer Einrichtung wie dem Babelsberger Erich Pommer Institut (EPI) zu übernehmen. Immerhin gilt das EPI, ein An-Institut der Filmuniversität Babelsberg, als einer der führenden Anbieter von Weiterbildungen in der Medienlandschaft - und diese lassen sich unter Coronabedingungen nur erschwert realisieren. Der neue Chef Philipp Künstle - er studierte unter anderem Populäre Musik und Medien und begann seine berufliche Laufbahn in Los Angeles -  ist trotzdem zuversichtlich. Das EPI habe mit speziellen Angeboten auf die Krise reagiert und werde "Medienschaffende mit seinem bewährten Praxisansatz weiter durch diese Zeit begleiten, um ihnen beim Neustart einen nennenswerten Vorteil zu bieten", verspricht Künstle. Seine Vorgängerin Nadja Radojevic, 14 Jahre EPI-Chefin, ist nach Köln gewechselt. 

Einen frohen Frei-Tag und bis morgen an dieser Stelle

Ihre Sabine Schicketanz

PNN-Chefredakteurin

Zur Startseite