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Vor vielen begeisterten Straßenbahn-Fans fuhr die erste Variobahn des Herstellers Stadler aus dem Tram-Depot des Potsdamer Verkehrsbetriebes und nahm den regulären Fahrgastbetrieb auf. Die Niederflurbahn ist von nun an zwischen Kirchsteigfeld und Kirschallee auf der Strecke.

© Manfred Thomas

Potsdam: Erste Variobahn auf Fahrt

Die erste Vario-Straßenbahn verkehrt seit Samstag auf der rund zwölf Kilometer langen Strecke vom Kirchsteigfeld zur Kirschallee. Beim Tag der offenen Tür auf dem Betriebshof der Verkehrsbetriebe waren 2000 Menschen.

Babelsberg – Die erste Vario-Straßenbahn verkehrt seit Samstag auf der rund zwölf Kilometer langen Strecke vom Kirchsteigfeld zur Kirschallee. Beim Tag der offenen Tür auf dem Betriebshof der Verkehrsbetriebe (ViP) fand am Samstag das feierliche „Roll out“ der Neuanschaffung statt. Unter Elektrogitarren-Klängen rollte der fünfteilige Zug mit Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) an der „Kurbel“ aus der Halle. Gemeinsam mit Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger (SPD) taufte er Potsdams erste Variobahn im Beisein von Gästen aus Potsdams Partnerstadt auf den Namen „Opole“. Die Sektflasche – aus Zucker – zerschellte beim ersten Versuch am Bug der mit polnischen und deutschen Farben geschmückten Tram.

Wie Bürgermeister Burkhard Exner (SPD) am Samstag gegenüber den PNN ankündigte, sollen bis 2004 insgesamt 18 Variobahnen geliefert werden. Finanzierungslücken sehe er für die zusätzlichen vier Fahrzeuge nicht. Die Bezahlung sei gesichert. „Über Kredite“, erklärt Exner, der in Personalunion Geschäftsführer der Stadtwerke-Holding, zu der die ViP gehört, ist. Bislang hat Potsdam 14 Variobahnen bei Stadler in Berlin-Pankow und Berlin-Hohenschönhausen fest bestellt und sich eine Option auf weitere vier Bahnen gesichert.

Potsdam ist eine wachsende Stadt und das bedeute für den Verkehr wachsende Herausforderungen, erklärte Jakobs in seiner Ansprache. Für neue Trassen und Fahrzeuge seien daher „Rieseninvestitionen“ nötig, die Potsdam nur mit Unterstützung des Landes aufbringen könne.

Neben der ersten Variobahn auf der Strecke stehen im Depot noch zwei weitere für Tests und zur Schulung des Fahr- und Werkstattpersonals. Die nächste geht im Oktober in den Fahrplanbetrieb.

Laut Holger Müssing vom Hersteller Stadler liegt der Preis einer „auf gutem Level“ ausgestatten Straßenbahn bei etwa 2,5 Millionen Euro. Als bedeutendste Verbesserung gegenüber den Tatra- und Combino-Zügen dürften die Fahrgäste die Klimatisierung wahrnehmen. Holpern, Rattern und das Quietschen der Räder in engen Kurven sollen der Vergangenheit angehören. Müssing erwähnt die doppelte Federung der 30 Meter langen Straßenbahn. Diese bringe ebenso einen höheren Fahrkomfort wie die fünf Millimeter höhere Polsterung der Sitze. ViP-Geschäftsführer Martin Grießner hob die Umstellung aller Bahnen auf „Niederflurigkeit“ hervor. „Der erhöhte Komfort verbessert die Nutzbarkeit unserer Straßenbahnen für alle Fahrgäste, insbesondere für mobilitätseingeschränkte Personen und Familien mit Kindern.“ Eberhard Bewer, der auf den Rollstuhl angewiesen ist und gestern beim „Roll out“ dabei war, sprach allerdings von „kleinen Macken“. Der frühere Vorsitzende des Behindertenbeirates kann mit seinem großen Rollstuhl den Schalter für die Wechselsprechanlage zum Fahrer nicht bedienen, weil sich dieser zu weit hinten befindet. Darauf angesprochen, sagt Stadler-Geschäftsführer Michael Daum: „Ich höre von diesem Problem das erste Mal, an sich haben wir alles mit den Behindertenverbänden abgesprochen“. Solch ein Mangel müsse der Hersteller abstellen. „Das kriegen wir hin“, verspricht Daum.

„Die Wartungsintervalle unterscheiden sich nicht von denen der anderen Modelle“, sagt der Leiter der Fahrzeuginstandsetzung, Rainer Munack. Immerhin lege jedes Fahrzeug täglich 300 Kilometer zurück, 80- bis 90 000 Kilometer im Jahr. Einmal jährlich werde jedes Fahrzeug gründlich geprüft, ein Kurz-Check finde alle vier Wochen statt.

Der Tag der offenen Tür am Samstagnachmittag fand großen Zuspruch. Schätzungsweise zweitausend Besucher, vor allem Familien mit Kindern, kamen auf den modernen ViP-Betriebshof, der in diesem Jahr zehn Jahre alt wird. Neben der Variobahn war ein restaurierter LindnerTriebwagen mit 18 Sitzplätzen aus dem Jahre 1907 der Star des Nachmittags. Um seine originalgetreue Wiederherstellung hatte sich der Verein „Historische Straßenbahn Potsdam“ verdient gemacht.

Günter Schenke

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