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Zukunft. So soll der Neubau am Patrizierweg aussehen.

© Visualisierung: B&O Bau und Gebäudetechnik GmbH

Potsdam baut: Bis zu 400 Wohnungen für Geflüchtete

Oberbürgermeister Mike Schubert stellte am Freitag kurzfristig Planungen für ein neues Wohnbauprogramm vor, was die Stadtteile Stern, Schlaatz und Golm betrifft

Potsdam- Die kommunale Bauholding Pro Potsdam will für Hunderte Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine ab nächstem Jahr bis zu 400 Wohnungen in seriell gefertigten Typenbauten errichten. Damit soll der Potsdamer Wohnungsmarkt entlastet werden. Die sechs Standorte dafür liegen in den Wohngebieten Stern und Schlaatz sowie im Ortsteil Golm. Die Pläne stellten Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) und Pro Potsdam-Chef Bert Nicke am Freitag der Presse vor. Demnach sollen mehr als 70 Millionen Euro investiert werden, die die Pro Potsdam über Kredite bezahlen und das Rathaus über das Anmieten der Häuser refinanzieren will.

Vorgesehen sind Häuser in Modulbauweise. Dabei werden Räume aus Beton oder Holz in der Fabrik vorgefertigt und dann vor Ort montiert, was kürzere Bauzeiten mit weniger Lärm und mehr Kostensicherheit ermöglicht. Für drei solcher Projekte seien schon Planungsaufträge vergeben, sagte Nicke.

Mehrgeschosser geplant

Demnach könnten so bis Mitte nächsten Jahres zwei bis zu viergeschossige Häuser mit einmal 22 und einmal bis zu 70 Wohnungen auf zwei heutigen Garagenstandorten in der Gluckstraße und am Patrizierweg errichtet werden. Hier stehe die Kündigung der Garagen ohnehin an, hieß es. Weitere kurzfristige Planungen betreffen den Eichenweg in Golm: Dort soll auf einem brach liegenden Ex-Sportplatz ein Dreigeschosser mit 78 Wohnungen errichtet werden. Kurzfristig realisieren lassen sollen sich auch mehrere Dreigeschosser mit bis zu 80 Wohnungen am Kossätenweg neben dem Bahnhof Golm – auf diesem Areal der Pro Potsdam waren bisher Wohnungen für Gastforscher der Wissenschaftsparks geplant. Genannt wurden auch 45 Wohnungen in einem Fünfgeschosser am Schlaatzer Wieselkiez. Kurzfristig öffnen werden demnächst zwei weitere Wohncontainer an der Pirschheide und der Zeppelinstraße für je 50 Personen.

Dass solche Projekte innerhalb des kommenden Jahres bezugsfertig errichtet werden könnten, liege auch an Entscheidungen der Bundesregierung, hieß es. So seien für den Bau von Flüchtlingswohnungen Erleichterungen beschlossen worden – sei es bei der Schaffung von Baurecht oder einfacheren Ausschreibungsregelungen. Angesichts des Zustroms von Flüchtlingen müsse man aber auch Wohnungen in einem Umfang bauen, wie Potsdam es noch nie erlebt habe, sagte Schubert. Rund 3000 Ukrainer:innen sind kurzfristig in der Stadt untergekommen, drei Viertel davon bei Privatvermietern, andere zum Beispiel in der Metropolishalle. Schubert sagte, ihm sei vor allem eine nachhaltige Nutzung der Neubauten wichtig – dass Unterkünfte später dem normalen Wohnungsmarkt zur Verfügung gestellt werden könnten.

Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD)
Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD)

© S. Stache /dpa

Zum Ende einer Woche, in der Schubert nach einer kritischen PNN-Analyse zur Lage im Rathaus und seinem Führungsstil unter Druck geraten war, wirkte die kurzfristig einberufene Pressekonferenz für den Oberbürgermeister wie ein Podium, seine Rolle bei den Planungen darzustellen. Er habe sich schon 2016 – damals noch als Sozialdezernent – in Hamburg und München angesehen, wie sich mit spezieller Bauweise, kommunalen Grundstücken und erleichterten gesetzlichen Bedingungen zügig neue Wohnungen schaffen lassen, sagte Schubert.

Betroffene noch außen vor

Die Pressekonferenz war vom Rathaus am frühen Freitagmorgen so eilig einberufen worden, dass viele Betroffene die weitreichenden Pläne für die Flüchtlingswohnungen noch nicht kennen – zum Beispiel der Ortsbeirat in Golm. Hier werde man noch informieren müssen, sagte Schubert. Pikant daran: Am heutigen Samstag findet ein lang geplanter Workshop statt – und zwar zum Thema, wie die seit Jahren von Misstrauen geprägte Zusammenarbeit zwischen den Ortsbeiräten in Potsdams Norden und der Stadtverwaltung wieder eine etwas solidere Vertrauensbasis erhalten kann.

Muss ein Parkplatz weichen?

Auch sind Teile der Planungen, die bisher nur am Mittwochabend im nicht-öffentlichen Teil des Hauptausschusses den Stadtverordneten vorgestellt worden waren, längst nicht abschließend geklärt. So soll am Standort Newton-/ Ziolkowskistraße – wo sich bisher ein größerer Parkplatz für das Wohngebiet Stern befindet – ein Sechsgeschosser mit bis zu 109 Wohnungen gebaut werden, direkt neben dort schon bestehenden Plattenbauten. Dort müsse das Baurecht noch geklärt werden, sagte Nicke. Auch die Kosten seien hier noch unklar, so der Pro Potsdam-Chef. Für die anderen fünf Standorte rechne man mit Gesamtkosten von 70 Millionen Euro, die ohne Fördermittel nur über Kredite gestemmt werden können.

Für den Standort Newtonstraße brachte Schubert die Idee ins Spiel, dort Stelzenbauweise zu nutzen – damit Fahrzeuge dennoch unter den neuen Wohnungen stehen könnten. Zumindest eine Reihe Parkplätze müsste auch für besagten Fünfgeschosser am Rande des Wieselkiezes weichen. Wann Anwohner dazu offiziell informiert werden, blieb am Freitag offen.

Diverse "Zielkonflikte"

Schubert machte deutlich, dass er sich der „Zielkonflikte“ bei dem Vorhaben bewusst sei – nicht nur in Bezug auf die wegfallenden Garagen und Parkplätze. Denn das Integrationskonzept der Stadt sieht eigentlich eine Unterbringung von Flüchtlingen in normalen Wohnungen vor – und nicht in extra errichteten Häusern. Man könnte sich da auch bessere Modelle vorstellen, räumte Schubert zwar ein. Allerdings seien die Förderinstrumente des Bundes, mit deren Hilfe schneller gebaut werden kann, nur auf die Nutzung für Flüchtlingsunterkünfte zugeschnitten. Die sechs Standorte seien immerhin allesamt in gut angebundenen Stadtteilen geplant, was auch bei der Integration helfen könne. Zugleich seien auch soziale Hilfs- und Beratungsangebote vor Ort vorgesehen, sagte Nicke.

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