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Pogida-Protest und Gegenproteste in Potsdam: Potsdam will Pogida entgegentreten

Auf dem nördlichen Teil des Bassinplatzes findet am heutigen Abend die Pogida-Kundgebung statt. Pogida-Gegner wollen sich auf dem südlichen Teil des Platzes versammeln und friedlich protestieren - und die Polizei will beide Gruppen trennen.

Von Matthias Matern

Potsdam - Mit einer Kundgebung, Tanz und Musik will sich das Bündnis „Potsdam! bekennt Farbe“ am heutigen Mittwochabend ab 18 Uhr auf dem Bassinplatz friedlich der zweiten Demonstration nach Vorbild der fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung innerhalb gut einer Woche entgegenstellen – von den Pogida-Teilnehmern getrennt durch ein Polizeiaufgebot und die katholische Kirche St. Peter und Paul. „Es ist wichtig, dass wir jetzt zum Ausdruck bringen, dass Potsdam eine weltoffene Stadt ist und wir in der Lage sind, einen friedlichen Protest zu organisieren“, sagte Oberbürgermeister und Vorsitzender des Bündnisses, Jann Jakobs (SPD), am Dienstag vor Journalisten.

Wie berichtet war es nach der ersten Pogida-Veranstaltung vergangenen Montag zu schweren Ausschreitungen in der Innenstadt gekommen. Mutmaßlich linksradikale Gegendemonstranten hatten die Busse der Pogida-Teilnehmer mit Steinen und Flaschen angegriffen. Später kam es auch zu Angriffen auf die Polizei. Insgesamt wurden acht Beamte und zahlreiche Demonstranten verletzt sowie die Innenstadt in Teilen verwüstet.

Pogida am nördlichen Bassinplatz, Gegner am südlichen Platz

Als eine der Ursachen für die Eskalation der Gewalt nannte Jakobs am Dienstag die „Zersplitterung der Gegenveranstaltungen“ vergangene Woche. Während sich die Pogida-Teilnehmer am Bassinplatz hatten treffen wollen, war die offizielle Gegenveranstaltung der Stadt in den Lustgarten verlegt worden. Im Verlauf des Abends zogen jedoch mehrere Gruppen gewaltbereiter Pogida-Gegner dessen ungeachtet zum Bassinplatz. „Es ist wichtig, dass wir dieses Mal am Ort des Geschehens sind, nicht wie in der letzten Woche“, sagte Jakobs.

Geplant ist, dass die Pogida-Teilnehmer sich ausschließlich auf dem nördlichen Teil des Bassinplatzes, zwischen der Kirche St. Peter und Paul und der Gutenbergstraße, aufhalten und der südliche Teil des Platzes bis zur Charlottenstraße den Besuchern der Gegenveranstaltung vorbehalten bleibt (siehe Grafik). „Dazwischen wird Polizei sein“, sagte Jakobs am Dienstag. Seines Wissens sei allerdings auch wieder ein sogenannter Spaziergang der Pogida-Teilnehmer geplant. Was daraus werde, bleibe aber abzuwarten, so der Oberbürgermeister. „Was die Rechten vorhaben, wissen wir im Detail nicht.“

Jakobs bezeichnet Pogida-Akteure als "importierte Ideologen"

Bereits am Montag hatte die Stadt für den heutigen Mittwoch in der Zeit von 17 bis 24 Uhr ein Flaschen- und Glasverbot auf dem Bassinplatz und seinen angrenzenden Straßen ausgesprochen. Damit soll verhindert werden, dass potenzielle Randalierer sich mit Wurfgeschossen eindecken können. Rund um das Areal soll es entsprechende Kontrollen geben. Zudem würden Stadt und Polizei dafür sorgen, dass der Platz durch zusätzliches Flutlicht ausreichend ausgeleuchtet sei, sagte Jakobs am Dienstag. Sollte es dennoch auf dem Bassinplatz zu Ausschreitungen kommen, könnten Randalierer dieses Mal explizit angesprochen werden, unter anderem von städtischen Ordnungskräften. Anders als in der vergangenen Woche dürfe es keinesfalls dazu kommen, dass der freie Abzug der Pogida-Teilnehmer verhindert werde, sollte es dazu kommen, dass deren Veranstaltung abgebrochen werden müsse. „Wir wollen ja, dass sie möglichst schnell wieder gehen“, sagte Jakob.

Die Organisatoren und Hauptakteure der Pogida-Veranstaltung bezeichnete Jakobs als „importierte Ideologen“, deren Ziel es sei, auf die Stadt eine Situation zu übertragen, die dort nichts zu suchen habe. „Es gibt hier keine fremdenfeindlichen Tendenzen.“ Auf die Ankündigung der Pogida-Organisatoren, in Potsdam künftig regelmäßig solche Veranstaltungen durchzuführen, sei die Stadt vorbereitet. Mit dem Bündnis „Potsdam! bekennt Farbe“, dem zahlreiche Organisationen angehörten, verfüge Potsdam über eine gute Infrastruktur und decke damit ein „breites gesellschaftliches Spektrum“ ab.

Reden und Musik gegen Pogida

An der Gegenveranstaltung ab 18 Uhr nehmen laut Jakobs unter anderem alle Fraktions- und Parteivorsitzenden sämtlicher „demokratischer Parteien der Stadtverordnetenversammlung“ teil. Auch die brandenburgischen Landtagsfraktionen von SPD und Die Linke hätten ihre Teilnahme zugesagt. Die Landtagssitzung wird dafür unterbrochen.

Eröffnet werden soll die Veranstaltung von Jakobs selbst. Auch eine Rede des Imams der Potsdamer Al Farouk Moschee und ersten Vorsitzenden des Vereins der Muslime in Potsdam, Kamal Mohamad Abdallah, ist geplant. Ferner soll es ein Konzert eines 30-köpfigen Chors unter der Leitung von Hildegard Rugenstein, Pastorin der französisch-reformierten Gemeinde in Potsdam, geben. Ebenfalls geplant sind ein Auftritt der Potsdamer Band „Footprint Project“ und einer Trommlergruppe. Gegen die zu erwartende Kälte soll gemeinsames Tanzen helfen.

Zum zeitlichen Ablauf:

- ab 18 Uhr Pogida-Gegenkundgebung am südlichen Bassinplatz vom Bündnis "Potsdam bekennt Farbe" für Weltoffenheit und Toleranz. Mehr Infos >>

- ab 18.30 Uhr Bassinplatz "Pogida"-Kundgebung

Hinweis in eigener Sache: Auch heute Abend sind unsere Reporter vor Ort. Was am Abend passiert, lesen Sie hier >>

Sie können das Geschehen auch zeitnah auf dem Twitteraccount der PNN verfolgen.

Update: Der Fernsehsender Phoenix will am Donnerstag mehrfach live vom Bassinplatz um 9, 12 und 14 Uhr berichten. Das Thema lautet "Wie tickt Deutschland? - Die Flüchtlingskrise", Gesprächspartner werden unter anderem Frank Thomann (Fachbereichsleiter Soziales und Gesundheit der Stadt Potsdam), Rosie Ellies (Soziale Stadt Potsdam e.V.) und Theodora Zeidler und Frank Brandt von der Friedrich-Wilhelm-von-Steuben-Gesamtschule sein.

Lesen Sie weiter: Auch Nazis dürfen sich versammeln und demonstrieren. Die Polizei muss sich bei der Durchsetzung eines Grundrechts – hier der Versammlungsfreiheit – neutral verhalten. Demokratie muss das aushalten. Ein Kommentar >>

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