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Podiumsdiskussion im Jugendclub: Direktkandidaten für Potsdam: Politik ohne Jugend

Die Podiumsdiskussion im Jugendclub 91 mit den Potsdamer Direktkandidaten zur Bundestagswahl hatte sich insbesondere an Jugendliche gerichtet. Es kamen aber hauptsächlich Senioren auf die Veranstaltung.

Von Valerie Barsig

Potsdam-West - Es ist die Generation 60 plus, die ihren Weg in den Jugendclub 91 gefunden hat. Sie sitzen in den vorderen Reihen, jemand hat seinen Rollator mitgebracht. Rund 50 Besucher sind am Dienstag in den Club gekommen, um sich eine Podiumsdiskussion mit den Potsdamer Direktkandidaten für die Bundestagswahl im September anzuhören. Nur etwa zehn der 50 Besucher an diesem Dienstag sind Jugendliche. Sie sitzen ganz hinten in einer Sofaecke. Am Ende der Veranstaltung werden gerade einmal zwei von ihnen noch auf der gemütlichen Couch sitzen. Einer der beiden trägt ein Trikot mit der Aufschrift „Heimat. Aber sicher – 61 – Saskia Ludwig“.

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Ein „Abgeordneten-Talk im Club“ sollte es werden, mit Manja Schüle (SPD), Annalena Baerbock (Grüne), Saskia Ludwig (CDU), Norbert Müller (Linke) und Linda Teuteberg (FDP) – alle kandidieren bei der Bundestagswahl im Potsdamer Wahlkreis 61. Moderiert von Peter Neumann vom Club 91 geht es an diesem Abend um Themen wie Bildungspolitik, Wählen mit 16, den Dieselskandal, das NPD-Verbot, Wirtschaftssanktionen gegen Russland und die AfD – ein Rundumschlag. Der 21-jährige Jens Brüllke und der 19-jährige Steven Frohnauer sind mit Freunden gekommen. „Ich kannte die Politiker gar nicht“, sagt Brüllke. Er habe sich aber ein Bild der Direktkandidaten machen wollen. Frohnauer ist nicht zum ersten Mal auf einer Veranstaltung mit Politikern. „Es ist gut, um einen Kontakt herzustellen. Am Ende hat mich allerdings keiner der Kandidaten überzeugt“, sagt er hinterher. Ein wenig den Mut verloren, Fragen zu stellen, hätten sie bei der Präsenz der Älteren schon, geben beide zu – die Fragen später kommen nur von ihnen.

Politikverdrossenheit unter Jugendlichen? Offenbar kein Thema

„Das Talk-Format ist für alle Potsdamer offen“, sagt Clubmitarbeiter und Moderator Neumann. Bei einer Politrunde sei man vonseiten des Clubs aber durchaus zufrieden, wenn überhaupt Jugendliche kämen. Und auch die Sommerferien spielten eine Rolle. Von Politikverdrossenheit will auf PNN-Anfrage auch keiner der Direktkandidaten sprechen. Grünen-Politikerin Baerbock sieht im Ausbleiben der Jugendlichen kein Alarmsignal. Junge Menschen seien ihrer Erfahrung nach durchaus politikinteressiert und das auch an den gleichen Themen wie Erwachsene. „Sie bewerten sie nur anders.“ Diskutiert werden müsse über die Formate, die Jugendliche ansprechen.

„Natürlich hätte ich mir noch mehr Teilnehmer gewünscht, so wie wir alle uns oft ein noch größeres Interesse an politischen Veranstaltungen wünschen“, sagt SPD-Kandidatin Schüle. Sie habe in den vergangenen Monaten aber mit vielen Jugendlichen gesprochen, die sie als „ausgesprochen interessiert und informiert“ wahrgenommen habe.

„Abgesehen von einigen aktuellen Themen hätten mir die Politiker vor vier Jahren dasselbe erzählt“

Der 19-jährige Frohnauer erzählt, dass er seinen Freund überreden musste, überhaupt mit zu der Veranstaltung zu kommen. Für ihn sei die Diskussion eine klassische Wahlveranstaltung. „Abgesehen von einigen aktuellen Themen hätten mir die Politiker vor vier Jahren dasselbe erzählt.“ Das Format der Podiumsdiskussion gefalle ihm schon, allerdings sehe er vor allem ein Problem in der Sprache der Politiker. „Gerade für die 15- und 16-Jährigen könnten sie auch genauso gut Swahili reden.“ Das Problem sieht auch Baerbock. Sie gibt außerdem selbstkritisch zu, dass man die Jugendlichen auf der Couch vielleicht noch einmal direkt hätte ansprechen müssen. Einen solchen Versuch unternimmt FDP-Kandidatin Teuteberg am Anfang der Diskussion – er geht im Verlauf aber unter. Vielleicht auch, weil Moderator Neumann dies zu wenig forciert. Er habe keinen Jugendlichen zu Fragen zwingen können, sagt er. Auch geht er wenig dazwischen; viele Kandidaten-Statements seien schlicht zu lang gewesen, so Brüllke. Nach einer Stunde sei seine Aufmerksamkeit weg gewesen. „So eine Podiumsdiskussion kann super funktionieren“, sagt auch Frohnauer. „Das steht und fällt aber mit den Gästen.“

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Dabei ist die Diskussion zwischenzeitlich durchaus energiegeladen – vor allem beim Thema AfD. Ihr Direktkandidat René Springer ist nicht eingeladen: Ludwig hätte ihn „gern mit Argumenten geschlagen“. Sie halte es für falsch, nicht mit der AfD zu reden. Daraufhin platzt Baerbock der Kragen. Es „grenze an Verleumdung“ anderen Parteien zu unterstellen, nicht mit der AfD zu sprechen, Schüle pflichtet ihr bei. Ludwig weist weiterhin darauf hin, dass Themen wie Sicherheit nicht falsch seien, nur weil die AfD sie besetze. Auf die Ansprache eines Mannes aus dem Publikum zur Kritik Ludwigs am neuen Platz für die Moschee Am Kanal folgt ein heftiger Wortwechsel. Sie sei nicht gegen die Moschee, sondern wolle wissen, was dort gepredigt werde. Dass sie mit ihrer Meinung massiv die Religionsfreiheit unterwandere, wirft der Mann ihr vor. Ludwig weist das zurück. Zu diesem Zeitpunkt hat sich das Sofa mit den Jugendlichen in der Ecke schon begonnen, zu leeren.

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Kommentar: Parteien und ihre Kandidaten müssen sich mehr Gedanken darüber machen, mit welchen Konzepten sie Jugendliche erreichen können, meint PNN-Autorin Valerie Barsig in ihrem Kommentar.

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