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Florian Rumprecht wurde 1990 in Berlin-Köpenick geboren und lebte dort zwölf Jahre lang. Seine Jugend verbrachte er in einem Dorf im nördlichen Brandenburg, bevor er 2010 zum Studium nach Potsdam kam. 

© Andreas Klaer

PNN-Serie zur Oberbürgermeisterwahl: „Ich fühle mich massiv unterrepräsentiert“

Die PNN fragen Potsdamer vor der Oberbürgermeisterwahl, was sie vom neuen Stadtoberhaupt erwarten. Der Uni-Student Florian Rumprecht wünscht sich vor allem mehr günstige Wohnungen in Potsdam - und kulturelle Rückzugsorte.

Von Valerie Barsig

Eigentlich wollte er ja nach Berlin. „So geht es immer los“, sagt Florian Rumprecht und grinst. Der 28-Jährige studiert Mathe mit Nebenfach Informatik. Der Student kommt aus Fürstenberg/Havel, ist aber zwischenzeitlich zum Potsdamer geworden. 2010 begann er sein Studium an der Universität Potsdam, weil es ihm die Landeshauptstadt dann doch angetan hatte. „Ich dachte damals, hier eine Wohnung zu finden, wird kein Problem“, erzählt er. Gerade so ergatterte er für 190 Euro einen Platz im Wohnheim, nach acht Semestern war dann trotz allen Flehens und Bettelns Schluss. „Auch der Blumenstrauß für die Betreuerin beim Studentenwerk hat nicht geholfen“, scherzt Rumprecht.

Anderthalb Jahre lang dauerte es, bis er die Wohnung gefunden hatte, in der er nun mit einem Freund wohnt. „Zum Glück habe ich rechtzeitig angefangen zu suchen.“ Das studentische Wohnen ist das Thema, das ihn im Oberbürgermeisterwahlkampf am meisten beschäftigt.

„Die neue Studentengeneration ist politisch“

Rumprecht war selbst engagiert, etwa im Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) und im Studierendenparlament. Er hilft bei der Organisation von „Golm rockt“ und arbeitet für den Studentenverein Nil. Engagement gehört für ihn einfach dazu: „Ehrenamtliche Strukturen sind wahnsinnig wichtig“, sagt er. Er habe das Gefühl, sich einbringen zu können. Politisch aktiv ist er nicht, würde sich das aber künftig offenhalten. „Ich respektiere den harten Job von Politikern. Sie schlagen Brücken zwischen unendlich weit voneinander entfernten Ufern.“ Politisch einordnen würde er sich eher links, sagt er. Deshalb sehe sich Rumprecht, so sagt er, auch von allen Oberbürgermeisterkandidaten am ehesten von Lutz Boede vertreten, der für die Fraktion Die Andere im Wahlkampf antritt.

Aber, so sagt der 28-Jährige, die Studenten in Potsdam und der Oberbürgermeisterwahlkampf, das sei so eine Sache. „Viele Studenten denken über die Stadtpolitik gar nicht nach“, kritisiert Rumprecht. Gleichzeitig würden aber auch die Kandidaten sich kaum für die Studenten interessieren. „Ich fühle mich massiv unterrepräsentiert“, gibt er zu. Natürlich liege es auch an den Studenten selbst, sich einzubringen. „Zum Beispiel steht in unserer Studentenzeitung nichts zum Oberbürgermeisterwahlkampf“, kritisiert Rumprecht. Aber gerade junge Menschen, die neu nach Potsdam kämen, auch politisch einzubinden, findet er wichtig – beispielsweise über ein Begrüßungsgeld, wenn man Potsdam als Erstwohnsitz anmeldet. „Das ist ein Anreiz, sich mit der Stadt zu beschäftigen.“ Zumal der Moment günstig sei: „Die neue Studentengeneration ist politisch“, sagt er. Das liege auch an den Diskussionen rund um Geflüchtete und die AfD.

Warum in den Urlaub fahren?

Gerade in Sachen Wohnen habe er sich von der Stadtpolitik bisher mehr erhofft. Insbesondere private Studentenwohnheime wie zum Beispiel das Basecamp in Golm sieht er kritisch. Die Stadt solle die Flächen lieber dem Studentenwerk für den Bau von Wohnheimen mit angemessenen Mietpreisen zur Verfügung stellen, so Rumprecht. Das gelte auch für Flächen in Potsdams Mitte – deshalb will er sich auch vor den Resten der Fachhochschule am Alten Markt fotografieren lassen. Potsdams Wohnproblem manifestiert sich für ihn an diesem Ort.Auch ein weiteres Thema sieht er für die Stadt als zentral an: Die Fronten zwischen Kultureinrichtungen wie dem Kuze und den Nachbarn würden sich immer mehr verhärten. „Das Kuze ist einmalig“, sagt Rumprecht. Wegen der Lautstärke, die oft draußen herrsche, gebe es aber häufig Probleme. Aus Rumprechts Sicht könne die Stadt bei solchen Konflikten als Vermittler helfen. „Außerdem muss man auf Diversität setzen“, betont der 28-Jährige. Damit spiele er auf das alternative Jugendzentrum Freiland an, das unbedingt erhalten bleiben müsse. 

„Potsdam bietet viele Feste an“, sagt Rumprecht. Gerade im Sommer wüsste er manchmal gar nicht, warum Potsdamer in den Urlaub fahren wollten, scherzt er. „Aber: Was ist im Winter?“ Insbesondere junge Menschen bräuchten kulturelle Rückzugsorte, die gefördert werden müssten, dazu zähle beispielsweise auch der Wohnblock Staudenhof als Ort der Integration, für den ein Abriss-Moratorium bis 2022 gilt. „Das ist vielleicht nicht der Nummer-eins-Touristenspot“, sagt Rumprecht. „Aber wegnehmen sollte man ihn nicht.“ Es müsse auch weiterhin geförderte Angebote geben, in denen Studenten für einen schmalen Taler ein Bier bekämen – dazu zählen für ihn in der Innenstadt beispielsweise die Kneipe Olga, in der es Bier für einen Euro gibt oder das Pub à la Pub, das ebenfalls ehrenamtlich betrieben wird.

Ob er ein Idealist sei? Rumprecht bejaht. „Aber ein pragmatischer.“ Und fügt hinzu: „Wenn man nicht weiß, wohin man laufen soll, wird auch nichts besser. Denn dann verläuft man sich.“ Das gelte auch für den Wahlkampf.

Folge 2. Der nächste Teil der Serie „Potsdam-Realitätscheck“ zur Oberbürgermeisterwahl erscheint am Dienstag, dem 28. August, in den Potsdamer Neuesten Nachrichten

OB-Wahl in Potsdam: Der PNN-Talk im Mercure

Die Potsdamer Neuesten Nachrichten wollen vor der Potsdamer Oberbürgermeisterwahl am 23. September zur demokratischen Meinungsbildung und zum politischen Diskurs beitragen. Leserinnen und Leser der PNN und alle Interessierten laden wir daher zu zwei Veranstaltungen ein: Am Freitag, dem 7. September, findet ab 21 Uhr (Einlass 20.30) in der 17. Etage des Hotel Mercure der Late-Night-Talk der PNN statt. Das Motto: Sechs Kandidaten – sechs Tische – 90 Minuten. Mit Panoramablick auf Potsdam treffen die Teilnehmer die sechs Kandidatinnen und Kandidaten und stellen ihre Fragen. Ganz direkt, ganz persönlich: An den sechs Tischen sitzen je acht Leserinnen und Leser, ein PNN-Redakteur – und für jeweils eine Viertelstunde jeder der Kandidaten.

Am Montag, dem 17. September, beginnt um 18 Uhr (Einlass 17.30 Uhr) die Podiumsdiskussion der PNN im Großen Saal der IHK in der Breite Straße 2 a-c. Erleben Sie die Kandidatinnen und Kandidaten in politischer Auseinandersetzung zur Lage der Stadt; es moderieren Sabine Schicketanz (Chefredakteurin) und Marion Kaufmann (stellv. Chefredakteurin). Eine Anmeldung über die Internetadresse www.pnn.de/ob2018 ist notwendig. Die Teilnahme ist kostenfrei, die Platzzahl begrenzt. Bei mehr Anmeldungen als Plätzen entscheidet das Los.

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