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Britney Nyarori ist fast 15 Jahre alt, sie lebt mit ihrem kleinen Bruder und ihrer Mutter in Potsdam. Das Mädchen wäre lieber in ihrer Heimat geblieben, die sie sehr vermisst.

© Andreas Klaer

PNN-Serie: Was aus den Willkommensschülern wurde: „In Kenia war mein Leben besser“

Über die Willkommensklasse der Potsdamer DaVinci-Gesamtschule haben die PNN schon oft berichtet. Nun wollten wir wissen, wie es für die Schüler danach weiterging und haben einige von ihnen aufgespürt. Heute: Britney Nyarori aus Kenia.

Das Schlimmste ist das Wetter. „Hier ist es immer so kalt“, sagt Britney Nyarori. Die 14-Jährige, „fast 15“, kam vor zwei Jahren mit ihrer Mutter und ihrem kleinen Bruder aus der Stadt Karen Ngong in Kenia nach Deutschland. Wie es ihr in Potsdam gefällt? „Es ist ok.“ Sehr enthusiastisch klingt sie nicht, eher so, als hätte sie sich damit abgefunden.

Politische Probleme

Die Sehnsucht nach ihrer Heimat ist stark. „In Kenia war mein Leben besser als jetzt“, sagt das junge Mädchen mit dem hochgesteckten Haar, schlägt die Beine übereinander und wippt mit den hochhackigen Schuhen. „Meine Mutter war Krankenschwester, sie hat gut verdient, wir hatten ein eigenes Haus“, erinnert sich Britney wehmütig. Dann jedoch reisten sie aus. „Wegen politischen Problemen“, sagt sie, Details kennt sie nicht oder will nicht darüber reden. Sie spricht nicht sehr viel, antwortet auf einige Fragen eher wortkarg. Viele in der Familie seien Politiker gewesen, erklärt sie noch, da habe es Konflikte gegeben.

Mit dem Flugzeug reiste die Familie – die Mutter ist alleinerziehend – erst nach Katar und von dort mit einem Touristenvisum nach Italien. Dann ging es weiter nach Deutschland. Ihre Mutter hatte eine Freundin in Groß Glienicke, so kamen sie auf Potsdam, beantragten Asyl. Den aktuellen Stand des Verfahrens kennt das Mädchen nicht. „Auf einmal hatte ich mein Luxus-Leben nicht mehr“, so nennt Britney es selbst. Es gebe vieles, was sie vermisse. „Ich wäre lieber in Kenia geblieben.“

Aber sie arrangierte sich. Die Willkommensklasse der DaVinci-Gesamtschule hat ihr gut gefallen, dorthin kam sie nach der Ankunft. „Es hat Spaß gemacht, so viel über andere Länder zu lernen“, beschreibt sie. Denn die Mitschüler kamen aus aller Welt, sie einte lediglich, dass sie kein Deutsch sprachen und neu in Potsdam waren. Britney lernte die Sprache recht leicht, sagt sie. „Reden fällt mir nicht schwer, das Schreiben ist aber nicht immer einfach.“

Nebenher noch Chinesisch gelernt

Mittlerweile besucht sie die achte Klasse der Gesamtschule, wo sie nach der Willkommensklasse bleiben konnte. Sie habe gute Noten, sagt sie, „außer in Deutsch und Sport“. Manchmal gehe es für sie sogar ein bisschen langsam voran in der Schule. „In Kenia war ich in einem Internat, eine sehr gute Schule, die viel strenger war als hier“, beschreibt Britney. Sie habe viel gelernt dort – und einiges hier sei deshalb nun Wiederholung.

Deshalb lernt sie nebenher noch Chinesisch. Eine Freundin von ihr schaue immer chinesische Fernsehserien, das fand sie toll und fing auch damit an. Schnell wurde ein Hobby daraus. „Meine Mutter war auch mal in China, ich würde gerne dorthin reisen“, sagt die 14-Jährige.

Wenn sie nicht gerade chinesische Fernsehserien schaut, trifft sie sich mit Freundinnen oder geht auf Partys. „Aber Partys in Nigeria sind lockerer, die Leute essen ganz viel, tanzen ganz viel und sind lustig. Hier sitzen die meisten herum“, sagt das Mädchen. Was sie dann mache? „Ich setze mich dazu und passe mich an.“

Karen Ngong ist lauter als Potsdam

Auch sonst gebe es in Potsdam weniger Geräusche als in ihrer Heimat, sei weniger los als in Kenia. Britney wohnt mit ihrer Mutter und dem kleinen Bruder in einer Wohnung am Stern. Und auch dort sei es draußen nicht so bunt und laut wie in Karen Ngong. „Ihr feiert so leise“, sagt sie durchaus bedauernd. Für ihre Mutter sei es auch nicht einfach in Potsdam, als Krankenschwester kann sie bisher nicht arbeiten. Sie ist in der Pflege tätig, lernt ebenfalls Deutsch, um mit einem ausreichenden Sprachniveau wieder in ihren Beruf zurück zu können.

Was genau sie selbst später einmal machen möchte, überlegt Britney noch. Zwei Alternativen hat sie im Kopf, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Anwältin oder Nonne. „Wenn ich hier Jura studiere, kann ich reich werden, oder ich gehe zurück nach Nigeria und kann mit einem deutschen Diplom dort reich werden“, sagt sie. Sollte das nicht klappen, würde sie gerne in ein katholisches Kloster gehen. „Da muss man nicht so viel nachdenken.“ Britney ist religiös, sehr sogar, so beschreibt sie es. Mit ihrer Mutter geht sie regelmäßig in die Kirche, nach Berlin, eine amerikanische Gemeinde sei das. „Der religiöse Weg ist besser“, davon ist sie überzeugt. Wie das zusammenpasst mit den Partys? „Bis dahin kann ich ja noch genug feiern“, sagt sie und lächelt den Widerspruch weg.

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