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PNN-Serie "Das neue Potsdam": Rote Kasernen (8): Wohnen in den Roten Kasernen

In den Roten Kasernen wohnten erst preußische, zuletzt russische Soldaten. Heute lebt man hier schick im Denkmal.

Potsdam wächst rasant, überall in der Stadt schießen neue Wohnviertel empor. Doch wie lebt es sich dort eigentlich? Die PNN besuchen die Quartiere und stellen sie in der Serie„Das neue Potsdam“ vor. Dieses Mal: Rote Kasernen (Folge 8).

Nauener Vorstadt - Es muss eine Stadt in der Stadt gewesen sein, oder eher am Stadtrand. Die Roten Kasernen an der Nedlitzer Straße in Potsdams Norden wurden Ende des 19. Jahrhunderts für Hunderte Soldaten und Offiziere gebaut. Zu dem 2. und 4. Garde-Feldartillerie-Regiment gehörten natürlich auch jede Menge Pferde. Architekt Robert Klingelhöffer entwarf damals im Auftrag der preußischen Regierung hochmoderne Kasernenbauten mit allem, was dazu gehört, Wohngebäude für Mannschaften und Offiziere, Verwaltungsgebäude, Stallungen, Werkstätten, Wirtschaftsgebäude, Bäckerei, Lager und Krankenstall. Neogotik mit Spitzbögen, Zinnen und rotem Klinker – daher der Name, der nach 1945, als die sowjetische Armee die kleine Stadt übernahm, im doppelten Sinne passte.

Die russischen Truppen zogen ab, das Areal stand 1993 leer

Dann zogen die russischen Truppen ab und 1993 stand das Areal leer. Was tun mit dem abgewohnten Komplex? Ein Teil der besonders verfallenen Gebäude wurde abgerissen. Der Rest bekam Denkmalschutzstatus und einen B-Plan. Wohnen und Gewerbe wollte man hier ansiedeln. Weil letzteres weniger nachgefragt war, Wohnungen um so mehr, justierte man nach zugunsten von Wohnraum. Sanierung und Umbau wurde von privaten Investoren realisiert. Heute gibt es hier etwa 600 Wohneinheiten.

2008 zogen die ersten Mieter in das wohl markanteste Gebäude, das Chateau Palmeraie. Hier waren früher zwar nur Kleiderkammer und Bäckerei untergebracht, aber der weiße Sandsteinzieraufsatz auf dem Mittelrisalit ist weithin sichtbar – ein Obelisk mit vergoldeter Krone und Königsinitialen. Das wuchtige Gebäude wurde bei der Sanierung zum Teil entkernt und bekam einen Lichthof, von dem die 27 Wohneinheiten über Laubengänge zu erreichen sind. Hier im Tageslicht sollten, so war es gedacht, einmal große Palmen wachsen. Aber da war irgendwie der Wurm drin, sagt eine Anwohnerin, jedenfalls wurden die echten mit künstlichen ersetzt. Echt sind die Kübelpflanzen, die vor einigen Wohnungstüren überwintern. Auch Kinderwagen stehen hier geparkt, und mitten drin der Gipsabdruck einer Sandsteinskulptur, ein mächtiger Pferdekopf aus der Figurengruppe auf dem Dach.

Vornehm, ruhig, aufgeräumt

Alles hier ist eher vornehm und aufgeräumt. Und ruhig. Sie wohne sehr gerne hier, sagt die Dame, die vom Einkaufen kommt, fußläufig auf der anderen Seite der Nedlitzer Allee gibt es Supermärkte, Bioladen und Drogeriemarkt, ein Bäcker ist um die Ecke. Was fehlt, sei eine Apotheke und vielleicht ein Arzt. Dafür muss man dann doch etwas weiter laufen. Aber vielleicht kommt das ja noch.

Dass das Kasernenareal, immerhin fast ein Dutzend größerer Häuser, ein bisschen weit ab vom Schuss ist, findet Martin gar nicht. Er ist 15 Jahre alt und wohnt seit ein paar Monaten mit seiner Familie in einem Reihenhaus. Aus Darmstadt sind sie her gezogen. Ist ziemlich schön hier, sagt er, im Sommer hat er die Umgebung erkundet, war am und im Jungfernsee. Ihm fehlt hier nichts, mit dem Fahrrad ist er sowieso schnell in der Innenstadt. Auch zur Schule fährt er mit dem Rad – bis in den Schlaatz. Nur dort hat er einen Platz auf einer Gesamtschule bekommen, aber das sei schon ok.

1800 Euro warm für eine Wohnung

Hinter einer Häuserzeile wird gearbeitet, ein junger Mann flext sich auf dem Rasen seines Minigartens Fliesen zurecht. „Wenn mir was gefällt, dann mach ich das eben“, sagt er. Denn eigentlich ist die Wohnung – 150 Quadratmeter Reihenendhaus – schon fertig. Er, seine Freundin und der Hund sind vor vier Wochen aus Brandenburg an der Havel nach Potsdam gezogen und noch beim Einrichten. Das hübsche Eingangsportal am Giebel ist schon weihnachtlich geschmückt, seine Freundin hat aber noch viel mehr Ideen, was man daraus machen kann. 1800 Euro warm finden sie – er ist Finanzberater, sie arbeitet im Dorinthotel – fair für die Wohnung. Warum sie ausgerechnet hier wohnen? „Weil’s ne geile Hütte ist“, sagt André Nitschke begeistert über den Gebäuderiegel, der früher Pferdestall war. Fünf Meter Deckenhöhe, Galerie, und die Nachbarschaft stimmt, „wenn Sie wissen, was ich meine“. Die Autos parken in Sichtweite. Alles passt. Wenn sie Party brauchen, fahren sie eben rein nach Potsdam, sind doch alles keine Entfernungen. Dass es ein paar Vorschriften gibt bezüglich der Terrassen- und Balkongestaltung, können sie verstehen. Es soll eben halbwegs ordentlich aussehen.

Über so etwas macht sich die alte Dame, die am Vormittag mit dem Rollator einkaufen geht, wenig Gedanken. Sie wohnt in der Seniorenresidenz „Haus am Pfingstberg“. Die Einrichtung für betreutes Wohnen gehört zur Kurfürstenstift GmbH. In dem Haus zwischen Graf-von-Schwerin-Straße und Nedlitzer Straße ist es etwas lauter als im Hinterland, durch die Hauptstraße ballern auch mal ein paar Laster, dazu kommen die Linienbusse. Nicht so schlimm, sagt die Frau, die Fenster nach vorne seien gut isoliert, da hört man nichts mehr vom Verkehr. Ansonsten gibt es ja genug Erholungsgebiet drum herum. „Wir gehen gerne in den Bugapark.“

Wo einst Soldaten exerzierten, spielen heute Kinder

Ganz so weit müsste man gar nicht gehen. Auch zwischen den einstigen Kasernengebäuden gibt es viel Grün, die Abstände zwischen den Häusern sind groß, ein Luxus, den sich Bauträger heute nur noch selten gönnen. Dazwischen, wo einst Soldaten exerzierten, befinden sich heute nicht nur Anliegerparkplätze, sondern vor allem Kinderspielplätze und Gartenanlagen. Das kompensiert die relative Nähe zu den seitlichen Nachbarn. Wer ein Reihenhaus hat, muss damit klar kommen, dass der Nachbar auf der Terrasse mithört. Das gesamte Areal, Reihenhäuser, Wohnungen diverser Größe, Lofts und Maisonnetten, ist gut vermarktet und nachgefragt. Auch wenn hier gern mal der Wind durchfegt, aus der Lennéschen Feldflur hinüber zum Jungfernsee und Nedlitzer Holz, und das Areal an sich – wie von jeher – einen eher homogenen Siedlungscharakter aufweist. Dafür bekommt man hochwertiges Wohnen im preußischen Denkmal. Keine schnelle Platte, sondern Stein auf Stein. „Geile Hütte“ eben.

Die nächste Folge lesen Sie am Freitag in Ihren PNN.

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