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PNN-Interview über geflüchtete Frauen in Potsdam: „Kaum zu leisten“

Frauenzentrum-Leiterin Heiderose Gerber spricht im PNN-Interview über besondere Bedürfnisse von geflüchteten Frauen.

Frau Gerber, welche Bedürfnisse haben Frauen, die aus ihrem Heimatland geflüchtet sind?

Frauen legen besonderen Wert auf Sicherheit ihres Umfelds, für sich und ihre Kinder. Sie fühlen sich verantwortlich für ihre Angehörigen, müssen den Alltag managen, brauchen medizinische Versorgung und müssen die Verständigung in einem fremden Umfeld bewerkstelligen. Dabei bleibt ihre individuelle Weiterbildung und gegebenenfalls die Wiederaufnahme ihrer Berufe und Weiterqualifizierung oft für lange Zeit auf der Strecke.

Bei der „Women in Exile“-Tour sollen Frauen über ihre Rechte aufgeklärt werden.

Wir begrüßen die Aktionstour. Sie ist eine sehr wichtige Maßnahme, um Frauen über ihre Rechte in Deutschland aufzuklären. Das ist personell in vielen Unterkünften kaum zu leisten. Frauen mit gleichem Erfahrungshorizont finden auf Augenhöhe oft einen besseren Zugang zu Frauen in schwierigen, oft trostlosen Umständen.

Gibt es für Frauen besondere Hindernisse bei der Integration?

Die Hoffnungen und Motivationen von neu angekommenen Frauen ist natürlich abhängig davon, in welcher Lebensphase und Situation sie sich befinden. Dabei spielen Stressfaktoren wie räumliche Enge, eingeschränkte Mobilität, die sanitäre Situation, erschwerte Lern- und Kommunikationsmöglichkeiten, unbestimmte Perspektiven und das Leben im Provisorium eine große Rolle.

Gab es in Potsdam Fälle von Gewalt gegen geflüchtete Frauen?

Gewalt gegen Frauen betrifft alle soziale Schichten und Nationalitäten. Geflüchtete Frauen haben oftmals aufenthaltsrechtliche Probleme aufgrund von Wohnsitzauflagen, wodurch ein angemessener Schutz in einer anderen Region sehr erschwert wird. Ihre Lebensperspektive ist abhängig von bürokratischen Vorgängen und die Entscheidungswege in der Ausländerbehörde sind sehr lang. Gerade die Potsdamer Ausländerbehörde fällt durch lange Bearbeitungszeiten für Umverteilungsanträge der von Gewalt betroffenen geflüchteten Frauen im Land Brandenburg auf.

Welche Angebote gibt es?

Das Frauenzentrum Potsdam geht regelmäßig auf die Bedürfnisse von Neupotsdamerinnen ein, um Zugänge zu gewähren, die ein Ankommen in einem angenehmen Umfeld erleichtern. So gibt es zum Beispiel in Kooperation mit dem Verein Hand in Hand verschiedene Angebote, bei denen es Raum gibt, sich konstruktiv auszutauschen und voneinander zu lernen. Gemeinsam mit Hand in Hand bieten wir jeden Freitag ein Fahrradtraining und Kochen an, außerdem ein Frauenfrühstück, ein Lesecafé und Rechtsberatung.

Heiderose Gerber, Jahrgang 1958, ist seit seiner Gründung die Geschäftsführerin des Autonomen Frauenzentrums in Potsdam und Mitglied des Frauenpolitischen Rates in Brandenburg.

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Lesen Sie mehr

Bericht:  Aktionstour für geflüchtete Frauen in Potsdam.

Bericht: Der Internationale Bund in Potsdam hat eine Ausschreibung gewonnen. Damit ist die Organisation der Ansprechpartner für Geflüchtete im Bereich der sozialen Beratung und Begleitung außerhalb der Gemeinschaftsunterkünfte.

Anne-Kathrin Fischer

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