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Landeshauptstadt: Plastinator will Potsdam verklagen

Geplante Ausstellung „Art of Bodies – Die Welt der Körper“ in den Bahnhofspassagen sollte am 1. September eröffnet werden / Genehmigung der Stadt fehlt / 200 000 Euro Schadensersatz pro Monat

Innenstadt - Dirk Piper hat einen Rechtsanwalt eingeschaltet. Der soll dafür sorgen, dass er Geld von der Stadt Potsdam bekommt, das ihm durch den verzögerten Beginn seiner geplanten Ausstellung in den Bahnhofspassagen verloren geht. Genau 200 000 Euro für jeden Monat, den er nicht seine Ausstellung „Art of Bodies – Die Welt der Körper“ zeigen kann. Geplant war die Eröffnung für den 1. September. Doch noch immer habe die Stadt Potsdam ihm keine Erlaubnis erteilt, sagte Piper gestern gegenüber den PNN auf Nachfrage. Nun werde er vor Gericht gehen und den Verlust durch die fehlenden Einnahmen einklagen. Dirk Piper ist sich sicher, dass er Recht bekommen wird.

Sechs Monate Ausstellungsdauer hat Piper in Potsdam geplant. „Art of Bodies“ würde hier Premiere feiern. Zwei Jahren hat Piper aus dem nordrhein-westfälischen Hamm an dem Konzept dafür gearbeitet. Zeigen will er neben menschlichen Plastinaten auch solche von Küken, Hunden, Katzen und einem Krokodil. Manche werden als Ganzköperplastinate, andere in Scheiben präsentiert. Anhand menschlicher Präparate will Piper Einblicke in das Nervensystem, die Muskulatur und das Knochengerüst geben. Auch ein Aids-Kranker und ein Drogentoter sollen zu sehen sein.

Schon Ende Juli hatte Piper mit einer Schadensersatzklage gedroht, sollte die Stadt sich gegen seine Ausstellung aussprechen. Damals war noch von 400 000 Euro pro Monat die Rede (PNN berichteten). Durch eine Wirtschaftskanzlei hatte Piper ausrechnen lassen, dass jeden Monat 38 000 Besucher zu erwarten seien. „Bei zehn Euro Eintritt, dazu die Verkäufe aus dem Ausstellungsshop, sind 400 000 Euro eine realistische Summe“, so Piper damals. Mit seinem Anwalt habe sich Piper nun auf die Summe von 200 000 Euro Schadensersatz pro Monat geeinigt, die gerichtlich eingeklagt werden sollen.

Wie Piper gegenüber den PNN sagte, verlange die Stadtverwaltung von ihm Unterlagen über die Herkunft seiner Plastinate. Nicht als Kopie, sondern im Original. Diese Originaldokumente wolle er jedoch nicht aus der Hand geben, da diese immer bei den jeweiligen Plastinaten lagern müssen. Er habe der Verwaltung angeboten, die Ausstellung mit ihm zusammen vor der Eröffnung zu begehen und wie eine Art Ethikkommission darüber zu entscheiden, ob bestimmte Plastinate nicht gezeigt werden sollen. „Ein solches Mitspracherecht räume ich selbstverständlich ein“, sagte Piper. Doch eigentlich müsste er das nicht tun. Denn mit der Forderung der Stadt nach den Unterlagen berufe sich die Verwaltung auf das Bestattungsgesetz, das für Ausstellungen mit Plastinaten mit wissenschaftlichen Hintergrund nicht gelte, wie ein Urteil zu Gunsten des bekannten Plastionators Gunther von Hagen belege, so Piper. Diesen wissenschaftlichen Anspruch verfolgt Piper mit „Art of Bodies“. Seine Einblicke in die menschliche und tierische Anatomie sollen dazu beitragen, dass sich mehr Menschen für eine Organspende entscheiden.

Diesen von Piper behaupteten wissenschaftlichen Anspruch würde die Stadt Potsdam gern überprüfen, wie Beigeordnete Elona Müller gestern den PNN sagte. Doch sei diese bisher nicht möglich, da Piper trotz wiederholter Aufforderung, zuletzt am 22. August, nicht die für diese Prüfung notwendigen Unterlagen eingereicht habe. Dabei gehe es nicht nur um die Dokumente, die die Herkunft der Plastinate belegen. „Wir haben auch Unterlagen über den Aufbau der Ausstellung und der dort zu sehenden Plastinate angefordert“, so Müller. Es gebe klare Anweisungen seitens der Landesregierung, genauestens zu überprüfen, ob eine solche Ausstellung unter anderem den geforderten wissenschaftlichen Anspruch erfülle. Da die Unterlagen fehlen, könne die Verwaltung das noch nicht einmal prüfen, geschweige denn entscheiden, ob die Ausstellung genehmigt werden soll oder nicht. Der von Piper angedrohten Schadensersatzklage gegen die Stadt sieht Elona Müller deswegen gelassen entgegen.

Dirk Becker

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