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Pläne für die Großbeerenstraße: Schule versus Tramtrasse

Statt auf der Sandscholle soll eine Schule in der Großbeerenstraße gebaut werden. Doch das erzeugt ein neues Problem

Potsdam - Kurzfristig vorteilhafte Lösungen können gelegentlich langfristig umso größere Nachteile produzieren. In Potsdam versucht man sich derzeit an einer Lösung, um den Mangel an Grundschulplätzen in Babelsberg zu decken. Nach langen Debatten entschieden sich die Stadtverordneten im Frühjahr für den Bau einer Grundschule auf dem Areal des heutigen Sportplatzes Sandscholle – keine populäre Entscheidung. Zuletzt hatten mehr als 2000 Unterstützer eine Internet-Petition für den Sandschollen-Erhalt unterschrieben. Umso verlockender ist es, wenn sich aus dem Konflikt Schule oder Sportplatz doch noch einen Ausweg anbietet.

Im April hatte schließlich Filmpark-Chef Friedhelm Schatz angeboten, dass eine Schule statt auf der Sandscholle auch an der Großbeerenstraße Ecke Heinrich-George-Straße gebaut werden könnte. Bei vielen Stadtpolitikern kam das gut an. Nach einem Vor-Ort-Termin in der vergangenen Woche sprach SPD-Fraktionschef Pete Heuer von einer Win-win-Situation. Auch die Linke gab sich zuversichtlich – insbesondere, weil am Filmpark viel schneller gebaut werden könnte als auf der Sandscholle. In drei statt in zehn Jahren könnte die Schule öffnen. Anfang Mai beschlossen die Stadtverordneten, die Integration einer dreizügigen Grundschule mit Hort und Sporthalle im südwestlichen Bereich des Medienstadtgeländes zu prüfen.

Freihaltetrasse für eine Straßenbahn

Doch der Ausweg, die Schule auf einem Grundstück am Rand des Filmparks zu errichten, könnte nun einen neuen Konflikt heraufbeschwören: Schule oder Straßenbahn. Über das Baufeld verläuft nämlich eine sogenannte Freihaltetrasse für eine Straßenbahn durch die Großbeerenstraße. So sieht es das Anfang 2014 von den Stadtverordneten beschlossene Stadtentwicklungskonzept Verkehr vor.

Beim Potsdamer Verkehrsbetrieb (ViP) ist man angesichts der neuen Schulpläne alles andere als begeistert. „Die Vorstellungen zu einem Schulneubau sind nicht aus Gesprächen bekannt“, hieß es auf PNN-Anfrage. Im Klartext: Der Verkehrsbetrieb erfuhr aus der Zeitung, dass seine Strecke zugebaut werden könnte. „Im Sinne einer nachhaltigen Stadt- und Verkehrsentwicklung empfehlen wir grundsätzlich, die so genannte Freihaltetrasse in der Großbeerenstraße auch freizuhalten“, hieß es weiter.

Erhöhte Nachfrage nach öffentlichem Nahverkehr

Hintergrund ist, dass die Tramstrecke für den ViP gleich aus zweierlei Gründen von Bedeutung ist. Zum einen würde eine Verbindung zwischen Babelsberg und dem südlich Richtung Kirchsteigfeld verlaufenden Streckenast eine Lücke im Netz schließen. Bei Havarien könnten die Trams aus dem Süden dann auch über die Humboldtbrücke fahren. Zum anderen sind im südlichen Babelsberg viele neue Wohnungen entstanden. Außerdem hat sich zusätzliches Gewerbe angesiedelt. Beides erhöht die Nachfrage nach öffentlichem Nahverkehr.

Wie viel die Strecke kosten würde, ist unklar. Eine vertiefende Untersuchung gibt es nicht. Klar ist aber, dass sie mindestens dreimal so lang wäre wie die derzeit für siebeneinhalb Millionen Euro entstehende Neubaustrecke zum Jungfernsee. Eine kostspielige Unterquerung der Bahntrasse am Bahnhof Medienstadt käme dabei noch dazu. Geld, das die Stadt im Moment nicht hat. Doch schnell würde eine Tram durch die Großbeerenstraße ohnehin nicht kommen: Ein Planfeststellungsverfahren wäre nötig. „Dieser Vorlauf erfordert der Erfahrung nach einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren“, so Stadtsprecherin Friederike Herold.

Umfassende Erweiterung der Medienstadt

Doch je mehr der Bedarf wächst, desto rentabler könnte der Bau einer Tramstrecke werden – zumal auch in der Medienstadt selbst umfassende Erweiterungen geplant werden. Rund 242 000 Quadratmeter zusätzliche Bruttogeschossfläche sollen in den kommenden Jahren entstehen. Rund 30 Prozent davon sollen für den Wohnungsbau genutzt werden, 70 Prozent sind Gewerbeflächen. Die Aufstellung eines Bebauungsplans hatten die Stadtverordneten Anfang Mai beschlossen.

Im Aufstellungsbeschluss ist allerdings auch die Freihaltetrasse für die Tram vorgesehen. Auch wenn noch unklar ist, wo das Gleisbett genau verlaufen würde, würde die Trasse zu Lasten des Medienstadtgeländes gehen: Im Süden stehen bereits Häuser am Straßenrand. Für die Medienstadtpläne ginge also Fläche verloren. Zusätzlich heißt es im Aufstellungsbeschluss, dass an der Kreuzung von Großbeerenstraße und August-Bebel-Straße eine Wendeschleife für die Tram freigehalten werden soll. Würde die Stadt zugunsten eines Schulneubaus auf die Freihaltetrasse verzichten, könnten auch diese Medienstadt-Grundstücke gewinnbringend bebaut werden.

Bei der Stadtverwaltung war man angesichts von Schatz’ Schulplänen ohnehin skeptisch. In Bezug auf die Tram heißt es nun: „Selbstverständlich darf auch die Umsetzung eines neuen Schulstandortes nicht das Nadelöhr produzieren, an dem die spätere Realisierung einer Straßenbahnführung scheitern würde.“

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