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Pflege in Potsdam: Zwei Bewerber auf 78 Stellen: Schubert fordert Vernetzung von Pflegediensten

Vor allem in Potsdams Norden finden Familien keine Pflegedienste. Sozialbeigeordneter Mike Schubert fordert Pflegedienste deshalb auf, sich zusammenzutun.

Potsdam - Das Ungleichgewicht auf dem Markt für Pflegekräfte ist flagrant: 78 Stellen für examinierte Alterspfleger sind derzeit in Potsdam ausgeschrieben. Demgegenüber stehen zwei potenzielle Bewerber. „Da kann einem das Grausen kommen“, kommentiert Anja Spiegel, Geschäftsführerin Operativ der Arbeitsagentur Potsdam, die diese Zahlen bei einem Fachaustausch der Pflegekräfte am gestrigen Montag vorstellte. Um sich über das bekannte Problem Pflegenotstand mit allen Beteiligten auszutauschen und Lösungsansätze zu entwickeln, hat der Sozialbeigeordnete Mike Schubert (SPD) zum dritten Mal innerhalb weniger Monate die Akteure zusammengebracht. Fast 40 Pflegedienstleister, Vertreter der Pflegekassen und des Landes sowie andere Akteure sind dem Ruf gefolgt.

Für Pflegedienste und Pflegebedürftige und ihre Angehörigen ist die Lage schwierig: Die Dienste finden kein Personal, die Familien insbesondere im Norden Potsdams finden keine Pflegedienste. Das Hauptthema, das immer und immer wieder angesprochen wurde in der Runde, sind die Löhne. Denn: Im benachbarten Berlin werden Pflegekräfte deutlich besser bezahlt. Rund 500 Euro brutto mehr im Monat, so beziffert Anja Spiegel den Unterschied.

Höhere Löhne: Pfleger wandern aus Potsdam in die Hauptstadt ab

Die Pflegedienste merken diesen Unterschied ständig. Viele von ihnen berichten, dass sie regelmäßig Mitarbeiter an die Hauptstadt verlieren. Auch Auszubildende gingen nach dem Abschluss nach Berlin. Manch ein Pflegedienstleister aus dem Publikum klingt richtig verzweifelt. „Ich habe seit sieben Monaten eine Stelle ausgeschrieben, veröffentliche überall Anzeigen, aber es bewirbt sich einfach niemand. Gar niemand, ich habe nicht einen Anruf bekommen“, erzählt die Chefin eines Dienstes. Der Beruf sei einfach nicht attraktiv genug, sagt eine andere, und das liege auch am Lohn.

Für Christian Schophaus, Vorstand des Deutschen Roten Kreuzes Potsdam, ist der Grund für die große Diskrepanz „auch 27 Jahre nach der Wende noch der Unterschied zwischen Ost- und Westtarif“. Das müsse von der Regierung geregelt werden. Denn die Folge sei nicht nur, dass Fachkräfte nach Berlin abwanderten, umgekehrt brächten auch viele Berliner Familien ihre Angehörigen zur Pflege nach Brandenburg, weil es dort billiger sei. Höhere Löhne allein könnten das Problem nicht lösen, aber abmildern.

„Sie alle haben ähnliche Probleme, aber der Organisationsgrad ist gering“

Die Materie und die Zuständigkeiten sind komplex, doch die Vergütung hängt unter anderem mit den Verträgen zusammen, die die Dienstleister mit den Kranken- und Pflegekassen aushandeln. Dazu gibt es Rahmenverträge, die Dienstleister können aber auch Einzelverhandlungen führen. Diese Lösung schlägt ein Vertreter der Innnungskrankenkasse Berlin-Brandenburg (IKK) vor. Doch viele Pflegedienstleister schütteln den Kopf – nicht leistbar, zu aufwendig. Hier setzt der Sozialbeigeordnete Schubert in seinem Vorschlag an: „Sie alle haben ähnliche Probleme, aber der Organisationsgrad ist gering.“ Zusammen könnten sie mehr erreichen, so seine Intention.

Zunächst einmal schlägt er drei Arbeitsgruppen vor, die nun eigenständig weiter nachdenken sollen und Ende des Jahres oder im Frühjahr die Ergebnisse zusammentragen. Eine Gruppe soll sich um das Thema Ausbildung kümmern, eine weitere um die Frage nach ausländischen Fachkräften. Einige Pflegedienste haben hier schon Erfahrung gesammelt – das Bergmann-Klinikum hat kürzlich 20 Pfleger in der Ukraine geworben, wie Pflegedirektorin Steffi Schmidt berichtet. Die letzte Gruppe soll sich mit den lokalen Pflegedossiers auseinandersetzen, die das Land im November vorstellen will.

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