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Die Baustelle des Garnisonkirchturms in Potsdam.

© Varvara Smirnova

Petition gegen Potsdamer Garnisonkirche: "Es ging vor allem um die Erstunterzeichner"

Die Resonanz auf zwei vor vier Monaten veröffentlichte Petitionen gegen die Garnisonkirche ist vergleichsweise gering. Woran liegt das?

Potsdam - Für zwei Online-Petitionen gegen den Wiederaufbau der Garnisonkirche haben die Gegner mehr als vier Monate nach Start noch vergleichsweise wenige Unterstützer mobilisieren können. Die Aktivisten sehen das aber gelassen. 

So hat ein von dem früheren Leiter der Dessauer Bauhaus-Stiftung, Philipp Oswalt, im Internet veröffentlichter Brief für einen „Bruch mit den rechtslastigen und militaristischen Traditionen der Garnisonkirche“ bisher erst knapp 1300 Unterstützer gefunden. Bei dem Aktionsportal www.change.org kann man seit August unter anderem dafür unterschreiben, dass am Turm der Kirche keine waffenähnlichen Schmuckelemente aufgehängt werden – und dass das Großprojekt eine andere Trägerschaft erhält als jetzt die evangelisch geprägte Stiftung Garnisonkirche. 

Weitere Petition fordert, kein Steuergeld mehr für die Kirche auszugeben

Auch eine zweite Petition auf der Plattform openpetition.de haben erst rund 1200 Unterstützer unterschrieben – in dem Fall für die an die Bundesregierung gerichtete Forderung, kein Steuergeld mehr für das umstrittene Projekt auszugeben.

Diese zweite Petition hatte die Bürgerinitiative für ein Potsdam ohne Garnisonkirche gestartet – die 2014 für ein Bürgerbegehren innerhalb von mehr als drei Monaten in Potsdam mehr als 16.000 Unterschriften für die Auflösung der Stiftung für den Wiederaufbau der Garnisonkirche gesammelt hatten. Ihre Hoffnung, damit einen Bürgerentscheid zu dem Wiederaufbau zu erzwingen, hatte sich angesichts des Abstimmungsverhaltens der damaligen Rathauskooperation aus SPD, CDU und Grünen sowie der Linken aber zerschlagen. 

Gerade gab es mehr Geld vom Staat

Auch im aktuellen Verfahren zum Bürgerhaushalt hatte die Forderung, kein städtisches Geld für den Wiederaufbau der Garnisonkirche zu verwenden, als erneuter Spitzenreiter mehr als 20.500 Punkte erreicht, obwohl so eine Ausgabe gar nicht geplant ist. Jeder Teilnehmer konnte beim Bürgerhaushalt fünf Punkte verteilen, auch für das gleiche Thema.

Insofern sind die erst 1200 Unterstützer der Online-Petition gegen die Verwendung von Steuergeldern für die Garnisonkirche durchaus überschaubar. Dabei gab es erst kürzlich mehr Geld vom Staat: Wie berichtet hatte der Haushaltsausschuss des Bundestages Mitte November neben der bereits angekündigten Aufstockung der Bundesförderung von 12 auf 18 Millionen Euro eine sogenannte Verpflichtungsermächtigung ab 2021 über weitere 2,25 Millionen Euro für Mehrbedarf beschlossen. Ferner war eine Machbarkeitsstudie für das Kirchenschiff beschlossen worden. Für den 40 Millionen Euro teuren Turm fehlen so noch lediglich bis zu vier Millionen Euro.

Die Erstunterzeichner haben Gewicht

Doch warum gab es dann erst so wenig Unterstützer für die Petition? Eine entsprechende PNN-Anfrage ließ die Bürgerinitiative bislang unbeantwortet. Hingegen sagte Garnisonkirchenkritiker Oswalt zur Zahl der Unterstützer für seinen Brief, ihm sei es „vor allem um das Gewicht der Erstunterzeichner“ gegangen. Darunter sind unter anderem Künstler, Soziologen, Historiker, Theologen und andere Intellektuelle – zum Beispiel Peter Kulka, Architekt des Potsdamer Landtagsschlosses und Jeanine Meerapfel, Präsidentin der Akademie der Künste. 

Insofern habe der Brief schon Wirkung gezeigt, sagte Oswalt und erinnerte an das abgestellte Glockenspiel auf dem Plantagenplatz. Nach dem Aufruf im August habe man sich auch anderen Aktivitäten zu dem Thema verschrieben, so Oswalt. Und auch „bundesweit wird das Thema Garnisonkirche bislang nur sehr begrenzt wahrgenommen“, sagte er. 

Am 24. Januar gibt es eine Anhörung zum Schubert-Vorschlag

In Potsdam wird hingegen gestritten wie lange nicht mehr. Hintergrund ist die Initiative von Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD), der eine Neupositionierung der Stadtverordnetenversammlung zu dem Projekt anstrebt. Er hatte als Kompromissidee ein internationales Jugendbegegnungszentrum anstelle eines Kirchenschiffs ins Spiel gebracht – ob er dafür eine Mehrheit im Stadtparlament erlangen kann, ist unklar. Am 24. Januar ist eine Anhörung dazu im Hauptausschuss geplant, mit Gegnern und Befürwortern. 

Im PNN-Interview hatte Schubert das Vorgehen zuletzt verteidigt: Die Debatte werde nun „in Richtung einer klaren Positionierung der Stadt“ geführt, „wie wir das längst hätten tun sollen“. Er habe sich ein vergleichbares Zentrum in Weimar angeschaut: „Ich denke, dass ein solcher Lern- und Begegnungsort, an dem man über Geschichte und Demokratie diskutieren kann, gut funktionieren könnte.“ Und zumindest eine Schnittmenge sei vorhanden: „Niemand will, dass die Garnisonkirche zu einem Wallfahrtsort für Rechte wird.“ Zudem müsse eben debattiert werden, was auf dem Grundstück für das Kirchenschiff inhaltlich geschehen solle. 

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