zum Hauptinhalt
Turmbau zu Potsdam: Derzeit ruhen die Maurerarbeiten wegen des kalten Wetters.

© Ottmar Winter PNN

Personelle Verluste und neue Kritik: Stiftung Garnisonkirche verliert renommierte Mitglieder

Zwei renommierte Mitglieder haben den wissenschaftlichen Beirat der Stiftung Garnisonkirche verlassen. Für das neue Jahr gibt es dennoch einige Pläne. Kritiker beklagen eingeschränkte Perspektive.

Potsdam - Knapp zweieinhalb Jahre nach seiner Gründung steht der Wissenschaftliche Beirat der Stiftung Garnisonkirche vor personellen Veränderungen. Zwei renommierte Mitglieder haben das zehnköpfige Gremium kürzlich verlassen. So arbeiten die Direktorin des Potsdamer Einsteinforums Susan Neiman und der frühere polnische Botschafter in Deutschland Jerzy Margański nicht mehr im Beirat mit. Das Beratergremium ist als dauerhafte Einrichtung gedacht und soll auch nach Fertigstellung des Garnisonkirchturms seine Arbeit fortsetzen. 

Der Beirat bestätigte die beiden Personalien am Dienstag auf PNN-Anfrage. "Da es für Herrn Margański zunehmend schwieriger wurde, aus dem Ausland die Entwicklung in Potsdam zu verfolgen und zu beurteilen, erklärte er Ende Januar 2021 sein Ausscheiden", so Geschäftsführerin Anke Silomon. Neiman habe ihren Austritt aus dem Beirat Ende September 2020 mit kontinuierlichen Terminproblemen begründet, da sie sich in den Monaten März und September, wenn der Beirat zu seinen Sitzungen zusammentritt, in der Regel in den USA aufhalte.

Nachbesetzung ist nicht eilig

Wer die Nachfolge der beiden antritt, ist bisher noch offen. "Das Kuratorium der Stiftung Garnisonkirche Potsdam plant gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Wissenschaftlichen Beirats eine Nachbesetzung", so Silomon. Dafür sei genügend Zeit, denn auch in seiner derzeitigen Besetzung spiegele der Wissenschaftliche Beirat vielfältige Kompetenzen und Erfahrungen und sei voll arbeitsfähig.

Die Direktorin des Einstein Forums Susan Neiman arbeitet nicht mehr im Beirat mit.
Die Direktorin des Einstein Forums Susan Neiman arbeitet nicht mehr im Beirat mit.

© Andreas Klaer

Bei der Stiftung selbst bedauert man das Ausscheiden der beiden Mitglieder. "Beide Begründungen sind gut nachvollziehbar", sagte Kommunikationsvorstand Wieland Eschenburg den PNN. Das Mitwirken von beiden habe wichtige Impulse in die Beiratsarbeit eingebracht. "Eine Nachbesetzung wird im Kuratorium diskutiert werden, denn das Kuratorium ist für die Besetzung zuständig - selbstverständlich ist die Abstimmung mit dem Beiratsvorsitzenden Paul Nolte", so Eschenburg.

Kritiker des Wiederaufbauprojekts sehen die personellen Veränderungen weniger entspannt. Mit dem Abgang von Neiman und Margański fehle dem Beirat der Stiftung Garnisonkirche Potsdam jegliche internationale Kompetenz, heißt es auf der Webseite des Netzwerks "Stadt für alle". Seine Diversität habe der stark von evangelischer Theologie geprägte Beirat damit weiter eingebüßt.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Dass der Stiftungs-Beirats alles andere als unkritisch gegenüber dem preußischen Erbe auftritt, zeigte sich unterdessen kürzlich bei einem Expertentalk von Bündnis90/Grüne zu den Entschädigungsforderungen der Hohenzollern. Das Beiratsmitglied Eckhart Conze, Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Marburg, nahm daran teil. "Die Garnisonkirche steht weit über den Tag von Potsdam 1933 hinaus für den Militärstaat Preußen, für den Militarismus des preußisch-deutschen Kaiserreichs sowie als Versammlungsort des nationalen Lagers nach 1918 für Republik- und Demokratiefeindschaft", sagte Conze. Es sei eine Herausforderung den Wiederaufbau zum Teil einer demokratischen Erinnerungskultur zu machen, zu der die kritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit - und zwar nicht nur der nationalsozialistischen Vergangenheit  - zentral gehöre.

Konzeptionelle Arbeit und digitale Formate

Im neuen Jahr hat sich der Beirat einiges vorgenommen. Die intensive Diskussion des Konzepts der Dauerausstellung im wiedererrichteten Turm werde auch im Jahr 2021 einen großen Stellenwert innerhalb der Beiratstätigkeit haben. Geplant werden zudem Veranstaltungen zur politischen Bildung, der Situation angepasst in auch digitalen Formaten: beispielsweise zum Rekonstruktionsprojekt Humboldt-Forum, zu Bildersturm und Straßenumbenennungen, zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Gesellschaft und zur kulturellen Bedeutung von Kirchen als Erinnerungsorten in internationaler Perspektive, um nur einige zu nennen.

Auch beim wissenschaftliche Beirat des kritischen „Lernort Garnisonkirche“ gibt es personelle Veränderungen - allerdings mit positiven Vorzeichen.  Mit der Berufung von drei weiteren neuen Mitglieder sei er nunmehr vollzählig und umfasse 13 Mitglieder, teilte Initiator Philipp Oswalt mit. Neuberufen wurden demnach die Professorin für jüdische Studien am Dartmouth College (New Hampshire) Susannah Heschel, die Kuratorin des Militärhistorischen Museum in Dresden Linda von Keyserlingk und die deutsch-polnische Kulturwissenschaften Agnieszka Pufelska vom Nordost-Institut an der Universität Hamburg. Der Lernort Garnisonkirche“ im Rechenzentrum ist von der Martin-Niemöller-Stiftung und der Universität Kassel in Kooperation mit mehreren Potsdamer Initiativen eingerichtet worden.

Zur Startseite