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In Personalnot. Bei der Potsdamer Feuerwehr sind derzeit zwölf Stellen nicht besetzt. Das führt immer wieder zu Engpässen. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi kritisiert die Personalausstattung als zu knapp. Die neue Brandschutzbedarfsplanung der Stadt ist seit Monaten überfällig.

© Johanna Bergmann

Personalnot bei Potsdams Feuerwehr: „Feuerwehr ist, wenn’s trotzdem klappt“

Die Potsdamer Feuerwehr ist in Personalnot. Oftmals kann die Arbeit nur bewältigt werden, weil viele Feuerwehrleute Überstunden machen und Freiwillige Wehren einspringen. Es kam auch schon vor, dass Löschfahrzeuge nicht eingesetzt werden konnten, weil Mitarbeiter fehlten.

Potsdam - Alarmstimmung bei der Potsdamer Feuerwehr: Unbesetzte Stellen, Krankheits- und Urlaubsfälle sorgen für Personalnot bei der Berufsfeuerwehr. Nach PNN-Informationen ist die Situation etwa auf der Babelsberger Feuerwache angespannt: Es fehlten praktisch permanent Kollegen, Löschzüge rückten teils nur mit vier anstelle der eigentlich vorgesehenen sechs Mitarbeiter aus, teils seien sie wegen fehlender Mitarbeiter gar nicht einsatzbereit. Da die Besetzung der Rettungswagen Priorität habe, fehlten die Kollegen anderswo. Insider sprechen von „Glück“, dass bei größeren Ereignissen bisher immer Kollegen von den Freiwilligen Wehren mit einspringen konnten. Die Stadt räumt personelle Engpässe ein, geht aber davon aus, dass trotzdem alle Aufgaben ordnungsgemäß erledigt werden können.

Verdi-Experte fordert: "Wir brauchen dringend mehr Personal"

Bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sind die Zustände bekannt, wie Hagen Quäl, der Verdi-Landesbezirksfachgruppenvorsitzende Feuerwehr für Berlin und Brandenburg, den PNN sagte. „Feuerwehr ist, wenn’s trotzdem klappt“, fasst Quäl die Lage sarkastisch zusammen. Das Betriebsklima leide. „Wir brauchen dringend mehr Personal“, fordert er. Mit der Aktualisierung des sogenannten Brandschutzbedarfsplans, in dem auch die Personalausstattung der Feuerwehr festgeschrieben wird, liege die Stadt aber um Monate zurück, kritisiert er. Der letzte solche Plan war 2015 ausgelaufen, der neue Sozialbeigeordnete Mike Schubert (SPD), in dessen Zuständigkeit die Feuerwehr fällt, hat die Vorstellung des neuen Brandschutzbedarfsplans zuletzt für November angekündigt.

Dass es ein Personalproblem gibt, streitet man bei der Stadt nicht ab. „Die Personalausstattung ist wegen der noch nicht besetzten Stellen und wegen der großen Zahl neu eingestellter Mitarbeiter und dem damit verbundenen erhöhten Qualifizierungsbedarf noch nicht optimal“, sagte eine Stadtsprecher auf PNN-Anfrage. Von den insgesamt 171 bei der Berufsfeuerwehr vorgesehenen Stellen seien momentan nur 159 besetzt. Immerhin: Acht neue Mitarbeiter, die Ende des Jahres ihren Dienst antreten werden, hätten schon gewonnen werden können. Die Feuerwehr werde derzeit zusätzlich mit vier befristeten Rettungsdienstkräften unterstützt – diese Regelung gelte bis 2020. Sie soll sicherstellen, dass die Rettungswagen einsatzbereit sind, während andere Feuerwehr-Kollegen zum Notfallsanitäter nachqualifiziert werden. Der Krankenstand bei der Feuerwehr habe in den vergangenen zwei Jahren bei durchschnittlich sieben Prozent gelegen.

Fahrzeuge sind dann wegen Personalmangel nicht einsatzbereit

Besonders während der Urlaubszeit und in den Sommermonaten komme es bei der Feuerwehr aber „zu personellen Engpässen und die Dienststärke muss reduziert werden“, räumte der Stadtsprecher ein – sprich: Löschfahrzeuge sind dann mit weniger Kameraden als vorgesehen unterwegs. In der Regionalleitstelle, die von der Wache in der Holzmarktstraße aus auch die Einsätze für die Landkreise Havelland, Ostprignitz-Ruppin und Prignitz koordiniert, sei die Personalsituation in den letzten Monaten so angespannt gewesen, dass über mehrere Monate ein Mitarbeiter aus den Wachabteilungen abgezogen und dort eingesetzt werden musste. Und bei den Fahrzeugen werde „im Einzelfall“ auch auf „normalerweise vorgehaltene Reserven“, die eine größere Sicherheit etwa bei parallelen Einsätzen bieten, „verzichtet“, so der Sprecher weiter – im Klartext: Fahrzeuge sind dann wegen Personalmangel nicht einsatzbereit.

Das sei aber nicht gleichzusetzen „mit einer Nichterfüllung der Aufgaben nach gesetzlichen Vorgaben“, betont der Stadtsprecher. Sowohl im Rettungsdienst wie auch bei der Brandbekämpfung könnten alle Einsätze in vorgesehener Qualität bewältigt werden. Gesetzlich vorgegeben sei für den Rettungsdienst, dass in 95 Prozent der Fälle das erste Rettungsfahrzeug innerhalb von 15 Minuten nach Alarmierung am Notfallort eintreffen muss – das werde in Potsdam gewährleistet. Bei der Brandbekämpfung liege der Orientierungswert für das Eintreffen der ersten Einsatzkräfte bei acht Minuten. Dieses Ziel soll in 80 Prozent der Fälle erreicht werden, was in Potsdam gegeben sei, so der Stadtsprecher.

Die 48-Stunden-Woche werde in Potsdam oft ausgeweitet

Laut Verdi-Fachgruppenleiter Hagen Quäl ist das momentan aber nur dank Überstunden und dem Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr möglich. Die auf dem Papier bestehende 48-Stunden-Woche für die Feuerwehrmitarbeiter werde oft ausgeweitet: Den Kollegen würden etwa kurzfristig sogenannte Freischichten, also dienstfreie Tage, gestrichen. Eine solche angeordnete Mehrarbeit sei laut Beamtenrecht zwar möglich: „Aber das ist für Katastrophenfälle gedacht – in Potsdam wird das zur Zeit missbraucht“, sagt Quäl. Die auf der Arbeitszeitverordnung des Landes Brandenburg basierenden Arbeitszeitregelungen waren wegen des Verstoßes gegen die EU-Arbeitszeitrichtlinie angepasst worden – statt vorher 56 Wochenstunden sind nun maximal 48 Wochenstunden vorgesehen.

Aktuell haben die Mitarbeitenden im Schichtdienst im Durchschnitt 25 Überstunden, hieß es von der Stadt. Wenn diese Stunden innerhalb von sechs Monaten nicht abgebaut sind, werden sie zu Mehrarbeitsstunden, die regelmäßig ausgeglichen würden – „in Zeit oder Geld“.

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