zum Hauptinhalt
Tausende Fahrten sind allein im Juni und Juli beim Potsdamer Verkehrsbetrieb ausgefallen. 

© Ottmar Winter

Personalmisere beim Verkehrsbetrieb: 3000 Bus- und Bahnfahrten in Potsdam ausgefallen

Potsdams kommunaler Verkehrsbetrieb hofft auf eine Rückkehr zum Normalfahrplan und verteidigt sich gegen interne Fahrerkritik.

Potsdam - Beim städtischen Potsdamer Verkehrsbetrieb (ViP) sind im Mai überdurchschnittlich viele Fahrten ausgefallen. 3000 solcher Ausfälle habe es gegeben, teilte ein ViP-Sprecher am Dienstag auf PNN-Anfrage mit. Zum Vergleich: Von Januar bis April lag die Zahl entfallener Fahrten bei Trams und Bussen zwischen 207 und 1000 pro Monat. „Die Zahl der – wegen Personalmangel – ausgefallenen Fahrten hat leider wieder deutlich zugenommen“, so der ViP. 3000 Ausfälle entsprächen aber noch einem Anteil von unter fünf Prozent aller Fahrten der ViP-Linien.

Zugleich gibt sich das kommunale Unternehmen optimistisch, dass nach den Sommerferien der Engpass beim Personal behoben sein könnte. „Unser Ziel ist es, zum Schuljahresstart wieder nach dem regulären Fahrplan zu fahren“, sagte der ViP-Sprecher. Dies werde aber „von der weiteren Personalsituation“ abhängig sein, insbesondere von den Einstellungen und coronabedingten Personalausfällen. Vor drei Wochen hatte der ViP bereits erklärt, man habe mit neu eingestellten Mitarbeitenden sowie Leiharbeitnehmern und Aushilfen derzeit „annähernd eine Vollbesetzung aller 300 Stellen im Fahrdienst in Aussicht“. Nun hieß es, man sei bei den Einstellungen „sehr gut dabei“. Die eingestellten Leute seien aber teils „noch in Ausbildung oder noch nicht da“.

Personalmisere sorgt für ausgedünnten Fahrplan

Schon seit zwei Wochen gilt wegen der Personalmisere beim ViP nur der ausgedünnte Ferienfahrplan. Man habe Entlastung schaffen müssen, hieß es zur Begründung. In dem Zusammenhang hatte die Gewerkschaft Ver.di dem kommunalen Unternehmen attestiert, wegen chronischer Unterfinanzierung im ohnehin sehr schwierigen Arbeitsmarkt für Bus- und Tramfahrer ein besonders großes Problem zu haben. Parallel dazu war ein anonymer Brandbrief publik geworden, in dem von hohen Krankenständen und einer extremen Belastung der Fahrer die Rede war.

In der Folge wendeten sich einzelne ViP-Fahrer an die PNN – mit dem Ziel, die schwierige Lage zu bestätigen, aus Sorge vor Repressalien allerdings mit der Bitte, ihre Namen nicht zu nennen. Die Fahrer beklagen unter anderem eine neue Betriebsvereinbarung Fahrdienst – die seit Anfang des Jahres dazu führe, dass die Lage immer schwieriger werde. So werde „in den Dienstanfangszeiten hin und her gesprungen, sodass man letztendlich eigentlich überhaupt keine richtige Erholung zwischen den Diensten oder auch innerhalb eines Dienstes hat“, erklärte einer der Betroffenen. Die Rede war von allzu gestückelten Pausen und nur elf Stunden Ruhezeit zwischen einzelnen Diensten. „Das macht auf Dauer krank.“

Das Unternehmen sieht die Lage anders

Der ViP-Sprecher bestätigte, zum Fahrplanwechsel im Dezember 2021 sei die Betriebsvereinbarung für den Fahrdienst fortgeschrieben worden, nach einer „gründlichen Diskussion zwischen Betriebsrat, Fachabteilungen und Geschäftsführung“. Dabei seien aus Arbeitgebersicht eine Reihe von Verbesserungen für die Mitarbeitenden im Fahrdienst umgesetzt worden. 

[Was ist los in Potsdam und Brandenburg? Die Potsdamer Neuesten Nachrichten informieren Sie direkt aus der Landeshauptstadt. Mit dem Newsletter Potsdam HEUTE sind Sie besonders nah dran. Hier geht's zur kostenlosen Bestellung.]

So sei die Ruhezeit zwischen zwei Diensten „verpflichtend“ auf mindestens elf Stunden hochgesetzt worden, um die Erholungsphase zu verlängern – das sei zuvor nur eine Empfehlung gewesen. „Und laut Tarifvertrag sind lediglich mindestens zehn Stunden vorgeschrieben“, teilte das Unternehmen mit. Ferner sei die Anordnung der Dienste „im Gedanken der Gemeinschaft für alle ausgewogener gestaltet“ worden, so der Sprecher. „Das heißt, dass die guten wie die weniger schönen Dienstarten gleichmäßiger über alle verteilt wurden.“ 

Fahrbedienstete im Schichtplan müssten nun auch ab und zu sogenannte Tageswagen zwischen 6 und 20 Uhr fahren oder geteilte Dienste übernehmen – also früh und nachmittags je in der Hauptverkehrszeit. „Dies wird von Einzelnen natürlich als Nachteil erachtet, obwohl es im Sinne der Gemeinschaft gerecht ist“, sagte der Sprecher.

Schon drei Wochen vor Start der Sommerferien wechselte der ViP in den ausgedünnten Ferienfahrplan mit weniger Tramfahrten. 
Schon drei Wochen vor Start der Sommerferien wechselte der ViP in den ausgedünnten Ferienfahrplan mit weniger Tramfahrten. 

© Ottmar Winter

Zur Frage der Fluktuation im Unternehmen teilte der ViP mit, von 2020 bis Juni dieses Jahres habe es bei den Fahrern 59 Zugänge gegeben, denen 40 Austritte gegenüberstünden. Aus Daten- und Arbeitnehmerschutzgründen nicht weiter spezifizieren wollte der ViP-Sprecher die eigene Angabe, man habe „immer öfter“ ein „unerwartetes Ausscheiden von Altbeschäftigten aus gesundheitlichen Gründen“ zu verzeichnen. Hierzu hieß es nur, die Rente mit 63 sei ein Recht, das auch kurzfristig in Anspruch genommen werden könne. 

Generell schwanke der Krankenstand in jedem Unternehmen des Stadtwerke-Verbundes „saisonal und jahreszeitenbedingt“, so auch beim ViP. Das sei unvorhersehbar. Fahrer hatten gegenüber den PNN von Krankenstandanteilen von 40 Prozent bei den Fahrern gesprochen. Das bestritt der Sprecher. „Diese genannte prozentuale Höhe des Krankenstandes ist nicht korrekt.“ 

Dass teilweise aber bis zu 40 Fahrer:innen gegenüber der Sollstärke fehlten, hänge nicht nur mit Krankheiten zusammen, sondern auch mit der noch laufenden Ausbildung von Personal. Insgesamt hat der ViP rund 500 Mitarbeiter, inklusive jener in den Werkstätten oder im Vertrieb. Schon mehrfach hatte der ViP in den vergangenen Jahren wegen Personalmangels seinen Fahrplan ausdünnen müssen, zuletzt Ende 2021.

Zur Startseite