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Parken vor Supermärkten in Potsdam: Die Park-Falle

Wenn Privatfirmen Parkplätze bewirtschaften, sind die Strafen oft hoch. Ein Potsdamer wehrte sich nun.

Von Katharina Wiechers

Potsdam - Es war ein Spiel des VfL Potsdam, das sich Marc Liebscher ansehen wollte. Der Handballverein spielte an einem Sonntag vor einigen Wochen in der MBS-Arena am Luftschiffhafen, Liebscher war mit dem Auto gekommen. Er stellte seinen Wagen auf dem nahen Parkplatz von Aldi in der Zeppelinstraße ab und ging die paar Meter zu Fuß. Der Supermarkt war geschlossen, der Parkplatz fast komplett leer, keine Schranke hinderte ihn an der Einfahrt.

Marc Liebscher schaute sich das Spiel an und stieg zwei Stunden später wieder in sein Auto und fuhr nach Hause. Erst zwei Wochen später kam die böse Überraschung per Post. Das Unternehmen Park & Control, das zum Parkplatz-Riesen Apcoa gehört, beziehungsweise die von ihr beauftragte SFG Forderungsmanagement sendete ihm eine Mahnung: Er habe auf dem Aldi-Parkplatz gestanden und keine Parkscheibe hinter die Windschutzscheibe gelegt. Deshalb müsse Liebscher innerhalb von zehn Tagen 52,63 Euro überweisen – 30 Euro Vertragsstrafe plus 17,50 Euro Inkassovergütung und 5,10 Euro für die Kosten der Halteranfrage. Schließlich hatte Liebscher keinen Strafzettel an seinem Auto entdeckt und musste daher von Park & Control erst ausfindig gemacht werden.

Marc Liebscher wurde stutzig – nicht zuletzt in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt: dass er mit Park & Control einen Vertrag eingegangen war, hatte er gar nicht realisiert. Er recherchierte und las, was Kollegen davon halten, und merkte, dass er nicht der Erste war, der mit dem Unternehmen zu tun hatte.

Viele Parkflächen würden missbräuchlich genutzt

Tatsächlich ist das Geschäftsmodell von Firmen wie Park & Control relativ neu. Sie schließen einen Vertrag mit dem jeweiligen Supermarkt und dürfen den Parkplatz, ein Privatgrundstück, bewirtschaften. In Potsdam hat Park & Control zum Beispiel Verträge mit sieben Supermärkten, darunter der Aldi an der Zeppelinstraße oder Edeka Franeck in der Rudolf-Breitscheid-Straße. Aus Sicht der Supermärkte geht es darum, unrechtmäßiges Parken zu verhindern. Viele Parkflächen würden missbräuchlich genutzt – etwa für Park-and-ride, so eine Edeka-Sprecherin auf PNN-Anfrage. „Somit stehen deutlich weniger Parkplätze für unsere Kunden zur Verfügung.“ Ähnlich argumentiert der Sprecher von Aldi-Nord. Eine Parkplatzbewirtschaftung finde meist nur in Ballungsgebieten statt, „um Kunden für die Dauer des Einkaufs einen Stellplatz anbieten zu können“. Und von beiden heißt es unisono: Wer einen Kassenzettel vorzeigen könne, müsse die Strafe ohnehin nicht zahlen. Den wenigsten Kunden dürfte das allerdings bislang bekannt sein.

Marc Liebscher glaubt nicht, dass es hier nur um illegales Parken geht. Seiner Meinung nach wird versucht, aus „totem Kapital“ Profit zu schlagen: Die Supermärkte verpachten die Fläche an Firmen wie Park & Control. Diese wiederum lebten davon, hohe Strafen von ahnungslosen Kunden einzutreiben – die einkaufen gehen, ohne eine Parkscheibe zu hinterlegen, oder sonntags parken.

Ticket ist dreimal teurer als das vom Ordnungsamt

Stimmt nicht, heißt es vom gemeinsamen Sprecher von Apcoa und Park & Control. Park & Control sei als Dienstleister für den jeweiligen Eigentümer tätig, sagt er. „Es geht um den legitimen Schutz von Privateigentum.“ Ein Pachtvertrag liege nicht zugrunde, deshalb müssten auch keine Pachten „reingeholt“ werden. Was stattdessen in dem Vertrag steht, sei nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, dafür bitte er um Verständnis. Auf die Frage, warum die Strafen so hoch seien – 30 Euro ist schließlich dreimal so viel, wie vom Ordnungsamt verlangt wird – sagt der Sprecher: „Als Privatunternehmen müssen wir kostendeckend arbeiten.“ Die Strafzettel des Ordnungsamtes seien nicht kostendeckend, der Steuerzahler zahle drauf.

Dass das Vorgehen von Unternehmen wie Park & Control rechtens ist, bezweifelt Liebscher. Aus seiner Sicht kommt ein Vertrag zwischen Autofahrer und Parkraumbewirtschafter sowieso nur dann zustande, wenn das Schild groß genug ist und der Fahrer weiß, zu welchen Bedingungen er den Parkplatz bucht. Tatsächlich seien die Allgemeinen Geschäftsbedingungen aber so klein gedruckt, dass sie beim Einfahren in den Parkplatz unmöglich erfasst werden könnten. Und auch wenn das Schild groß genug und der Vertrag damit wirksam wäre, hält Liebscher die Höhe der Strafe für zu hoch – weil mehr als doppelt so teuer wie beim Ordnungsamt. Er rät Betroffenen, sich zu wehren. Bei ihm selbst hat das Unternehmen einen Rückzieher gemacht, ohne dass Liebscher erst richtig aktiv werden musste: Er schickte lediglich einen Brief an die SFG Forderungsmanagement, in dem er ankündigte, den Sachverhalt zu prüfen. Der Briefkopf seiner Anwaltskanzlei reichte offenbar aus, um das Unternehmen einzuschüchtern. Liebscher glaubt, dort wolle man vermeiden, dass das Vorgehen vor Gericht geprüft wird. Und so hieß es von der SFG in dem Antwortschreiben lediglich, die Angelegenheit sei eingestellt. „Es bestehen in dieser Angelegenheit keine Ansprüche mehr gegen Sie.“

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