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Lars Baumbach ist Techniker der Schlösserstiftung und sorgt dafür, dass der Park Sanssouci mit Wasser versorgt wird.

© Ottmar Winter

Park Sanssouci: Wie kommen die Fische in das Becken der Großen Fontaine?

Zahlreiche Goldfische, aber auch Hechte und Karpfen leben in dem Becken - auch im Winter. Gefüttert werden die Fluss- und Meerestiere offiziell nicht.

Von Carsten Holm

Potsdam - Es sind an diesem trüben Novembertag zur Mittagsstunde nur wenige Spaziergänger und im Park Sanssouci unterwegs. Ab und an wird die Stille von einem halben Dutzend Enten unterbrochen, die quakend ihre Bahnen durch den Teich an der Großen Fontäne ziehen. An dessen Rand steht Lars Baumbach im blauen Overall, er ist Techniker der Schlösserstiftung und sorgt mit neun Kollegen dafür, dass die Rohrleitungen den Park mit Wasser versorgen, auch die Fontäne. „Ich bin immer draußen, bei Wind und Wetter, bei Hitze und Frost“, sagt der 50-Jährige, „ich mache das schon 30 Jahre hier und habe noch immer den besten Job der Welt.“ Sein Blick folgt dem Kurs der Enten, und wenn er den Kopf etwas hebt, sieht er über die Weinbergterrassen hinauf zum Schloss.

Baumbach erklärt, warum die Große Fontäne, deren Wasser im Frühjahr, Sommer und Herbst 25 Meter in die Höhe schießt, jetzt nur verhalten vor sich hinblubbert. „Sie läuft im Winter auf Sparschaltung“, sagt Baumbach, „aber das Blubbern sorgt dafür, dass dem Wasser etwas Sauerstoff beigemengt wird und der Teich nicht zufriert.“

Becken hat einen Durchmesser von 39 Metern

Das geschieht vermutlich auch zur Freude der zahlreichen Fische, die sich in dem Becken tummeln, das immerhin einen Durchmesser von 39 Metern misst. Denn auch sie brauchen regelmäßig etwas zwischen die Kiemen, mit denen sie den Sauerstoff aus dem Wasser filtern. In Sanssouci müsste es ihnen – nach menschlichem Ermessen – recht gut gehen. Denn das Wasser stammt aus der Havel, es fließt über das als Moschee bekannte historische Pumpwerk an der Breiten Straße, strömt 35 Meter hinauf in ein großes Reservoir auf dem Ruinenberg und saust dann mit enormem Eigendruck 1,8 Kilometer hinab in den Park.

Seine Qualität ist nicht schlecht beleumundet, seit die Schadstoffbelastung durch sogenannte Weichmacher abgenommen hat. Das Landesumweltministerium lässt monatlich Proben an der Humboldtbrücke entnehmen, aber, sicher ist sicher, auch die „Abt. V Schirrhof Meisterbetrieb Wasserversorgung“, die zur Abteilung Baudenkmalpflege und Liegenschaften der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) gehört, überprüft regelmäßig die Wasserqualität.

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Seit 19 Jahren ist Martin Prill Chef des Meisterbetriebs, der auf dem Schirrhof, einer Art Bauhof der SPSG, residiert. Wo einst die Arbeitstiere angeschirrt waren und Pferdegeschirr gepflegt wurde, stehen heute die Schuppen der Elektriker, Schreiner, Tischler, der Sicherheitsleute und die für Prills Experten. Sie warten die historischen Rohrleitungen, die in der Zeit des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861) vergraben wurden, und sind bei Rohrbrüchen schnell im Einsatz.

Bemerkenswerte Artenvielfalt im Teich am Schloss Sanssouci

Prill ist der Herr der Fische von Sanssouci, auch wenn der bescheidene, 56 Jahre alte Mann sich selbst nie so nennen würde. Aber er weiß, dass die in Stadt- und Reiseführern gepriesenen Goldfische im Teich der großen Fontäne nicht einmal die halbe Wahrheit sind, es ist ein Lebensraum für weit mehr Fische. „Die Goldfische leben ohne unser Zutun dort“, erzählt Prill, „sie werden von Besuchern, denen sie zuhause in ihren Aquarien zu groß gewachsen sind, bei uns einfach ausgesetzt und vermehren sich sehr schnell. Und das kommt seit einiger Zeit immer öfter vor.“

Es gibt eine bemerkenswerte Artenvielfalt im Teich am Schloss Sanssouci, der am Rand 1,20 und in der Mitte 1,80 Meter tief ist. Prill berichtet von vielen kleinen Plötzen, von Barschen und kleineren Aalen. „Im Durchschnitt haben wir auch zwei größere Karpfen und einen Hecht hier“, sagt er.

Martin Prill, Chef des Meisterbetriebs für Wasserversorgung.
Martin Prill, Chef des Meisterbetriebs für Wasserversorgung.

© Ottmar Winter

Die Natur regelt die Zahl der Fische in Eigenregie

Gefüttert werden die Fluss- und Meerestiere offiziell nicht, das Wasser der Havel, mit dem auch Fischlaich hineingespült wird, ist nahrhaft genug. In der ihr eigenen Härte regelt die Natur die Zahl der Fische in Eigenregie. Sind Hechte und Barsche erst einmal zu Kampfstärke gewachsen, können sie, so Prill, „den Fischbestand auf natürliche Weise begrenzen“. Im Klartext: Die Großen fressen die Kleinen.

Schon oft hat auch Lars Baumbach die üblichen Tragödien im Reich der Tiere beobachtet. Morgens um sieben Uhr, erzählt er, beginnt oft ein Fischreiher seinen Landeanflug auf Sanssouci. Seine Flügelbreite von fast zwei Metern ermöglicht ihm dabei einen ebenso ästhetischen wie majestätischen Auftritt, bevor er fast immer auf dem Strahlrohr der Fontäne aufsitzt. 

Man ahnt nicht, dass er Böses im Schilde führt. Gelassen harrt er dort aus, die Fontäne wird in den wärmeren Monaten erst um 10 Uhr eingeschaltet. Ihm bleibt genügend Zeit, die Beute zu seinen Füßen zu sichten und unter den vielen Goldfischen unter ihm sein Frühstück auszuwählen. Dann stößt er mit einem Überraschungsangriff hinab und langt mit seinem langen, spitzen Schnabel zu.

Mitunter erschweren die Goldfische ihm allerdings seine Nahrungsaufnahme: Sie versammeln und verstecken sich am unteren Rand der Fontäne an der tiefsten Stelle – als ob sie wüssten, dass der Reiher lieber nahe der Wasseroberfläche jagt.

Im Becken der Fontäne, bis zu 1,80 tief, leben zahlreiche Fische.
Im Becken der Fontäne, bis zu 1,80 tief, leben zahlreiche Fische.

© Ottmar Winter

Es gibt auch Lästiges an der Fontäne. Regelmäßig müssen die Mitarbeiter Besucher darauf hinweisen, dass das Füttern der Fische und Enten nicht nur durch die Parkordnung verboten ist. „Enten mit Brot zu füttern, das machen sehr viele Eltern und Großeltern mit ihren Kindern und Enkeln“, sagt Baumbach. In der wärmeren Zeit seien es Tag für Tag Dutzende, „die nicht wissen, dass das ungesund für die Fische ist und sie ihnen damit schaden“. 

Also müssen die Leute vom Meisterbetrieb in die Rolle eines Parkwächters schlüpfen und die fütternden Besucher höflich ermahnen. Am Becken selbst könne man, so Baumbach, doch keine Verbotsschilder aufstellen: „Das würde an diesem schönen Ort einfach doof aussehen“.

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