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Christoph M. Vogtherr und Ruth Cornelsen enthüllen den "Faun" an den Neuen Kammern.

© Patrick Pleul/dpa

Park Sanssouci: Neue Kammern in Sanssouci bekommen Skulpturen zurück

37 Jahre lagerten sie im Depot der Schlösserstiftung. Jetzt kehren die 24 Skulpturen restauriert an die Neuen Kammern in Sanssouci zurück.

Von Peer Straube

Vorsichtig wird die bleiche Schönheit am Haken befestigt. Zwei gelbe Tragegurte sichern sie, zum Schutz werden noch ein paar Decken dazwischen geklemmt. Dann wird sie vom Gabelstapler auf den Sockel gehievt und millimetergenau ausgerichtet. 20 Minuten dauert die Aktion, dann grüßt der „Apollo mit Leier“ von seinem Podest huldvoll die Umstehenden – so, wie er das zuletzt im Jahre 1982 getan hat.

37 Jahre ist es her, dass die Schlösserstiftung, genauer gesagt, ihre Vorgängerin, die Staatlichen Schlösser und Gärten Potsdam-Sanssouci, die insgesamt 24 Marmorskulpturen vor der Fassade der Neuen Kammern im Park Sanssouci wegen schwerer Schäden entfernen lassen musste. Seitdem lagerten sie im Depot. Dank mehrerer Großspenden können sie nun restauriert werden. Am Dienstag kehrten die ersten vier Skulpturen zurück, sie zieren jetzt den Mittelrisalit des unter Friedrich II. errichteten Gebäudes.

Eine Spende der Cornelsen-Kulturstiftung

Ermöglicht hat das eine Spende von 278 000 Euro der Cornelsen-Kulturstiftung, die in Potsdam bereits Geld für verschiedene Denkmalobjekte zur Verfügung gestellt hat, unter anderem für den Konzertsaal im Marmorpalais, die Orgel in der Friedenskirche und die Kapelle in Klein-Glienicke. Inspiriert habe sie das Motto ihrer Stiftung, „Der Vergangenheit Zukunft geben“, sagte Stiftungs-Gründerin Ruth Cornelsen, die inzwischen die 90 überschritten hat, gestern am Rande der Wiederaufstellung. Wenn man sich für ein Projekt wie dieses engagiere, müsse das „mit einem Paukenschlag“ geschehen. Da reiche es nicht, Geld für eine Skulptur zu spenden, es müssten dann schon vier sein.

Offensichtlich hatte die Strategie Erfolg, denn dank dieser Erstspende konnte die Schlösserstiftung weitere Mäzene gewinnen und insgesamt 1,2 Millionen Euro einsammeln, die für die Wiederherstellung aller Figuren ausreichen. Zu tun gab es genug, denn die Skulpturen waren in einem beklagenswerten Zustand, wie Restaurator Roland Will erläuterte. Staub und Rußablagerungen hatten sie mit einer schwarzen Kruste überzogen, zudem tropfte von den Regenrinnen kupferhaltiges Wasser auf die Figuren und sättigte den Marmor regelrecht damit. Das Kupfer musste aufwendig entfernt, Risse geschlossen und fehlende Teile ergänzt werden, bevor die Skulpturen schließlich mit Acrylharz getränkt und auf diese Weise konserviert werden konnten. Das Ergebnis ist erstaunlich. Die vier ersten Skulpturen erstrahlen in einem Weiß, dass man meinen könnte, die Bildhauer hätten sie eben erst aus dem Carrara-Marmor herausgemeißelt.

Die meisten Figuren stammen aus Italien

Dabei haben sie, jedenfalls die meisten davon, bereits mehr als zwei Jahrhunderte auf dem Buckel. Friedrich II. selbst war es, der im Jahre 1749 dem italienischen Grafen Francesco del Medico 20 Figuren abkaufte. Geschaffen wurden sie von unbekannten italienischen Bildhauern, die sie nach antiken Vorlagen schufen, erklärte Skulpturen-Kustodin Silke Kiesant. Eine Ausnahme bilden die vier Skulpuren, die gestern aufgestellt wurden.

Zwei davon, der „Narziss“ und der „Endymion“, der einen Schäfer darstellt, stammen von dem dänisch-niederländischen Bildhauer Asmus Frauen. Eine weitere, der „Faun“, wurde von dem französischen Künstler François Gaspard Adam angefertigt. Die letzte des Quartetts ist die Kopie des bereits erwähnten antiken „Appollo mit Leier“, die Eduard Stützel Mitte des 19. Jahrhunderts gestaltete, nachdem das Original 1830 an das Königliche Museum in Berlin abgegeben worden war.

Bis 2021, sagte Christoph Martin Vogtherr, der Chef der Schlösserstiftung, sollen möglichst alle Skulpturen wieder an ihrem Platz stehen. Größte Hürde dabei ist indes nicht die Restaurierung der Originale, sondern die Anfertigung von Kopien von vier Figuren und fünf Sockeln, die nicht mehr zu retten waren. Der Markt an freien Bildhauern, die zu Arbeiten dieser Qualität befähigt sind, sei wie leergefegt, sagte die Chefrestauratorin der Schlösserstiftung, Kathrin Lange.

Neuland für Knobelsdorff

Mit seinem Skulpturenschmuck betrat Friedrichs II. Architekt Knobelsdorff im 18. Jahrhundert übrigens Neuland. Frei stehende Figuren vor der Fassade eines Gebäudes anzuordnen, sei damals nördlich der Alpen nicht üblich gewesen, erzählte Kustodin Kiesant. Knobelsdorff habe sich das wohl von italienischen Vorbildern abgeschaut. Wenn die Figuren dereinst alle wieder vor den Neuen Kammern stünden, sei das wie eine Freiluftgalerie, sagte Kiesant fast schwärmerisch. Angesichts der Fülle von Götter- und Naturdarstellungen empfehle sich ein „gelehrter Spaziergang“ durch die Kunst.

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