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Statt "Mohrenrondell" heißt der Teil des Park Sanssouci nun wieder "Erstes Rondell".

© Sören Stache/dpa

Park Sanssouci in Potsdam: Das „Mohrenrondell“ gibt es nicht mehr

Die Schlösserstiftung befasst sich mit Spuren des Kolonialismus. Nun hat sie ein Rondell in Sanssouci umbenannt. Die Büsten aber bleiben. 

Potsdam - Es ist der erste sichtbare Schritt in einer Aufarbeitung der Spuren der kolonialen Vergangenheit in Potsdams Schlösser und Gärten: Das "Mohrenrondell" im Park Sanssouci heißt wieder "Erstes Rondell". „Die öffentliche Debatte zum Kolonialismus hat begonnen, Europa zu verändern. Und sie ändert auch unsere eigene Arbeit“, sagte der Chef der Schlösserstiftung, Christoph Martin Vogtherr, am Freitag vor der Presse. 

In Berlin wird seit Jahren über von vielen als rassistisch wahrgenommene Straßennamen diskutiert, die "Mohrenstraße" in Mitte heißt künftig Anton-Wilhelm-Amo-Straße. Die Forderung nach der Umbenennung des "Mohrenrondells" in Potsdam hatte bereits 2014 der Stadtverordnete Andreas Menzel, damals bei den Grünen, heute BVB/Freie Wähler, gefordert. Hintergrund war damals die Rassismus-Debatte um die "Zwarten Pieten" beim Sinterklaasfest im Holländischen Viertel.

Eine "lernende Institution"

Die Auseinandersetzung mit den Objekten aus kolonialem Kontext, aber auch mit der Verwendung von Begriffen in Publikationen, Datenbanken, auf Schildern und in der täglichen Sprache der Mitarbeiter sei wichtig, sagte Vogtherr. "Wir begreifen uns als lernende Institution." Das Ergebnis der Aufarbeitung soll in einer großen Ausstellung im Schloss Charlottenburg im Jahr 2023 münden, die derzeit vorbereitet wird. Sie soll sich mit Kolonialismus und Eurozentrismus befassen.  Bei dem Prozess, so machte Vogtherr deutlich, gehe es der Stiftung als wissenschaftliche Einrichtung nicht darum, Objekte oder Orte zu verändern oder zu entfernen. "Unsere Rolle besteht darin, diese erklärend zu begleiten. Ich hätte eine große Scheu, Quellen zu beseitigen."

Postcolonial Potsdam sieht die stereotype Darstellung der schwarzen Personen kritisch. 
Postcolonial Potsdam sieht die stereotype Darstellung der schwarzen Personen kritisch. 

© Sören Stache/dpa

So bleiben denn auch die Büsten von vier schwarzen Personen, Kopien aus den 1990er-Jahren der altersschwachen Originale, sowie der römischen Kaiser Titus Vespasianus und Marc Aurel stehen, die das Rondell einrahmen. Allerdings wurde eine neue Schautafel aufgestellt. Dort ist auf Deutsch und Englisch nachzulesen, dass das Rondell 1746 von Friedrich dem Großen persönlich geplant wurde. „Die Bezeichnungen "Mohr/Mohrin" können aber Menschen verletzen und abwerten“, heißt es in der Erklärung. Zusätzlich führt ein QR-Code auf eine neue Unterseite der Homepage der Schlösserstiftung mit dem Titel "Koloniale Kontexte". 

68 Objekte werden untersucht

Bislang sind dort fünf Texte zu Objekten mit kolonialen Bezügen zu finden, neben dem nun umbenannten Rondell unter anderem Büsten afrikanischer Menschen im Schloss Caputh. Die 2020 gegründete "Steuerungsgruppe Koloniale Kontexte" der Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten (SPSG) erforscht anhand verschiedener Quellen den Hintergrund dieser Objekte. "Insgesamt haben wir eine Liste von 68 Objekten zusammengetragen, die wir in diesem Kontext betrachten wollen“, erläuterte Vogtherr. Auch beim Rondell habe sich im Lauf der Recherche gezeigt, dass der Name "Mohrenrondell" nicht etwa aus der Entstehungszeit des Gartenbereichs stammt, sondern erst 1962 erstmals schriftlich erwähnt wurde.

Eine Schautafel erläutert die Geschichte des Rondells. 
Eine Schautafel erläutert die Geschichte des Rondells. 

© Sören Stache/dpa

Manchen geht die Namensänderung nicht weit genug. So fordern etwa Mitglieder der an der Uni Potsdam entstandenen Arbeitsgruppe Postcolonial Potsdam eine Entfernung der Skulpturen. Paul Urbanski, Mitglied der Gruppe, die auch Führungen zum Thema anbietet, berichtet, dass viele ausländische Besucher beim Anblick der Skulpturen schockiert seien. "Die stereotype Darstellung, die toten weißen Augen, die unterwürfige Haltung gegenüber den weißen Büsten, die Namenslosigkeit, die Sexualisierung der entblößten Brust", zählt er auf. 
In den Prozess will die Schlösserstiftung auch zivilgesellschaftliche Gruppe einbeziehen, etwa Postcolonial Potsdam, mit denen man schon im Austausch stehe. "Hier geht es auch darum, die wissenschaftliche Ebene mit der Lebensrealität zusammenzuführen", so Vogtherr. In welchen Fällen eine Umbenennung von Orten oder Objekte erfolgen werde, könne er noch nicht sagen. "Das muss sich noch herausstellen."

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