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Kulinarik-Kulisse. Auf der Wiese vor dem Orangerieschloss soll es im Sommer ein Picknick ganz in weiß geben, zu dem etwa 1000 Leute erwartet werden. Das Essen muss jeder selbst mitbringen. Für die Veranstaltung wird es eine Kooperation mit den Musikfestspielen geben.

© Andreas Klaer

Park Sanssouci: À la carte

Ein Picknick in weiß vor der Orangerie und historische Haushaltsgegenstände in den Römischen Bädern: Im Park Sanssouci dreht sich in diesem Jahr alles ums Essen.

Königliche Gaumen sind an Köstlichkeiten gewöhnt. Das war zu allen Zeiten so, freilich auch hierzulande. „Der Soldatenkönig hat mit Vorliebe Austern gegessen“, berichtet Hofkoch Ferdinand Andrea Tamanti. Auch bei Friedrich II. und Friedrich Wilhelm IV. seien Austern auf den Teller gekommen. Von der Nordsee habe man das schmackhafte Getier nach Potsdam geschafft. Tamanti, der mit bürgerlichem Namen Michael Adam heißt, ist sei Jahren in Sanssouci fürs Kulinarische zuständig. Als fiktiver Koch Friedrich Wilhelms IV. führt er Besucher in diversen Veranstaltungen in die Geheimnisse royaler Gaumenfreuden ein.

Auch am gestrigen Donnerstag erschien Tamanti an seinem Arbeitsplatz: der Küche von Schloss Sanssouci. Sein Chef, der König, jener Romantiker auf dem Thron, hatte im Ostflügel des Weinbergschlosses einst die Küche einbauen lassen. Erstbewohner Friedrich II. ließ seine Speisen noch im Westflügel des Knobelsdorffbaus zubereiten.

Gemeinsam mit Hofköchin Charlotte Retzloff (Astrid Heiland-Vondruska) hatte Tamanti gestern seinen Auftritt, als das Themenjahr „Zu Tisch! Genießen in Schlössern und Gärten“ vor Pressevertretern in der Schlossküche Sanssoucis offiziell vorgestellt wurde. Ins Leben gerufen hat die deutschlandweite Kampagne rund um das königliche Schlemmen der Verein Schlösser und Gärten in Deutschland. Die Institution versteht ihr diesjähriges Engagement in diesem Bereich als ein Beitrag zum Europäischen Kulturerbejahr 2018, das unter dem Motto „Sharing heritage“, also „Erbe teilen“, steht.

Neben diversen szenischen Küchenführungen von Retzloff und Tamanti, die es allerdings auch bisher schon gab, wird sich in diesem Jahr eine Ausstellung in den Römischen Bädern unter dem Motto „Tischlein deck dich“ mit dem Thema Essen und Trinken befassen. Das Besondere dabei: Es soll „eine Ausstellung zum Mitmachen“ werden, wie Tina Jakob-Schlossarczyk von der Schlösserstiftung berichtete. So können Menschen, die einen interessanten Gegenstand aus dem Bereich Essen und Trinken haben, etwa eine Tasse oder ein Messerbänkchen, diesen Artefakt den Ausstellungsmachern leihweise für die geplante Schau überlassen. Dafür soll es am 7. und 14. April, jeweils von 13 bis 17 Uhr, für jedermann die Möglichkeit geben, ausstellungswerte Gegenstände in die Römischen Bäder zu bringen und dort die Geschichte rund um das Mitgebrachte zu erzählen. Großvaters Silberlöffel oder die Zuckerzange aus Familienbesitz können auf diese Weise zusammen mit der jeweiligen Geschichte einmal einem breiten Publikum präsentiert werden. Die Ausstellung selbst wird dann vom 5. Mai bis 15. Juli laufen. In der Schau sollen außer den mitgebrachten Gegenständen auch ausgewähltes Porzellan und Besteck verschiedener Epochen zu sehen sein.

Eine Mitmachaktion der besonderen Art ist für den 23. Juni geplant. Auf der Wiese unterhalb der Orangerie an der Maulbeerallee soll es dann 270 Meter weiß gedeckte Tische geben, an denen sich rund 1000 Leute zum Picknick niederlassen können. „Essen und Trinken muss mitgebracht werden“, sagt Jakob-Schlossarczyk. Die Veranstaltung findet in Kooperation mit den Musikfestspielen statt. Diese Symbiose soll für die Teilnehmer des Events auch hörbar werden. Die Tafel dürfte damit locker jenes opulente Mahl an Größe übertreffen, das Friedrich II. anlässlich seines Einzugs in Sanssouci gab. Dazu schrieb die Spenersche Zeitung aus Berlin am 2. Mai 1747: „Gestern haben Seine Majestät, der König, dero bey Potsdam gantz neu erbauetes, ungemein prächtiges Sommer Palais, Sans Souci, bezogen, und allda des Mittags an einer Tafel von 200 Couverts gespeiset, worauf gegen Abend von der Königlichen Kapelle ein Concert ist gehalten worden.“

„Wir sind König“ könnte man dann wohl am 23. Juni an der langen Tafel ausrufen. Im Rahmen der Kampagne „Zu Tisch!“ wird sich am 7. Oktober im Ehrenhof des Schlosses Sanssouci und in der Schlossküche wieder alles um die Zubereitung von Speisen in vergangenen Jahrhunderten drehen. Doch wie kochte man denn nun damals? Das mit den überlieferten Rezepten sei so eine Sache, sagte Hartmut Dorgerloh, Generaldirektor der Schlösserstiftung und zugleich 1. Vorsitzender des Vereins Schlösser und Gärten in Deutschland. Wenn es in einem Rezept etwa heiße, man nehme drei Tassen Milch - wie groß war wohl die Tasse und was für eine Milch hatte man genommen? Wer heute alte Rezepte nachkoche, könne daher bisweilen böse überrascht werden. „Man steht stundenlang am Herd und am Ende schmeckt’s dann gar nicht.“ Und außerdem, so Dorgerloh, habe sich womöglich auch unser Geschmack im Laufe der Jahrhunderte geändert. Hofköchin Retzloff wusste zu berichten, dass es am Hof Friedrich Wilhelms IV. öfter mal Wacholderdrossel gab. Man habe aus diesem Vogelfleisch auch Pastete hergestellt. Und was aß der Erbauer von Schloss Sanssouci? „Bei Friedrich gab es alles, was Küche und Keller hergaben“, sagt Dorgerloh. „Friedrich war ja ein großer Obstfreak“. Doch sehr gesund aß der Monarch trotzdem nicht: „Er hat auch immer zu fett und zu schwer gegessen“, erklärt der Stiftungschef.

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