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Landeshauptstadt: Paradiesvogel im Holländischen Viertel

Designer Marco Marcu kam aus Frankfurt am Main nach Potsdam. Im Juli zeigt er seine neue Kollektion auf der Berliner Fashionweek

Frühling und Sommer sind perfekt für Marco Marcu. Dann verkauft der Mode-Designer die meisten Damenkleider, Flippig-Festliches beispielsweise, für junge Mädels, die damit zum Abiball gehen. Für begleitende Mütter – oder für Brautmütter, auch die gebe es jetzt des Öfteren – darf es meist etwas aufwendiger sein, wahlweise auch dezenter. Und für Sommerbräute findet sich jede Menge in Weiß und Beigetönen. Der Laden im Holländischen Viertel, in dem der junge Designer seit einem halben Jahr residiert, fällt dennoch zunächst durch die paradiesische Farbenfreude auf, die die Kleider an den Tag legen.

„Ich liebe knallige Farben“, sagt Marco Marcu. Auch wenn er meistens nur Schwarz trägt. Mit zusammengebundenem Haar ergibt das ein Styling, mit dem er in der Modedesignerbranche nicht weiter auffällt. Am 8. Juli wird er seine neue Kollektion auf der Berliner Fashionweek zeigen – zum ersten Mal. Es sei nicht ganz einfach, sich dort präsentieren zu dürfen, sagt er, alles laufe über Empfehlungen. Schließlich habe er beim Management eine Bewerbung abgeben dürfen, sein Look-Book, und wurde eingeladen. Die berühmten 15 Minuten Ruhm kosten ihn dennoch ein kleines Monatseinkommen – nur für Logistik, die Models, den Stylisten, Licht und Ton. Die Arbeit an der Kollektion ist da noch nicht dabei.

In diesem Jahr geht es bei Marco Marcu um Jeansstoff. „Let’s Rock – Denim“ hat er die neuen Kreationen genannt. 18 Kleider aus diesem Material wird er zeigen, in diversen Farbgebungen, Mustern, Schnitten, mit vielen Accessoires. Selbst ein Brautkleid ist wieder dabei, ein hochgeschnittener, schmaler, weißer Rock mit transparentem Oberteil. Sämtliche Kleider entstanden in seinem Atelier, der Werkstatt, ein paar Stufen hoch hinter dem Ladenraum. Eine Etage darüber hat er eine Wohnung bezogen. „Alles an einem Platz“, sagt er, derzeit schmeißt er den Laden noch allein. In Frankfurt am Main hatte er lange Zeit auf größerem Fuß verkauft, doch Potsdam fand er irgendwie niedlich. Hier würde er gern bleiben, wenn es gut läuft.

Marco Marcu stammt aus Rumänien, bekam ein Stipendium für die Modefachschule in Sigmaringen in Baden-Württemberg, studierte dort drei Jahre. Er biss sich durch. Mit seinem Stil und seiner Art, Frauen so einzukleiden, dass die Kleider auch sitzen, trifft der 41-Jährige den Nerv vieler Kundinnen. Auch für den Potsdamer Ball der Wirtschaft haben sich hier einige Frauen eingedeckt.

„Ich liebe gut sitzende Korsagen, schöne Ausschnitte“, sagt er. Das nimmt man ihm sofort ab, wenn er in seinem Reich neben den großen, bunt eingekleideten Kleiderpuppen steht, seine märchenhaften Kreationen liebevoll begutachtet. „Nicht berühren“, steht auf einem Schild am Kleiderständer, aber wer das liest, möchte spätestens dann mit dem Finger über den Stoff gleiten.

Bisweilen schafft es ein Kleid von ihm sogar auf die Titelseite eines internationalen Hochglanzmagazins, Erotikmodel Micaela Schäfer beispielsweise trug Marco Marcu. Doch der sieht sich auch als Dienstleister: Er fertigte Entwürfe für die Sportbekleidung einer Fitnesskette und für Uniformen für Mitarbeiter aus der Systemgastronomie. Am Herzen liegt ihm vor allem Schönes, das auch tragbar ist. Soft Couture nennt er seine Einzelteile, alles Handarbeit, die er im Laden zeigt. Jeder Kundin werden diese Kleider auf Wunsch individuell angepasst oder von vornherein maßgefertigt. „Aber jedes Kleid gibt es nur einmal“, sagt er.

Seine Kundinnen kommen aus Berlin und Potsdam, viele aus der direkten Nachbarschaft, Geschäftsfrauen, Ärztinnen. Manchmal brauchen sie ein ganzes Kleid, manchmal nur einen Hut für einen Nachmittag auf der Rennbahn Hoppegarten. Oder sie suchen ein paar Schuhe. Auch die gibt es bei ihm, zurzeit sind Stiefel aus feinster Spitze angesagt. Die deutsche Sängerin Julia Neigel hat solche bei ihm eingekauft und in einem Musikvideo getragen. Das macht ihn stolz.

Zurzeit ist er, der sich schon in Dubai und Paris zeigte, aufgeregt, weil es in knapp drei Wochen nach Berlin geht. Von seinem Auftritt bei der Fashionweek erhofft er sich neue Kunden, ganz egal, woher. Wenn es sein muss, fliegt er zu denen nach Hause, sagt er, um Maß zu nehmen. Er macht alles selbst, Nähen, Ändern, Anprobe, Beratung. Das sei besonders wichtig. Einmal habe er einer sehr großen, kräftigen Frau – eine Sportlerin – zu einem Hochzeitskleid in Größe 60 verholfen. „Das gibts sonst nirgends, die hören bei Größe 44 auf“, sagt er.

Manchmal liege es aber auch an den Frauen selbst, wenn sie nichts Passendes finden. Viele seien leider sehr festgelegt in ihren Vorstellungen: „Die Dame will dann kein Rot, kein Grün, kein Blau. Irgendein Pastellton soll es sein. Ich sage immer – woher wissen Sie das? Das muss man probieren, und am Ende kauft sie – ein rotes Kleid.“ Das findet Marco Marcu sehr amüsant.

Marco Marcu, Benkertstraße 17

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