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Landeshauptstadt: Palmen in der Nacht

Ein abendlicher Spaziergang durch die Potsdamer Orangerie

Ein abendlicher Spaziergang durch die Potsdamer Orangerie Wie verzaubert sah die Orangerie am vergangenen Freitagabend aus, als Licht aus den hohen Fenstern auf den umliegenden Schnee fiel und der Widerschein das schlossartige Gebäude in ein sanftes warmes Licht tauchte. Wäre nicht ein eisiger Wind um das mittlerweile 137 Jahre alte Überwinterungshaus für Pflanzen gefegt, hätte sich der Betrachter beim Anblick der italienischen Architektur und der hinter den Scheiben stehenden sattgrünen Palmen in südlicher Ferne wähnen können. Die mediterrane Illusion blieb jedoch auch im Inneren der Orangerie nur optischer Natur, da die Temperatur dort kaum zehn Grad erreichte. Die abendlichen Besucher waren jedoch warm eingepackt zu dem besonderen Rundgang durch die grün gesäumten Gänge erschienen. Im Laufe des Abends erfuhren sie von Orangerieleiter Hartmut Hiller, dass es sogar Palmen gibt, die bis zehn Grad unter Null gedeihen, allerdings nur, solange die Erde nicht friert. Seit mehr als vierzig Jahren arbeitet Hiller nun schon in der Orangerie und kennt jeden seiner 730 Pflanzenschützlinge genau. Doch auch für ihn war es das erste Mal, dass er zu später Stunde Auskunft über Pflege und Besonderheiten seiner blätterreichen Wintergäste gab. Und so begann er mit einer kleinen geschichtlichen Einführung: „Das Orangerieschloss wurde von Kaiser Friedrich Wilhelm IV. als Überwinterungshaus für exotische Gewächse und zugleich als Wintergarten gebaut. Der Regent lustwandelte hier oft im Winter, wenn die Parkalleen in Sanssouci kahl geworden waren.“ Kaum vorstellbar, aber tatsächlich sind die ältesten Pflanzen schon so alt, wie die Orangerie selbst. Das Publikum staunte. Die Normal-Palme wird bei guter Pflege im Schnitt aber nur zwölf Jahre alt, erzählte Hiller. Zur guten Pflege gehöre die Qualität der Erde. In der Orangerie komme deshalb nicht die übliche Großhandelserde in die Kübel, sondern eine Spezialmischung, bestehend aus Kompost, Rasenerde, Lehm und Kies. Bei gedämpftem Licht spazierte die Besuchergruppe an duftenden Lorbeerbäumchen und wilden Olivensträuchern entlang sowie durch einen kleinen Hain von Bitterorangen, die wie kleine gelbe Zitronen aussahen. Einige der mächtigen Palmgewächse werden bis zu sieben Meter hoch, darunter auch die Zwergpalme, die über sich im wahrsten Sinne des Wortes hinauswächst. Etwa 3000 Kilogramm schwer, so viel wie drei kleinere Pkw zusammen wiegen, kann solch ein grüner Riese auf die Waage bringen, klärte der Experte seine Zuhörer auf, die recht beeindruckt um die stabilen Eichenholzkübel von 1,60 Meter Durchmesser standen. „Zum Umtopfen brauchen wir da auf jeden Fall einen Flaschenzug“, erläuterte Hiller eine Seilkonstruktion im hohen Saal. Besonders stolz und ausladend ragte die Dattelpalme zwischen den mächtigen Säulen hervor. Ihre Wurzeln dringen in der Wüste bis zu 30 Meter in das Erdreich ein. In der Orangerie warfen die Palmwedel lange Schatten an die Terrakotta farbene Wand und an die weiße, stuckverzierten Decke. Hartmut Hiller wusste auch hier eine kleine Anekdote zu erzählen: „Arabische Frauen sollten nach altem Brauch für jeden Tag des Monats ein anderes Gericht aus den Dattelfrüchten kochen können“. Als der langjährige Leiter der Orangerie an den Lorbeerbäumchen auf der Empore entlang ging, erinnerte er sich an den Beginn seiner Tätigkeit. „Als ich hier anfing, das war 1963, waren die Stämme etwa daumendick. Und heute sind sie kaum dicker als ein Kinderärmchen.“ Ein ganzes Arbeitsleben – für uns Menschen eine lange Zeit. An einigen Pflanzen scheint sie fast spurlos vorüber gegangen zu sein. Weitere geführte Rundgänge in der Orangerie bei Nacht sind geplant. Informationen unter Tel.: (0331) 96 94 309

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