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Blühende Landschaft - oder Industrieland? Ministerpräsident Platzeck warf einen Blick in die Zukunft.

© dpa

ORTSTERMIN: Brandenburg wird nie langweilig

Wie wollen die Brandenburger in Zukunft leben? Jan Kixmüller hörte Matthias Platzeck an der Universität Potsdam zu. Der beschäftigte sich mit der Zukunft der Brandenburger - allerdings einer weit entfernten. Auch dann soll die Mark Industrieland sein - die Frage wird wohl aber weniger sein, wie es sich - sondern wer 2030 im Land lebt.

Auf dem Plakat schaut ein Junge über einen Holzzaun, dahinter gelbe Rapsfelder, blühende Landschaften. Wie wir 2030 in Brandenburg leben wollen, so die Frage, die sich die SPD seit einiger Zeit stellt. Dazu hatte die Juso-Hochschulgruppe Brandenburgs Regierungschef und SPD- Vorsitzenden Matthias Platzeck an die Universität Potsdam an den Griebnitzsee eingeladen. Nicht etwa in den modernen Hörsaal im Neubau, sondern in den alten, holzgetäfelten Saal im ehemaligen DRK-Gebäude. Draußen ist Frühling, drinnen ist es noch nicht mal halb gefüllt. Einige Dozenten schleichen durch die Reihen, Parteigänger, neugierige Zaungäste, Gewerkschaftler und politisch engagierte Studierende sind da.

Platzeck kommt zwölf Minuten zu spät, das gehört dazu. Er weiß, was ihn an einer Hochschule erwartet. Den ersten Zwischenapplaus erhält Uni-Präsident Oliver Günther – bekannt für seine Kritik an der Unterfinanzierung der Hochschulen. Beim Thema Zukunft geht es natürlich erst einmal um die Finanzen. Die würden nicht mehr, sondern weniger, dazu noch 20 Milliarden Euro Schulden, rund 600 Millionen Euro Zinsen pro Jahr. Das Tischtuch sei an allen Enden zu kurz, aber alle ziehen daran. Wo man kürzen könne? Natürlich nicht bei der Bildung. Doch mittlerweile fresse sich jeder Winter tiefer in die märkischen Straßen. Und weniger Polizei wolle die Öffentlichkeit auch nicht haben.

Immerhin: Platzeck verspricht, dass für Hochschulen und Wissenschaft bei den nächsten Koalitionsverhandlungen mehr herausgeholt werde. Ganz so, als sei er bereits erneut gewählt. Platzeck gibt sich hemdsärmlig, ohne Sakko redet er sich warm, es folgt ein Rundumschlag. Kein großer Wurf, keine aufrüttelnde Vision, eher eine Bestandsaufnahme, pragmatische Schritte, einen Fuß vor den anderen. Wie sagt Platzeck doch so gerne: Märker sind Realisten. Er wohl auch. Energiewende? Wir müssten Industrieland bleiben, das habe Deutschland aus der Krise gerettet. Doch die Industrie brauche günstige Energie. Brandenburg sei zwar führend bei erneuerbaren Energien. Aber ohne die nötige Speicher- und Netzwerktechnik werde der Strom trotzdem teurer. Das Wort Braunkohle fiel erst gar nicht. Musste es auch nicht.

Dann der „demografische Wandel“. Die Frage wird wohl eher sein, wer hier in Zukunft leben will, nicht wie man leben will. In 15 Jahren wird erwartet, dass die Hälfte der Landesbevölkerung im Speckgürtel um Berlin lebt, der Rest kann sich auf 85 Prozent der Landesfläche verteilen. Was nach viel Platz klingt, bedeutet einen enormen Aufwand, die Infrastruktur aufrechtzuerhalten. Doch manchmal kommt die Lösung von ganz unerwarteter Seite. Zum Beispiel in der Uckermark, wo die aufstrebende polnische Stadt Szeczin, ehemals Stettin, ihren Speckgürtel auf die deutsche Seite ausdehnt. In verlassene Dörfer zieht neues Leben ein. Bei so vielen Herausforderungen könne Brandenburg doch gar nicht langweilig werden, sagte Vize-SPD-Chefin Klara Geywitz. Dann war man wieder in den Frühling entlassen. Die Sonne schien zwar noch. Doch irgendwie war der Wind kälter geworden.

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