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Obst, Gemüse und Fleisch im Überfluss: Potsdamer im Kampf gegen das Wegwerfen von Lebensmitteln

Tonnenweise Essen wird in Potsdam jährlich weggeworfen. Aber es gibt einige Initiativen, die dieser Verschwendung Einhalt gebieten wollen.

Drewitz – Die Potsdamer werfen jährlich etwa 14.000 Tonnen Lebensmittel in die Tonne. Gut die Hälfte davon könnte man noch essen. Diese Zahlen leiten sich aus dem Ergebnis einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) ab, die in Deutschland 82 Kilogramm Lebensmittelmüll pro Kopf errechnet hat. Wie man diesem Problem begegnen kann, das versucht Ribana Bergmann in dem zweiten Vortrag ihrer Reihe „Stadt.Land.Überfluss“ im Begegnungszentrum Oskar in Drewitz zu erörtern. Dafür hatte sie am Donnerstagabend Maria Conze, Sprecherin der Tafel Potsdam, Anne Wolff von Foodsharing Potsdam und Hanna Legleitner von „Restlos glücklich“ aus Berlin zu einer Diskussionsrunde geladen.

„Eines der Probleme ist, dass wir Obst, Gemüse und Fleisch im Überfluss haben und sie nicht richtig wertschätzen“, sagt Bergmann, die in Potsdam Geoökologie und in Kassel Ökologische Landwirtschaft studiert hat. Die Vortragsreihe hat die 30-Jährige im Rahmen der „Wendeschleife“, einem Nachbarschaftstreff für Klimaschutz, organisiert. Der Treff besteht seit 2017 und wird zwei Jahre lang durch die Klimaschutzinitiative des Bundesumweltministeriumsgefördert.

Der Verschwendung entgegentreten

In Deutschland werden jährlich 18 Millionen Tonnen essbare Lebensmittel weggeworfen. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie des WWF im Frühjahr 2018. 60 Prozent der Lebensmittel werden laut Studie entsorgt, bevor sie beim Kunden landen. „Karotten mit mehreren Auswüchsen, krumme Gurken oder mehrknollige Kartoffeln landen in der Tonne“, sagt Bergmann. Gleichzeitig biete das Supermarktangebot einen Überfluss an Produkten. Was nicht mehr frisch aussehe, werde nicht mehr gekauft und deshalb oft schon frühzeitig aussortiert. Auch Lebensmittel mit leichten Verpackungsschäden würden weggeworfen. Die restlichen 40 Prozent der Lebensmittel werden in den Haushalten entsorgt. „Wer mit Hunger einkauft, hat am Ende meistens zu viel in der Tasche“, kommentiert die Ökologin. Der Verschwendung wollen Projekte wie Foodsharing und Restlos glücklich entgegentreten.

Die Initiative Foodsharing hat deutschlandweit mehrere Tausend Mitglieder. In Potsdam seien die Foodsharer vor allem im Westen der Stadt vertreten. „Die meisten sind Studenten“, sagt Anne Wolff, die sich bereits seit fünf Jahren engagiert. Foodsharing stellt Kühlschränke und Regale zur Verfügung, in die Supermärkte noch genießbare „Wegwerfprodukte“ stellen können. Zwei der Kühlschränke stehen unter dem Motto „Fairteiler“ an der Humboldtbrücke, einer in der Zeppelinstraße. Wer sich auf der Internetplattform anmeldet (foodsharing.de) kann auch einsehen, in welchen Läden man sich bei Ladenschluss noch Essen abholen kann. „Aber auch zwischen Nachbarn wird fleißig getauscht. Wer zu viel hat, kann das einstellen, und wer zu wenig hat, holt es sich dann ab“, erklärt die 35-Jährige das Konzept. Auch würden sich immer mehr Restaurants an Initiativen gegen Verschwendung beteiligen. In Potsdam etwa über die App „Too good to go“.

Gute Qualität trotz Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums

Der Verein Restlos glücklich ist in Berlin sogar noch einen Schritt weitergegangen. Was Bio-Supermärkte abends aussortieren, wird an speziellen Dinner-Abenden im Restaurant Restlos glücklich in der Donaustraße in Berlin serviert. „Manchmal ist das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen. Aber die Produkte haben eine gute Qualität“, sagt Hanna Legleitner und betont, dass sich die Mindesthaltbarkeit nur auf die Zeit bezieht, in der die Frische des Produkts garantiert wird. Was nicht heiße, dass es ab diesem Datum ungenießbar sei. „Das Problem ist ja gerade, dass einwandfreie Lebensmittel weggeworfen werden. Oft haben sie nur ein oder zwei Macken, was vielen Menschen aber oft schon den Appetit verdirbt.“ Die 33-Jährige engagiert sich mit ihren Vereinskollegen deshalb auch an Schulen und in Kindertagesstätten. Dabei werde dann gekocht. „Wir geben auch Tipps zum Erkennen guter und schlechter Lebensmittel und hoffen, dass die Kinder dieses Wissen nach Hause tragen.“ Der Verein wolle sich künftig auch in Potsdam und der Mittelmark engagieren, sagt Legleitner. Im kommenden Jahr wolle man sich an Schulen vorstellen. Auch sei bereits ein Mitmachstand auf dem Umweltfestival am 22. September im Volkspark geplant.

Lebensmittel im Müll sind besonders schmerzlich, wenn es gesellschaftliche Gruppen gibt, die sich den  Einkauf im Supermarkt nicht leisten können. „Das ist absurd“, kritisiert eine ehrenamtliche Helferin der Potsdamer Tafel die Verschwendung. Es lasse sie oft ratlos zurück, wenn in den Regalen der Tafel „mal wieder nicht genug“ für die Bedürftigen zur Verfügung stehe. Die Tafel könne aber meist nur bei Supermärkten Ware holen, die eine gewisse Menge garantieren können. „Wir können leider keine kleinen Mengen abholen. Das rechnet sich nicht“, erklärt Maria Conze, Sprecherin der Tafel.

Der dritte und letzte Termin der Reihe „Stadt.Land.Überfluss“ im Oskar in der Oskar-Meßter-Straße 4 beschäftigt sich am 14. März ab 18 Uhr mit dem Thema „Unsere Stadt ist essbar!“ Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung nicht erforderlich.

Naima Wolfsperger

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