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Oberlinklinik: Keimarm im OP

Es wirkt wie ein Raumschiff, ist es aber nicht: Die Potsdamer Oberlinklinik filtert in zwei neuen Operationssälen Bakterien aus der Luft - mit einem speziellen System aus Schweden. Warum das Patienten hilft.

Von Valerie Barsig

Potsdam - Ein bisschen ist es, als stehe man auf der Kommandobrücke eines Raumschiffes. Ein paar bewegliche Oberlichter, viele Knöpfe und mehrere graue runde Gebilde an der Decke des Zimmers. Die befinden sich allerdings nicht in einem neuen Raumschiff-Enterprise-Modell, sondern an der Decke der zwei neuen Operationssäle der Oberlinklinik, die am gestrigen Dienstag eröffnet worden sind.

Bei der Präsentation drehte es sich hauptsächlich um die grauen Gebilde an der Decke, die ein wenig an Lautsprecher eines Soundsystems erinnern. Sie sind die Luftfilter des sogenannten Opragon 8-Systems aus Schweden.

Deutschlandweit schaut man jetzt auf die Oberlinklinik

Die Oberlinklinik ist deutschlandweit die erste, die das System für 3,5 Millionen Euro eingebaut hat, für 4,5 Millionen Euro sollen auch die drei alten Operationssäle bis Ende nächsten Jahres aufgerüstet werden, sagte Robert Krause, Ärztlicher Direktor der Klinik, bei der feierlichen Eröffnung der Säle im neuen 7 Millionen Euro teuren Klinikgebäude, für das im März Richtfest gefeiert wurde. Einige deutsche Privatkliniken haben bereits Interesse für Opragon 8 angemeldet, derzeit warte man aber auf die Berichte aus Potsdam, erklärte Henrik Skredsvik, Entwicklungsmanager der Firma Avidicare, die Opragon 8 herstellt. Ganz anders sieht es im Nachbarland aus: In den Niederlanden gibt es bis Ende 2018 rund 60 OP-Säle, in denen das Filtersystem zum Einsatz kommt - 22 sind derzeit schon in Betrieb. Die neuen OP-Säle seien "kleine Wunderwerke", sagte Andreas Koch, Kaufmännischer Vorstand der Oberlinklinik bei der Eröffnungsrede. Neben dem neuen Belüftungssystem ist in den neuen Räumen auch neueste Medizintechnik, beispielsweise zur dreidimensionalen Bildbetrachtung verbaut.

Was kann Opragon 8?

Opragon 8 soll dafür sorgen, dass in der Luft der OP-Säle weniger Bakterien herumschwirren und damit das Risiko einer Wundinfektion verringern. Normalerweise befinden sich hunderte Bakterien in einem Kubikmeter Luft, mit Opragon 8 sind es in der Nähe des Patienten null bis fünf, erklärte Skredsvik. In der Luft, die nicht über dem OP-Tisch wirbelt, werden es bis zu zehn Bakterien pro Kubikmeter Luft sein.

Damit das funktioniert, macht sich die Firma einfache Physik zu nutze: Warme Luft strömt nach oben, kalte sinkt ab. Opragon 8 sorgt mittels der grauen Filter dafür, dass die Luft über dem Patienten konstant eineinhalb Grad unter der – ebenfalls einstellbaren – Raumtemperatur liegt. Dadurch strömt die Luft um den Patienten herum nach unten und wie in einem Sog werden so auch Bakterien auf den Boden gezogen – die Luft bleibt rein. Zwar ist nur ein Bruchteil der Patienten von einer Wundinfektion betroffen, aber das Ziel sei laut Krause, „an jedem noch so kleinen Rädchen zu drehen“. Prinzipiell sei eine Wundinfektion mit Antibiotika auch gut behandelbar, sagte auch Skredsvik, „aber man will weg von Antibiotika“ – denn Resistenzen nehmen immer mehr zu.

Letzte Suche nach Keimen

Bevor das System ab Oktober in der Oberlinklinik in den Probebetrieb geht, wird von Skredsvik gemeinsam mit Kollegen noch überprüft, ob alles funktioniert. Im November soll in den neuen Sälen operiert werden - dann erfolgt ein weiterer Check: Während einer Operation wird die Bakterienkonzentration in der Luft gemessen - um sicherzustellen, dass Patienten künftig keimfrei operiert werden können.

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