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Oberbürgermeisterwahl in Potsdam: „Warum ist sonntags zu?“

Die PNN fragen Potsdamer vor der Oberbürgermeisterwahl, was sie vom neuen Stadtoberhaupt erwarten. Marion Klitsche führt ein Hotel im Holländischen Viertel. Die Stadt, meint sie, müsste mehr für den Tourismus tun. 

Von Peer Straube

Potsdam - Auf das erste Problem stößt Marion Klitsche jeden Morgen. Oder Mittag. Oder Abend. „Es ist egal, wann ich zur Arbeit fahre, man steht immer im Stau“, sagt die 60-Jährige. Die Inhaberin des Hotels „Zum Hofmaler“ im Holländischen Viertel wohnt in Geltow, ihr Anfahrtsweg führt demzufolge über die Zeppelinstraße. Seit die Stadt diese Verkehrsader vor einem Jahr eingeengt hat, um die Luft in der Straße zu verbessern, dauert Klitsches Arbeitsweg täglich 40 Minuten länger. Obwohl sie sich bereits ein Fahrrad gekauft und die Autofahrten auf ein Minimum reduziert hat, geht es nicht ohne. Sie müsse Besorgungen machen und Einkäufe erledigen, sagt Klitsche. Manches gehe eben nur mit dem Auto.

Elf Jahre ist es her, dass Klitsche ihr Hotel in der Gutenbergstraße eröffnet hat. „Zum Hofmaler“ – der Name bezieht sich auf Friedrich Wilhelm Bock, einen Hofmaler Friedrichs II., der einst in dem Haus lebte – sei von der ersten Minute an gut gelaufen, erzählt die Inhaberin. 18 Zimmer hat das Hotel zu bieten, verteilt auf einen historischen Altbau im Vorderhaus und einen Neubau im Hof, außerdem fünf Apartments auf einem Grundstück in der Nähe. Zu 75 Prozent, sagt Klitsche, sei ihre Herberge ausgelastet. Zum Vergleich: 2016 lag die durchschnittliche Bettenauslastung in Potsdam bei 54,8 Prozent.

Wie alle Hotels profitiert auch Klitsche von der steigenden Beliebtheit der Stadt als Touristenziel, aber das allein macht den Erfolg nicht aus. „Wir haben einen großen Anteil an Geschäftskunden“, erzählt Klitsche. Diese Stammkundschaft sorgt dafür, dass die Belegung auch in den Wintermonaten gut ist. „Wir haben uns einen guten Ruf erworben“, sagt die 60-Jährige. Der soll möglichst gehalten werden. Das größte Problem ist für die Hotelchefin daher der Fachkräftemangel.

Sieben Angestellte hat Klitsche, zwei davon in Teilzeit. Das, sagt sie, reiche gerade so aus, um das Programm abzudecken. Fehle jemand, etwa wegen Krankheit oder Urlaub, müsse sie selbst einspringen. Sie mache alle Arbeiten, die anfallen, gern. Klitsche sagt aber auch, mit dem Alter ließen eben die Kräfte nach.

Nachwuchsprobleme in der Tourismusbranche

Hinzu kommt das Nachwuchsproblem: In der ersten Zeit nach der Eröffnung 2007 konnte sie pro Jahr zwei Lehrlinge als Hotelfachangestellte ausbilden. Bereits 2013 sei es schwieriger geworden, noch jemanden zu finden, der diesen Beruf noch erlernen wolle. Der letzte Azubi ist jetzt fertig geworden, neue Lehrlinge bildet Klitsche nicht mehr aus.

Hat Klitsche eine Stelle zu vergeben, annonciert sie nur in der Umgebung. Sie brauche nur Leute, die bereits in der Nähe wohnten, sagt sie. Denn das Wohnungsproblem mache es zunehmend schwerer, Fachkräfte von außerhalb zu bekommen, weil die in Potsdam dann keine bezahlbare Bleibe fänden.

An die Bettensteuer, die die Stadt zur Finanzierung von Schul- und Kitaneubauten eingeführt hat, hat sich die Hotelchefin inzwischen gewöhnt. Weniger Gäste seien deswegen nicht gekommen, sagt sie. Dennoch ärgert sie sich über den enormen Mehraufwand, den vor allem kleine, inhabergeführte Hotels dadurch mit der Buchführung haben.

Trotzdem ist Klitsche im Großen und Ganzen zufrieden – was im streitlustigen Potsdam an sich schon erstaunlich genug ist. Ein Verkehrsproblem vor der Haustür gebe es praktisch nicht, weil die Gutenbergstraße ohnehin nur wenig befahren sei. Das Parkplatzproblem gehöre seit der Eröffnung des Parkhauses in der Hebbelstraße vor einigen Jahren der Vergangenheit an. Diese Möglichkeit werde von ihren Gästen rege genutzt.

Für mehr Toleranz gegenüber Besuchern

Trotzdem wünscht sie sich von der Stadt mitunter etwas mehr Toleranz gegenüber Besuchern. Es ärgert sie, wenn das Ordnungsamt Knöllchen an Gäste verteilt, die nur schnell ihre Koffer ausladen wollen. Und zwei Euro für eine Stunde parken in der Innenstadt seien zu viel, findet Klitsche. Das schrecke viele ab.

Und noch etwas fällt der 60-Jährigen ein. Die Stadt, meint sie, müsse den Tourismus noch attraktiver machen. Sie selbst führe ein Sieben-Tage-die-Woche-Geschäft. Warum, fragt Klitsche sich, sei es dann nicht möglich, dass auch die Geschäfte im Holländischen Viertel sonntags geöffnet haben? Viele Händler würden das gern tun. „Gucken Sie sich doch um in Europa“, sagt sie. „In anderen Ländern geht das doch auch.“

Folge 1. Der nächste Teil der Serie „Potsdam-Realitätscheck“ zur Oberbürgermeisterwahl erscheint am Montag, dem 27. August, in den Potsdamer Neuesten Nachrichten

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