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Tritt bei der OB-Wahl an: Janny Armbruster.

© Sebastian Gabsch

Oberbürgermeisterwahl: Grüne treten mit Janny Armbruster an

Für den Oberbürgermeister-Wahlkampf in Potsdam treten die Grünen voraussichtlich mit einer Frau an. Am Freitagvormittag erklärte die Stadtfraktionschefin Janny Armbruster in einem fünfseitigen Bewerbungsschreiben an die Grünen-Mitglieder ihre Kandidatur.

Von Valerie Barsig

Potsdam - Weitere Bewerber sind bisher nicht bekannt. Bei einer Mitgliederversammlung im Dezember sollen die mehr als 200 Grünen-Mitglieder über ihre Kandidatin nach einer Anhörung in geheimer Wahl abstimmen. Armbruster, 1963 in Ost-Berlin geboren, arbeitet als Referentin für Alumni und Fundraising an der Universität Potsdam und sitzt seit 2014 in der siebenköpfigen Grünen-Fraktion im Stadtparlament, seit Februar führt sie diese zusammen mit Peter Schüler.

Mit ihren Erfahrungen – auch an der größten Hochschule Brandenburgs – habe sei eine „solide Grundlage für eine Kandidatur als Oberbürgermeisterin geschaffen“, so Armbruster. In dieser Funktion wolle sie sich dafür einsetzen, “unsere Stadt zu jenem lebens- und liebenswerten Ort weiterzuentwickeln, den wir uns gemeinsam vorstellen: geprägt vom friedvollen, toleranten und sozial gerechten Miteinander von Menschen unterschiedlicher Herkunft, die sich in unserer Stadt beheimaten.“ Vieles, was in den vergangenen Jahren mit mutigem Gestaltungswillen angegangen worden sei, etwa die Wiedergewinnung der Stadtmitte oder der systematische Aufbau eines Radwegenetzes, seien maßgebliche Initiativen bündnisgrüner Stadtpolitik, wirbt sie weiter. Zugleich wirbt sie aber auch für eine „stadtpolitische Kehrtwende: für ein Wachstum, das qualitativ gestaltet und nicht nur (quantitativ) verwaltet wird.“

Erschwingliche Wohnformen

Stadträume müssten für vielfältige und erschwingliche Wohnformen, für hochwertige und umweltschonende Arbeitsplätze, für Schule, Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen oder für soziale und kulturelle Einrichtungen miteinander integriert entwickelt werden. „Ganzheitliche Stadtentwicklung schont zugleich Ressourcen und vermindert Verkehrsaufkommen.“ Sie setze sich auch dafür ein, dass die Wissenspotenziale aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen stärker kommunal und gesellschaftlich genutzt werden.

Zur „erfolgreichen Wiedergewinnung der Mitte“ schreibt Armbruster, hier seien die grundlegenden Entscheidungen getroffen. Und weiter: „In Zukunft wird auf die Entwicklung der Stadtteile zu lebendigen Quartieren derselbe Fokus zu legen sein, den bislang die Stadtmitte beansprucht hat.“ An anderer Stelle heißt es, sie stehe für eine Stadtentwicklung, „in der die vorhandene reichhaltige Baukultur und das Weltkulturerbe in Potsdam gewürdigt und geachtet werden“. Zum Konflikt zwischen historischer Architektur und sogenannter DDR-Architektur heißt es, dieser dürfe nicht in einen ideologisch-dogmatischen Glaubenskrieg münden, sondern solle eine „gelebte Auseinandersetzung“ ermöglichen, „aus der auch Neues entsteht“.

Staudenhof soll als Zeuge der DDR-Architektur erkennbar bleiben

Zum Wohnblock Staudenhof, den wichtige Grünen-Stadtverordnete wie Saskia Hüneke bisher mehrheitlich für verzichtbar hielten, schreibt Armbruster nun: Dieser sollte als Bau der Ost-Moderne am Alten Markt so ertüchtigt werden, dass der als Zeuge der DDR–Architektur erkennbar bleibt. Sie wolle weiter  helfen, den Potsdamern Stadtteilen die notwendige Geltung zu verschaffen und dort ein funktionierendes Miteinander zu ermöglichen: „Eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, Einkaufsmöglichkeiten vor Ort, Nachbarschaftstreffs, Kultur- und Freizeitangebote, nicht zuletzt Arbeitsmöglichkeiten in den Stadtteilen selbst sollen dazu führen, dass die Menschen sich in ihre Stadtteilen zu Hause fühlen und kurze Wege ermöglichen.“

Krampnitz soll klimaneutraler Stadtteil werden

Sie werde sich auch gegen eine weitere Zersiedelung in den Stadtteilen durch reine Wohngebiete wenden. Darüber hinaus werde sie sich konsequent dafür einsetzen, dass das auf dem früheren Kasernenareal Krampnitz geplante Wohngebiet ein klimaneutraler Stadtteil wird. „Das bedeutet, dass der gesamte Wärme- und Stromverbrauch des Viertels, sowie der Betrieb von bestehenden Bus- und potenziellen Tramlinien ohne fossile Brennstoffe ermöglicht werden soll.“ Als Oberbürgermeisterin wolle sie es den Potsdamern einfach machen, umweltfreundlich mobil zu sein.

„Dazu werde ich mich weiter dafür einsetzen, das Radwegenetz und den öffentlichen Personennahverkehr auszubauen, insbesondere im Norden und in den einzelnen Ortsteilen Potsdams.“ Vordringlich sei es, die Zusammenarbeit mit den Nachbargemeinden und Landkreisen zu verbessern – „mit dem Ziel, möglichst rasch echte Umsteigeanreize für Pendler zu schaffen“. Auch an der Einführung eines Bürgertickets für ticketlosen Nahverkehr solle mit Hochdruck gearbeitet werden; in einem Zwischenschritt sollten vorab ein Schülerticket und ein Jobticket für die Rathausangestellten eingeführt werden.

Mehr Tempo 30-Zonen

„Für Fußgänger möchte ich die Straßen attraktiver und sicherer gestalten: mit dem Abbau von Barrieren, mit weiteren Tempo-30-Zonen und der Sicherung der Schulwege.“ Einige weitere Punkte ihrer Bewerbung: Die Möglichkeiten für die Beteiligung der Potsdamer sollten ausgebaut werden, etwa der Bürgerhaushalt ein festes Budget erhalten – und zwar zehn Prozent der freien städtischen Investitionsmittel. Sie werde sich auch dafür einsetzen, dass „die Strom- und Wärmeversorgung in Potsdam bis 2050 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien erfolgt“. Für eine aktivere Wirtschaftspolitik bedürfe es dringend weiterer Gewerbeflächen: „Insbesondere setze ich auf eine Wirtschaftspolitik, die die Ausgründungsaktivitäten für wissens- und technologiebasierte Start-ups als eine Grundlage für die weitere wirtschaftliche Entwicklung Potsdams aktiv gestaltet.“ Zudem erklärte sie: „Um soziale Gerechtigkeit zu sichern und Gentrifizierung zu vermeiden, brauchen wir in Potsdam mehr städtische und genossenschaftliche Wohnungen und mehr sozial geförderten Wohnraum.“

Für die OB-Kandidatur plant die Linke die Potsdamer Gleichstellungsbeauftragte Martina Trauth am 13. Januar zu nominieren. Bei den Sozialdemokraten muss sich die Basis im Januar 2018 zwischen Sozialdezernent Mike Schubert, Kämmerer Burkhard Exner und Ex-Tiefbauamtschef Frank Steffens entscheiden. Weitere Kandidaturen sind bisher nicht bekannt. Die OB-Wahl findet im kommenden Herbst statt. Die 2010 von den Grünen aufgestellte Landtagsabgeordnete Marie-Luise von Halem hatte damals mit 6,4 Prozent den vierten Platz erreicht - hinter den Kandidaten der CDU, der Linken
und der SPD.

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