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Vortrag an der Uni Potsdam: Zschäpe-Verteidiger geben Einblick in den NSU-Prozess

Die Verteidiger der Rechtsextremistin Beate Zschäpe waren zu Gast an der Universität Potsdam und schilderten ihre Sicht auf den NSU-Prozess.

Potsdam - Sogar auf dem Fußboden saßen die Studenten – weil der Platz nicht reichte. Als zwei der bekanntesten Strafverteidiger Deutschlands, die Anwälte der Rechtsextremistin Beate Zschäpe im NSU-Prozess, am Freitagnachmittag an der Universität Potsdam zu Gast waren, wollten sich das viele nicht entgehen lassen. Rund 400 Zuhörer, die meisten von ihnen Studenten, waren in die juristische Fakultät gekommen, um den Ausführungen von Anja Sturm und Wolfgang Heer zu dem Münchener Mammutprozess zuzuhören. Auch Hardy Langer, einer der zahlreichen Nebenklagevertreter im NSU-Prozess, schilderte am Uni-Standort Griebnitzsee seine Sicht auf das gigantische Gerichtsverfahren.

Und, natürlich, blieben alle drei Anwälte auch in Potsdam ihren Rollen aus dem Münchener Prozess treu: Auf der einen Seite Wolfgang Heer und Anja Sturm, die gleichsam mit wirklich fein geschliffener Klinge vor allem die Arbeit der Polizei und des psychiatrischen Sachverständigen im Verfahren gegen Zschäpe kritisierten. Besonders Heer, der bei aller Ernsthaftigkeit immer etwas jungenhaft wirkte, ging mit den Ermittlungsbehörden hart ins Gericht. Detailliert führte der Strafverteidiger aus, wie einzelne Ermittler quasi hinterrücks auf eine eher kumpelhafte Art versucht hätten, mit Zschäpe Kontakt aufzunehmen, um sie in einer unbedachten Situation zum Reden zu bringen – und dies, obwohl ihre Verteidiger mehrfach deutlich gemacht hatten, dass sich Zschäpe zum damaligen Zeitpunkt nicht äußern werde.

Den Gegenpart zu den Zschäpe-Verteidigern übernahm Hardy Langer: Ohne Umschweife wies er der Verteidigung im Münchener Prozess die Rolle des Destruktiven zu, während er der Nebenklage konstruktive Mitarbeit im Gerichtsverfahren bescheinigte. Wenn man aber sah, wie sich vor Beginn der Veranstaltung am Freitag Zschäpe-Verteidigerin Sturm mit Opferanwalt Langer minutenlang unterhielt – Sturm dabei bisweilen quicklebendig gestikulierend, fast immer ein energisches Lächeln im Gesicht – war schnell klar: Hier bekämpft sich niemand, von Verachtung keine Spur. Es lief vielmehr auf ein intellektuelles Gefecht zwischen den Juristen hinaus – mit beinahe schon kabarettistischen Zügen.

Auch trotz der Schwere des Themas: So ging es im NSU-Prozess um zehn Morde, 43 Mordversuche, zwei Sprengstoffanschläge sowie 15 Raubüberfälle. Alle fünf Angeklagten wurden erstinstanzlich verurteilt und haben dagegen Revision eingelegt.

Es wurde dennoch im völlig überfüllten Hörsaal gelacht. Und zwar als Nebenklagevertreter Langer sich zu der Aussage verstieg: „Sicher hat die Verteidigung auch nachvollziehbare Beweisanträge gestellt.“ Und um zu zeigen, dass sie nicht immer sinnvoll waren, schob er ein Beispiel nach. So habe die Verteidigung des im NSU–Prozess Mitangeklagten Ralf Wohlleben den Antrag gestellt, den Krankenpfleger von Kriegsverbrecher Rudolf Heß zu vernehmen. Er sollte bekunden, dass die Nazi-Größe im Kriegsverbrechergefängnis in Spandau umgebracht worden sei. Da das mit den in München angeklagten Taten nichts zu tun hatte, habe das Gericht diesen Beweisantrag zurückgewiesen.

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