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Aktion zur Verkehrswende in der Eisenhartstraße in Potsdam.

© privat

Noch fehlen Unterschriften: "Endspurt" der Volksinitiative für eine Verkehrswende in Brandenburg

Mit kreativen Aktionen werben die Initiatoren und ihre Unterstützer um Unterschriften. Doch die Zeit könnte knapp werden.

Potsdam - Für kurze Zeit tauchten am Samstagnachmittag in der Potsdamer Innenstadt Radwege auf, wo sonst keine sind. Mit Kreide malten Kinder Linien und Fahrradsymbole auf die Fahrbahnen. Dann fuhren sie mit Rädern über diese Wege, flankiert von Erwachsenen. Mit der Aktion wollte die Volksinitiative “Verkehrswende Brandenburg Jetzt” auf ihre Forderungen aufmerksam machen und für ein Brandenburger Mobilitätsgesetz werben. 

Die Volksinitiative für eine umweltfreundliche und soziale Verkehrswende war im August 2019 in Potsdam gestartet worden. “Wir befinden uns im Endspurt”, sagt Mitinitiator Florian Kirchesch. Bis zum 12. November möchte er mindestens 20.000 gültige Unterschriften zusammenkommen, dann muss sich der Landtag mit dem Thema befassen. Die Frist habe eigentlich ein Jahr betragen, sei aber wegen der Coronapandemie um einige Wochen verlängert worden. Bislang hätten etwa 18.000 Menschen unterschrieben, sagt Kirchesch.

Auf dem Land bleibt oft nur das Auto 

In Berlin gibt es seit 2018 ein Mobilitätsgesetz, das den klimaverträglichen Ausbau des Verkehrsnetzes regelt. Die Metropole bietet allerdings auch heute schon zahlreiche Möglichkeiten, von A nach B kommen, von S-Bahnen im Minutentakt über Uber bis zu Sharing-Angeboten. Ganz anders sieht es im Flächenland Brandenburg aus, vor allem abseits der großen Verkehrswege. Wenn der Bus nur ein paar Mal am Tag fährt und der Bahnhof weit entfernt ist, dann bleibt in der Regel nur das eigene Auto als Fortbewegungsmittel. 

Die Volksinitiative fordert die Landespolitik auf, ein Mobilitätsgesetz zu erlassen, das klimaverträgliche Fortbewegungsmittel fördern und den Verkehr in Brandenburg bis 2050 klimaneutral gestalten soll. Beteiligt sind neben dem ökologischen Verkehrsclub VCD Brandenburg die Landesverbände des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), des Bundes für Umweltschutz und Naturschutz (BUND) und dessen Jugendorganisation sowie die Brandenburgische Studierendenvertretung und der Verein Argus Potsdam. 

Weniger als eine Stunde per Zug nach Berlin 

Wenn es nach den Initiatoren geht, soll der Schienenverkehr in der Mark deutlich ausgebaut werden. Zu Spitzenzeiten soll die Kapazität auf stark genutzten Linien verdoppelt werden. Aus zentralen Städten wie Cottbus oder Frankfurt/Oder soll die Berliner Mitte mit dem Zug in weniger als einer Stunde erreichbar sein. Momentan benötigt zum Beispiel ein Regionalexpress von Cottbus zum Berliner Hauptbahnhof laut Fahrplan eine Stunde und 23 Minuten. Doch auch der Zugverkehr aus den Mittelzentren der Region soll ausgebaut werden. 

Außerdem fordert die Initiative, dass stillgelegte Bahnstrecken wieder ausgebaut und das nächtliche Fahrplanangebot insgesamt erweitert werden soll. Wo keine Zugverbindung möglich ist, sollen Busse fahren, deren Linien und Fahrpläne möglichst effektiv an das Schienennetz angebunden sein sollen. Der öffentliche Nahverkehr soll so ausgebaut werden, dass alle Gemeinden Brandenburgs mindestens im Stundentakt erreichbar sind. 

Es sollen mehr Züge fahren - und sie sollen schneller ans Ziel kommen.
Es sollen mehr Züge fahren - und sie sollen schneller ans Ziel kommen.

© Ottmar Winter

Der Ausbau des Radverkehrs ist ein weiterer Schwerpunkt. Das Land soll die Kommunen finanziell und organisatorisch dabei unterstützen, “das Fahrrad als Alltagsverkehrsmittel zu stärken und deutlich auszubauen”, heißt es im Aufruf. Bis zum Jahr 2035 soll es an jeder größeren Straße innerorts breite Radwege geben und zwischen den Orten Radschnellverbindungen. Auch der Fußverkehr soll gefördert werden, sodass zum Beispiel Bahnhöfe grundsätzlich barrierefrei erreichbar sein sollen. Einige dieser Ziele haben die Landesregierungen von Berlin und Brandenburg bereits in einer gemeinsamen Leitlinie formuliert, doch die Forderungen der Volksinitiative gehen deutlich weiter.

Anwohner unterstützten Aktion in Potsdam mehrheitlich

Ob eine Verkehrswende am Ende gelingen kann, liegt aber nicht nur an der großen Politik. Auch im Kleinen gibt es viele Herausforderungen.  Das zeigte auch die Aktion am Samstag, die nacheinander in der Eisenhartstraße, der Kurfürstenstraße und auf dem Teilstück der Brandenburger Straße zwischen Friedrich-Ebert-Straße und Bassinplatz stattfand. Die Potsdamer Stadtverwaltung hatte jeweils Parkverbotsschilder aufgestellt.  

Fast alle Anwohner hätten sich daran gehalten, sagt Kirchesch. Doch in der Kurfürstenstraße hätten mehrere Autos gestanden. “Es wäre schön gewesen, wenn das Ordnungsamt dagegen vorgegangen wäre”, sagt er. Die Aktivisten hatten diese Straße gewählt, weil es dort im September zu einem schweren Unfall gekommen war. Ein parkender Autofahrer hatte seine Tür geöffnet und ein Radfahrer war dagegen gefahren. Der 51-jährige Radler musste im Krankenhaus behandelt werden. 

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