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Landeshauptstadt: Nicht „schönrestauriert“

21. Mai erster Spatenstich für die Gedenkstätte ehemaliges KGB-Gefängnis

Nauener Vorstadt - In diesem Jahr bleibt das ehemalige KGB-Gefängnis in der Leistikowstraße 1 Besuchern verschlossen. Der Grund ist erfreulich: Mit dem ersten Spatenstich beginnen am 21. Mai die Bauarbeiten, die diesen Ort des Schreckens als Gedenk- und Begegnungsstätte erlebbar machen werden. Am 3. Juli wird der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber, den Grundstein für das 1,9-Millionen-Vorhaben legen. Der Rohbau soll bis zum Spätherbst bewältigt werden, die Eröffnung ist für Mai 2008 vorgesehen. Wie Peter Leinemann, Geschäftsführer des Evangelisch-Kirchlichen Hilfsvereins, dem Eigentümer des Gebäudes, den PNN sagte, wird in den nächsten Monaten an der Großen Weinmeisterstraße ein schlichtes Empfangs- und Durchgangsgebäude entstehen. In den Neubau werden ein Foyer als „Schnittstelle zwischen Alltag und Gedenken“, ein Aufenthaltsraum für die Besucher, ein Seminarraum, die Bibliothek und Büros für das Personal eingeordnet. Die Sanitärräume befinden sich im Kellergeschoss. Über den Hof, auf dem die Relikte der KGB-Zeit erhalten bleiben, erreicht der Besucher das ehemalige Pfarrhaus, in dem ab 1946 etwa 1000 deutsche, aber auch sowjetische Häftlinge eingekerkert, gequält und gefoltert wurden, ehe das Militärtribunal aus meist nichtigen Gründen gegen sie die Todesstrafe verhängte oder sie zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilte.

Der Altbau wird nicht „schönrestauriert“, sondern bewahrt seine Authentizität als einziges in Deutschland original erhaltenes KGB-Gefängnis. Notwendig sind ein neues Dach und das Auswechseln verschlissener Bauteile.

„Den Charakter des Ortes zu erhalten, aber dennoch zeitgemäße Bedingungen für die Besucher zu schaffen, ist ein schwieriger Spagat“, erklärt Peter Leinemann. „Strengste Auflagen der Baubehörde, der Denkmalpflege und der Feuerwehr sind zu erfüllen.“ So dürfen die im Kellergeschoss notwendigen Sicherungsmaßnahmen den Charakter der hier untergebrachten Zellen und die von den Häftlingen hinterlassenen Inschriften nicht beeinträchtigen. Die Heizung, die das Haus trocken und warm hält, wird innerhalb des Mauerwerks geführt. Die Arbeiten bauen auf einen Entwurf des Münchner Architekturbüros Wolfgang Brune auf, das aus dem 2006 veranstalteten Architekturwettbewerb als Sieger hervorgegangen war. Mit dem Landesamt für Liegenschaften und Bauen übernimmt ein kompetenter Partner die Bauleitung.

Vorbereitet wird zurzeit die neue Dauerausstellung. Dafür wurde ein Konzept in Auftrag gegeben. „Der Ort soll nicht allein Schaudern und Betroffenheit auslösen, sondern zur Gewissensbildung vor allem junger Menschen beitragen“, erklärt Peter Leinemann. „Brutale Gewalt, wie sie den KGB-Häftlingen zugefügt wurde, ist noch längst nicht von der Erde verschwunden.“ Für Vorträge, Seminare, Filmvorführungen zu diesem Thema biete der mit modernster Technik ausgestattete pädagogische Vorbereitungsraum im Neubau beste Bedingungen. Fortgeführt werde ebenso die Forschung, denn noch längst seien nicht alle Einzelheiten über das Gefängnis und die Häftlingsschicksale bekannt. Bereits die Erdarbeiten könnten neue Erkenntnisse bringen. „Wir rechnen nicht mit dem Fund menschlicher Überreste, können dies aber nicht ausschließen und sind darauf vorbereitet“, äußert Leinemann.

Die Gedenk- und Begegnungsstätte wird bisher vom Förderverein des Hauses und der Menschenrechtsorganisation „Memorial Deutschland“ betreut. Sie konnten das verfallende, nicht heizbare Gebäude nur in der Saison an den Wochenenden zugänglich machen. Künftig wird täglich geöffnet sein, wobei jeweils zwei Gruppen zu je 25 Personen beziehungsweise eine Gruppe und zehn Einzelbesucher gleichzeitig durch das Haus geführt werden können. Dies bedeutet auch, dass die Stätte eine „Grundstruktur an hauptamtlichen Kräften“ braucht. Man werde jedoch auf den Erfahrungen der ehrenamtlich tätigen Vereine aufbauen und mit ihnen eng zusammenwirken, unterstrich Peter Leinemann. Dies treffe auch auf deren bisherige Forschungen und die Einbeziehung ehemaliger Häftlinge als Zeitzeugen zu.

Erhart Hohenstein

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