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"Nicht genehmigungsfähig": Gericht erklärt Kita-Bauernhof für illegal

Die Stadt Potsdam sieht sich bestätigt, dass Anlage in Groß Glienicke ein Schwarzbau ist. Der Inhaber droht mit Klage.

Potsdam - Für den vom Abriss bedrohten Kinderbauernhof am Eichengrund in Groß Glienicke wird die Lage zunehmend ernster. Die Bauverwaltung veröffentlichte am Dienstag in einer Mitteilung für die Stadtverordneten eine aktuelle Einschätzung des Potsdamer Verwaltungsgerichts, wonach es sich bei der gesamten Anlage um einen Schwarzbau handelt, der nach Ansicht der Stadt auch „nicht genehmigungsfähig“ ist.

Demnach habe das Gericht in einem aktuellen Protokoll zu einem Vor-Ort-Termin am 8. Juni erklärt, „dass im Ansatz alles dafür spricht, dass hier eine formell illegale bauliche Nutzung der Gebäude bzw. der Freiflächen stattfindet und auch die Herstellung der baulichen Anlagen formell illegal erfolgte“. Der Anlage dürfte aus Sicht des Gerichts auch kein Bestandsschutz zukommen. Eine abschließende Entscheidung sei aber noch nicht gefallen, hieß es.

Wie berichtet hatte die Stadt gegen den von der Schließung bedrohten Inhaber des Hofs sogenannte Nutzungsuntersagungen und auch Abrissverfügungen erlassen. Zugleich ging das Rathaus auch gegen den örtlichen Elternkitaträger Spatzennest vor, der die rund ein Hektar großen Anlage für seine erlebnispädagogische Arbeit mit mehr als 200 Kindern nutzt. Weiterhin befinden sich auf dem Areal eine Autowerkstatt nebst Lager, eine Wohnung, aber auch Pferdeboxen und eine Reithalle, wie die Stadt bereits im April auf Anfrage der Freien Wähler mitgeteilt hatte. Für die Kita gibt es demnach Unterstände und Gehege für Kleintiere.

Suche nach einer Lösung

Genau für diesen Teil der Anlage führe man Gespräche, um doch noch eine Lösung zu finden, heißt es in der Verwaltungsvorlage. Auf PNN-Nachfrage sagte Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos) am Dienstag, man stehe auch in Kontakt mit einem Bauern aus dem Potsdamer Norden, der sich vorstellen könnte, die Kita-Nutzung bei sich anzusiedeln. Zudem hatte die Bauverwaltung als weitere Alternative angeboten, dass der Kita-Bauernhof auch neben eine Motocrossstrecke in der Nähe ziehen könnte – dort könne man nämlich Planungsrecht schaffen, wie es in der aktuellen Vorlage heißt.

Für den jetzigen Kita-Bauernhof wird das ausgeschlossen. Dieser stelle laut Rathaus auch keine privilegierte landwirtschaftliche Nutzung dar, die weniger Genehmigungen benötigt. Zudem stehe das Areal den dort geltenden Natur- und Landschaftsschutzregeln entgegen. Daher seien auch die Angebote des Kinderbauernhofs vor Ort „nicht genehmigungsfähig“, heißt es in der Vorlage der Stadt.

Der politische Wille im Stadtparlament ist aber ein anderer. Im April hatten die Stadtverordneten einen Kompromiss beschlossen, wonach die Bauverwaltung prüfen solle, „in welchem Umfang die bisher nicht genehmigten und genehmigungsfähigen Nutzungen der Angebote des Kinderbauernhofs Groß Glienicke in Übereinstimmung mit den Schutzzielen des Landschaftsschutzgebietes am aktuellen Standort genehmigungsfähig wären“. Auch der zuständige Ortsvorsteher Winfried Sträter vom Groß Glienicker Forum sagte den PNN am Dienstag, die große Mehrheit des Ortsbeirats wolle, „dass die Institution und die Baulichkeiten erhalten bleiben“. Dabei sei man sich zwar bewusst, dass der Eigentümer die notwendigen schriftlichen Genehmigungen hätte einholen müssen. Daher solle die Lösung, die von der Stadtverwaltung „für dieses knifflige Problem“ erarbeitet werden soll, auch verhindern, dass der Inhaber „privatwirtschaftlich von einer Legalisierung profitiert“. Allerdings ist eine Lösung offenbar aber nicht möglich, wie aus der Vorlage deutlich wird – eben weil unrechtmäßig gebaut worden sei, wie Rubelt erklärte.

Rathaus sieht sich im Recht

Die Stadt sieht sich demnach vom Gericht auch in ihrer grundsätzlichen Argumentation gestärkt. So hatte der frühere Chef der Landesbauaufsicht, Gerd Gröger, in einem Gutachten für den Hofinhaber der Bauverwaltung ein viel zu hartes Vorgehen vorgeworfen. Es gebe Ermessensspielräume, die ab 2008 errichtete Anlage doch für legal zu erklären, zumal das Bauamt damals vor Ort war und auch andere städtische Behörden das Projekt kannten, so Gröger. Die Vorwürfe hatte die Stadt wie berichtet zurückgewiesen.
Um die Anlage zu legalisieren, hatte der Inhaber auch dieses Jahr bei der Stadt einen Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheides „zur bauplanungs- und naturschutzrechtlichen Zulässigkeit“ der Nutzung gestellt.

Dieser Antrag war aber aus Sicht der Stadt unzulässig, weil das Vorhaben schon verwirklicht sei. Dagegen hatte Gröger im Auftrag des Inhabers Widerspruch eingelegt. Dazu habe die Stadt bisher nicht reagiert, sagte Gröger den PNN auf Nachfrage: „Nach der bisherigen absoluten Blockadehaltung der Verantwortlichen vermute ich, dass die Angelegenheit ohne Bearbeitung irgendwo abgelegt wurde – das läuft dann auf eine Untätigkeitsklage hinaus.“ Der Inhaber habe mit „viel Geld, Arbeitskraft und persönlichem Einsatz aus einem vermüllten und kontaminierten LPG-Gelände eine schöne, niemanden störende und für soziale Zwecke genutzte Anlage gemacht“.

Vor dem Abschluss der Ermittlungen

Verkompliziert wird die Angelegenheit, weil parallel die Staatsanwaltschaft Neuruppin gegen den Hofinhaber und einen suspendierten leitenden Mitarbeiter der Bauaufsicht wegen möglicher Korruption ermittelt. Der Verdacht besteht, dass der ungenehmigte Zustand des Areals gegen Vergünstigungen geduldet wurde, was die Beschuldigten allerdings von sich weisen. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Neuruppin sagte am Dienstag auf Anfrage, man stehe kurz vor dem Abschluss der Ermittlungen. Ob dann Anklage erhoben oder das Verfahren eingestellt wird, ließ er offen.

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